Kommentar zu Hannover 96 In die Suite verirrt

Meinung · Mit Hannover 96 hat sich eine Mannschaft in der Spitzengruppe der Fußball-Bundesliga eingenistet, die dort wohl nur wenige erwartet hatten. Unser Autor meint: Trainer und Sportdirektor haben ohne großes Getöse ein Team zusammengestellt, das wenig versprach, aber viel leistet.

Es hat durchaus für Aufsehen gesorgt, dass Borussia Dortmund in Hannover verlor. Ein Champions-League-Teilnehmer. Bei einem Aufsteiger. Das ist ein Thema nach dem zehnten Bundesligaspieltag. Man könnte allerdings auch darüber sprechen, dass Hannover gegen Dortmund gewonnen hat.

Die 96er, die sich in der vergangenen Saison mehr in die Bundesliga würgten, als dass sie gestürmt wären, richten sich gerade dort ein, wo sie niemand verortet hätte. Nicht einmal sie selbst. Platz vier – das klingt, als hätte sich ein Rucksacktourist in die Juniorsuite verirrt. Nun warten viele nur darauf, dass die Hannoveraner dort wieder vor die Tür gesetzt werden.

Wahrscheinlich wird es irgendwann in dieser Saison so kommen. Vielleicht schon bald. Aber bis dahin darf die Entwicklung dieses Vereins, in dem oft nur Präsident Martin Kind die Schlagzeilen schrieb, ruhig ein bisschen bestaunt werden. Derzeit sind nämlich André Breitenreiter und Horst Heldt, die schon in Schalke zusammenarbeiteten, viel interessanter.

Trainer und Sportdirektor haben nach dem Aufstieg ohne großes Getöse ein Team zusammengestellt, das wenig versprach, aber viel leistet. Gegen Dortmund spielten mit Korb, Schwegler, Ostrzolek, Bebou und Jonathas immerhin fünf Neuzugänge. Und auf die Idee, einen 28-jährigen brasilianischen Wandervogel für neun Millionen Euro aus Kazan zu holen, muss man erst mal kommen. Bislang rechtfertigt Jonathas diese Investition. Zudem stellt Breitenreiters taktische Kreativität viele Gegner vor Probleme.

Dass der geerdete Fußballlehrer nach jedem Sieg immer noch von „Punkten für den Klassenerhalt“ spricht, mag langweilen, geschieht jedoch aus gutem Grund. Mit Paderborn war er 2014 nach wenigen Spieltagen sogar Tabellenführer – und stieg am Ende trotzdem ab. Den Umzug vom Hilton ins Ibis hat Breitenreiter längst eingeplant.

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