WM 2018 und Bundesliga Löw: Bundesliga muss umdenken - Sogar Manager schalten weg

Berlin · In der Debatte um Qualität und Attraktivität der Bundesliga rät Weltmeistercoach Joachim Löw zum Umdenken. Agieren statt Reagieren - nur so könne der deutsche Fußball seine Position verteidigen. Sogar Liga-Manager schalten bei vielen Spielen derzeit weg.

 Bundestrainer Joachim Löw sorgt sich um das Niveau in der Bundesliga.

Bundestrainer Joachim Löw sorgt sich um das Niveau in der Bundesliga.

Foto:  Federico Gambarini

Joachim Löw startet gegen Spanien und Brasilien zuversichtlich das Feintuning für die Mission WM-Titelverteidigung, doch der Bundesliga-Alltag bringt den Bundestrainer ins Grübeln.

Auch für die Nationalmannschaft sieht Löw mittel- und langfristig Gefahren, die mit dem derzeit dürftigen Niveau der heimischen Eliteliga zusammenhängen. "Ein Kernproblem ist schon, dass man in der Bundesliga immer gegen den Ball arbeiten will. Aber die Frage ist, was passiert, wenn ich den Ball habe? Das ist das Allerwichtigste", erklärte Löw zum heiß diskutierten Thema.

Auf die Dauer wird Deutschland so seine Position im internationalen Fußball nicht halten können - so nicht nur Löws Befürchtung. Aus seinem 26-köpfigen Kader, den der 58-Jährige für die WM-Tests am Freitag in Düsseldorf gegen Spanien und vier Tage später in Berlin gegen Rekordweltmeister Brasilien berufen hat, verdienen schon jetzt zehn Profis ihr Geld in England, Spanien, Italien und Frankreich. Natürlich gebe es in der Premier League finanziell andere Möglichkeiten, "aber das ist nicht nur eine Frage des Geldes", sagte Ex-Nationalspieler Matthias Sammer zu den Problemen der Bundesliga.

Auch einige Führungskräfte der Liga sind inzwischen besorgt, wie sich das Premiumprodukt nach 27 Runden in der aktuellen Spielzeit präsentiert. Ein Branchenführer FC Bayern, der praktisch in einer eigenen Klasse spielt, nur selten Attraktivität, viele Zufallsaktionen - "alle müssen sich hinterfragen, was kann man besser machen", betonte Löw bei Eurosport. Vor allem die auf Defensive ausgerichtete Spielweise vieler Teams würde kontraproduktiv wirken.

"Ich sehe die Spiele ja nicht bloß als Manager, sondern auch als Konsument. Da schalte ich inzwischen bei vielen Spielen weg", bemerkte Kölns Sport-Geschäftsführer Armin Veh in der "Bild am Sonntag" und ergänzte: "Ich warne einfach nur davor, dass wir uns in der Bundesliga zu wohlfühlen. Wir haben ein tolles Produkt, müssen aber aufpassen, dass wir damit nicht einschlafen." Auch Löw fürchtet, dass die Liga im Vergleich mit anderen Ländern zurückfallen könnte.

"Ich führe viele Gespräche und analysiere auch die Spiele. In der Bundesliga ist immer wieder zu hören und zu spüren, dass man gegen den Ball arbeiten und verteidigen will", sagte der Weltmeister-Coach. Vierer- und Fünferkette würden im Mittelpunkt stehen, "wie verteidige ich. Die anderen Nationen haben alle aufgeholt. Das können sie auch, das ist die Grundlage, die man können muss", betonte Löw und sieht darin einen Hauptgrund für das schwache Abschneiden deutscher Clubs im Europapokal ausgenommen der FC Bayern und RB Leipzig. "Dann gibt es Ergebnisse, die wir so nicht erwarten", sagte der Bundestrainer.

"Der nächste Schritt muss sein, Lösungen zu finden, wenn man den Ball hat, wie ist die Raumaufteilung, wie die Spielauslösung", forderte Löw: "Dann kann ich agieren, dann kann ich eine Mannschaft auch mal ausspielen, die defensiv steht." Wenn es diese Lösungen nicht gebe und beide Mannschaften leben vom Verschieben und Verteidigen, "dann gibt es Spiele, die durch einen Zufall entschieden werden. Wenn wir uns verbessern wollen in Deutschland und wieder einen Schritte nach vorne machen wollen, dann müssen wir dieses Thema aufgreifen."

Für Sammer ist das Nationalteam ein "Vorbild" auch für die Liga. "Die Nationalmannschaft ist in den vergangenen Jahren immer stärker geworden und ist immer mehr auf Gegner getroffen, die auch extrem defensiv organisiert waren", bemerkte der Europameister von 1996. Seit seinem Amtsbeginn 2006 hat Löw schon einige Trends gesetzt. "Nur man hat Lösungen gefunden durch taktische Varianten, durch Positionsbesetzungen, dass man selbst agieren kann. In der Bundesliga wird derzeit wenig mit dem Ball getan", sagte Sammer. Löw sieht auch international die Teams dominant, die offensive Lösungen finden.

Leverkusens Sportchef Rudi Völler warnte allerdings davor, das Bild der Bundesliga zu düster zu zeichnen. "Wir sollten unsere Liga nicht zu schlechtreden. Was machen wir denn, wenn in zwei Monaten Bayern Champions-League-Sieger ist und Leipzig hat die Europa League gewonnen? Dann haben wir ja trotzdem nicht die beste Liga in ganz Europa", sagte der ehemalige DFB-Teamchef.

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