Bundesliga Herrlich bei Bayer zurück im Rampenlicht

Leverkusen · Ein alter Bekannter soll Bayer Leverkusen wieder ins internationale Geschäft führen. Dass der frühere Torjäger nicht die erste Wahl beim Werksclub ist, macht dem 45 Jahre alten früheren Nationalstürmer nichts aus.

 Überraschungslösung: Heiko Herrlich, eingerahmt von Bayer-04-Geschäftsführer Michael Schade (links) und Sportchef Rudi Völler.

Überraschungslösung: Heiko Herrlich, eingerahmt von Bayer-04-Geschäftsführer Michael Schade (links) und Sportchef Rudi Völler.

Foto: dpa

Rudi Völler redete nicht um die Tatsache herum, dass der neue Cheftrainer der Leverkusener Bundesligaprofis nicht die erste Wahl ist, aber Heiko Herrlich fühlte sich keineswegs herabgesetzt. „Ich hatte in den Gesprächen das Gefühl, dass man mich unbedingt haben wollte. Es ist ja nicht falsch, wenn sich ein Verein zuerst um andere Trainer mit großen Namen kümmert. Ich habe das volle Vertrauen gespürt“, erklärte Herrlich bei seiner Vorstellung am Freitag in der Bayarena. Kurzfristig, mit kaum drei Stunden Vorlauf, war seine Medien-Präsentation anberaumt worden. Der Zeitpunkt war eine Überraschung, aber ebenso die Tatsache, dass Bayer 04 Leverkusen den 45 Jahre alten Ex-Nationalstürmer aus dem Hut zog. Herrlich tritt am 1. Juli die Nachfolge von Tayfun Korkut und Roger Schmidt an und erhielt einen Arbeitsvertrag bis zum 30. Juni 2019.

Thomas Tuchel, der in Dortmund vor die Tür gesetzte Fußballlehrer, und der nun zum BVB gewechselte Peter Bosz waren zuvor als mögliche Bayer-Cheftrainer gehandelt worden. Aber auch die Namen von David Wagner von Premier-League-Aufsteiger Huddersfield, vom Ex-Mainzer-Coach Martin Schmidt sowie von Aues Domenico Tedesco, der nun bei Schalke landen wird, wurden mit Bayer in Verbindung gebracht.

„Wir hatten zwei Trainer, bei denen unser Interesse sehr groß war, aber das haben wir nicht hinbekommen. Das gibt es im Profifußball“, sagte Völler. „Und es gab einige Trainer, die zu uns wollten. Doch in der letzten Woche hat sich das mit Heiko Herrlich gefestigt“, sagte der Sportdirektor.

Herrlich, der seine erste Trainerstation in der Bundesliga in Bochum im April 2010 kurz vor dem Saisonende, an dem der VfL abstieg, vorzeitig beenden musste, war durch seine jüngsten Erfolge ins Blickfeld gerückt. Mit Jahn Regensburg vollzog er in eineinhalb Jahren den Durchmarsch von der vierten in die zweite Liga, zuletzt mit dem Relegationssieg gegen 1860 München. Herrlichs Art, wie er die Regensburger spielen ließ, beeindruckte Völler: „Er favorisiert eine attraktive, aggressive und aktive Art des Fußballs und damit einen Spielstil, der unseren Vorstellungen sehr nahe kommt.“

Werks-Club soll international spielen

Der Auftrag an den neuen Mann, der auch beim DFB als Juniorencoach tätig war, wurde klar formuliert. „Ohne Heiko Herrlich Druck zu machen, ist es ja selbstverständlich, dass wir wieder international spielen wollen“, sagte Völler. Herrlich soll also den Werksclub vom zuletzt enttäuschenden zwölften Platz wieder ins obere Tabellendrittel führen. Er nahm den Auftrag an: „Nach oben sind keine Grenzen gesetzt.“

Und es gab noch eine zweite Forderung von Völler, verbunden mit einer Kritik an Schmidt und Korkut. In der abgelaufenen Saison wäre das Hauptmanko nicht die vielen verschossenen Elfmeter gewesen, sondern die Tatsache, dass zu viele Spieler zu oft ihr Leistungspotenzial nicht ausgeschöpft hätten. Herrlich habe ihm klarmachen können, wie er es sich vorstellt, die Spieler wieder besser zu machen. „Er hat sehr gute Ideen“, sagte Völler. Ein Grund für Herrlichs Verpflichtung dürfte auch gewesen sein, dass der neue Trainer die spezielle Spielphilosophie von Schmidt gutheißt und offenbar bereit ist, sie optimiert fortzusetzen.

Nun ist Herrlich also zum zweiten Mal bei Bayer, denn dort begann er 1989 als A-Jugendspieler seine Profikarriere. „Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen“, sagte er. „Damals bin ich als 17-Jähriger aus dem Schwarzwald hierhergekommen. Es ist schön, in den Büros Mitarbeiter zu treffen, die damals schon da waren wie den Zeugwart, der jetzt 82 Jahre alt ist.“

Emotionale Aspekte sind für Herrlich wichtig. Er kennt die Höhen und Tiefen des Lebens. Er wurde als Spieler 1993 mit Bayer 04 und 1995 mit Gladbach DFB-Pokalsieger, er gewann mit Dortmund zwei Meisterschaften, die Champions League und den Weltpokal. Aber seine Karriere schien zu Ende, als er im Jahr 2000 eine niederschmetternde Krebs-Diagnose erhielt: Hirntumor. Er überwand die lebensbedrohliche Krankheit und gab beim BVB sein Comeback. Die Aufgabe, die Leverkusener sportlich wieder erfolgreicher zu machen, wird er wahrscheinlich als weniger kompliziert einschätzen.

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