Bayer Leverkusen Aus der Hölle in den Himmel

Leverkusen · Eine Woche der Erleichterung endet für Bayer Leverkusen mit einem 3:2-Sieg gegen Darmstadt 98. Nach der Länderspielpause warten auf das Team zwei schwere Aufgaben.

 Kaum zu halten: Youngster Julian Brandt (l.) war bester Spieler in Bayers Talentschuppen.

Kaum zu halten: Youngster Julian Brandt (l.) war bester Spieler in Bayers Talentschuppen.

Foto: dpa

Das Unbegreifliche einer Situation ergibt sich oft aus ihrer Unwahrscheinlichkeit. Als Bayer 04 Leverkusen vergangene Saison in eine sportliche Krise schlitterte, in deren Verlauf Trainer Roger Schmidt im Spiel gegen Dortmund entgleiste, setzte die Werkself zu einer Siegesserie an, die in der Champions League mündete. Die Frage nach dem Warum fand zwar Antworten, eine plausible Erklärung gelang nicht.

Nun schickt sich Bayer an, dieses unglaubliche Szenario zu wiederholen. Nach dem 0:3 gegen Hoffenheim, dem Pokalaus in Lotte und der erneuten Sperre gegen Schmidt lag die Leverkusener Welt wieder in Scherben. Die Mannschaft aber antwortete mit drei Siegen, rettete ihrem Trainer den Job und befindet sich auf europäischer und nationaler Ebene zurück in der Spur ihrer Ambitionen.

"Wir haben nach dem 1:0 gegen Tottenham darüber gewitzelt, dass wir uns in so kurzer Zeit aus der Hölle in den Himmel gespielt haben", berichtete Julian Baumgartlinger. Der Österreicher in Diensten von Bayer erzählte dies auch vor dem Hintergrund der Schnelllebigkeit des Fußball-Geschäfts und weil sein Team gerade einen 3:2 (1:0)-Heimsieg gegen Darmstadt 98 eingefahren hatte, der die Woche der Erleichterung krönte: "Heute hätte es auch wieder zurück in die Hölle gehen können."

Auf die Frage, wie es zu dieser erneuten Achterbahnfahrt kommen konnte, fand der Neuzugang dann eine erfrischend einfache Antwort: "Die Erwartungen von innerhalb und außerhalb sind hier sehr hoch. Wir wissen, was wir können, aber wir haben es nicht realisiert, es finalisiert. Diese Woche war elementar wichtig. Mehr noch für den Kopf als für das Punktekonto. Jetzt haben wir es uns bewiesen." Eine wichtige Rolle hat dabei auch Roger Schmidt gespielt - und zwar indem er sich zurücknahm. "Der Trainer war besonnen und hat sich auf das Wesentliche beschränkt. Es war wichtig, dass er ruhig geblieben ist", berichtete Julian Baumgartlinger.

Mutiger Schmidt

Schmidt gab seiner Elf nach dem 1:0 in Wembley trainingsfrei und versammelte sie erst am Samstag wieder um sich. Eine Maßnahme, die gegen die unbequemen Darmstädter Wirkung zeigte. Auch, weil Schmidt dem Ausfall des Tottenham-Siegtorschützen Kevin Kampl (Knöchelprellung) mutig begegnete, Kai Havertz zu seinem Bundesliga-Startelfdebüt und eine Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von 22,8 Jahren auf das Feld schickte. Der 17-Jährige spielte auf der rechten Seite vor dem 19-jährigen, gerade zum ersten Mal für die Nationalelf nominierten Benjamin Henrichs und zeigte sehr gute Ansätze. "Das war mal eine gute junge rechte Seite", freute sich Henrichs.

Für den am Ende zu knappen Sieg gegen biedere Lilien zeichneten aber andere Bayer-Akteure verantwortlich. Hakan Calhanoglu etwa, der beim 1:0 (32.) zeigte, dass seine Kunstschuss-Qualitäten nicht verschüttet sind. Noch mehr Julian Brandt, der wochenlang ausgebrannt wirkte, sich am Samstag aber spiel- und lauffreudig präsentierte und nach Darmstadts Ausgleich durch Antonio Colak (47.) mit seinem ersten Saisontor (56.) Bayer zurück in die Erfolgsspur führte. Oder der für Havertz zunächst auf die Bank verbannte Charles Aranguiz, der beim 3:1 (69.) sein Können demonstrierte.

Wer die Leverkusener Situation weiter kritisch betrachten möchte, kann das 2:3 von Mario Vrancic (85.) ebenso anführen, wie den Fakt, dass die drei Siege gegen schwer kriselnde Wolfsburger, ein seit Anfang Oktober siegloses Tottenham und Abstiegskandidat Darmstadt zustande kamen. "Wir müssen die positive Tendenz mitnehmen, konstant werden und weiter die Ergebnisse einfahren. Alles andere macht nur schlechte Stimmung", warnte auch Julian Baumgartlinger. Nach der Länderspielpause stehen Bayers Ambitionen gleich richtig auf dem Prüfstand. Zuerst kommt Leipzig in die Bayarena, dann geht es zu den Bayern nach München.

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