FC Bayern verpasst Champions-League-Finale Triple des Grauens

MÜNCHEN · Die Bayern scheitern mit Guardiola wieder im Halbfinale der Champions League. Das 2:1 gegen Atlético Madrid reicht nicht. Thomas Müller verschießt einen Elfmeter.

 Robert Lewandowski sinkt nach dem Schlusspfiff zu Boden.

Robert Lewandowski sinkt nach dem Schlusspfiff zu Boden.

Foto: Angelika Warmuth

Bei allem Zeter und Mordio nach dem für eingefleischte Fans ungerechten Knockout des dominanten FC Bayern gegen Atletico Madrid: Zu mitternächtlicher Stunde – noch bevor Münchens scheidender Trainer-Guru Pep Guardiola den wertlosen 2:1-Sieg im Duell mit der Defensiv- und Kontermaschine von Atlético-Coach Diego Simeone auch nur ansatzweise verdaut haben konnte, drängte sich der Vergleich mit seinem Vorgänger auf.

Drei Jahre ist es her, da hatte Jupp Heynckes im Pressekonferenzraum der Münchner Arena gesessen und ein glanzvolles 4:0 über den FC Barcelona im Halbfinale der Champions League kommentiert. Der Gewinn der deutschen Meisterschaft stand zu jenem Zeitpunkt fest, die Krönung in der europäischen Fußball-Königsklasse noch bevor, genauso wie der für das Triple erforderliche DFB-Pokalsieg. Heynckes, dessen nahender Abschied bereits ähnlich lange festgestanden hatte wie jetzt der von Pep Guardiola, wirkte demütig wie stets in seinen späten Trainerjahren.

Völlig anders die Szenerie gestern Abend: Pep Guardiola musste alle seine Kräfte sammeln, um nicht das ganze Ausmaß der Enttäuschung zu zeigen, die in ihm brodelt. Der 45 Jahre alte Spanier, 2013 bei seiner Ankunft in München wie ein Messias empfangen, kann nun endgültig nicht mehr das erreichen, was er sich vorgenommen hat. Denn das durfte nicht weniger als der mit Heynckes erzielte Dreifach-Triumph sein, der bei Guardiolas Verpflichtung noch in den Sternen stand. Vielleicht hätte er damals sonst gar nicht erst unterschrieben.

Das durch den Kontertreffer des französischen Nationalstürmers Antoine Griezmann (54.) besiegelte Bayern-Aus beschert dem vermeintlichen Wundertrainer vor seinem Wechsel zu Manchester City ein Triple des Grauens: zum dritten Mal sind dem deutschen Rekordmeister unter der Regie Guardiolas im Halbfinale die Grenzen aufgezeigt worden. Und dann auch noch jedes Mal von Clubs aus seinem Heimatland: 2014 von Real Madrid (0:1 und 0:4), 2015 vom FC Barcelona (0:3/3:2), und jetzt nach dem 0:1 aus dem Hinspiel auch von Atletico.

Großes Theater wurde den 70000 Zuschauern gestern Abend von Anfang an geboten – die Bayern-Anhänger ließen die Arena in Fröttmaning beben wie selten. Die Regisseure Guardiola und Simeone hampelten am Spielfeldrand, was das Zeug hielt – der Argentinier in Diensten der Spanier meist einen Schritt voraus, oft außerhalb der Coaching-Zone. Auf dem Feld entlud der FC Bayern ein fußballerisches Blitzgewitter, der vom Regen nasse Rasen beschleunigte das Spiel im Sinne der Gastgeber. Einzig die Luftfeuchtigkeit war mit 83 Prozent höher als Ballbesitz und Dominanz der Bayern, die Atletico in Halbzeit eins keine Atempause gönnten. Ob bei Abstößen, Eckbällen oder Freistößen – jede sich bietende Gelegenheit nutzten die Spanier konsequent zur Zeitschinderei. Fair ist anders.

Mehr noch als der Einsatz Thomas Müllers, den Guardiola in Madrid erst spät eingewechselt hatte, war die Rückkehr von Jerome Boateng in die Innenverteidigung der Schlüssel für die Steigerung des deutschen Rekordmeisters gegenüber dem 0:1 im Hinspiel. Boateng brachte Ruhe und Sicherheit in die Hintermannschaft. Zudem baute Guardiola auf den erfahrenen Xabi Alonso auf der Position vor der Abwehr, dadurch hatte Arturo Vidal mehr Freiheiten für die Offensive. Auf der rechten Seite sorgte Philipp Lahm für viel Druck, auf Linksaußen wirbelte Franck Ribéry in Höchstform. Der Bayern-Kreisel rotierte auf Rekordtouren. Das Zählbare war zwangsläufig: Ein abgefälschter Freistoß von Alonso (31.) zur Führung durch die Abwehrmauer. Und als Thomas Müller drei Minuten später am Elfmeterpunkt stand, schien das 2:0 klar, doch Madrids Schlussmann Jan Oblak parierte Müller Strafstoß und den Nachschuss Alonsos glänzend.

Bayern schien auf trügerische Weise auf der Siegesstraße. Denn mitunter reicht Atletico – wie schon im Hinspiel der Geniestreich von Saul Niguez – ein perfekter Konter, um ein Spiel zu entscheiden. So auch diesmal – und wer könnte das besser als Fernando Torres und Antoine Griezmann. In der 54. Minute war es so weit: Spaniens Ex-Weltmeister bedient Frankreichs Sturmhoffnung für die bevorstehende EM, sein Flachschuss ist für Manuel Neuer unhaltbar. 1:1 – ein Donnerschlag.

Die Bayern-Mannschaft taumelte, wehrte sich aber wütend wie ein angeschlagener Boxer. Und schöpften noch einmal Hoffnung, als Robert Lewandowski per Kopfball mit seinem neunten Champions-League-Saisontreffer die 2:1-Führung erzielte. Dann wurde der Schlagabtausch immer hektischer. Neuer hielt einen von Torres geschossenen, unberechtigten Elfmeter (83., Foul von Martinez außerhalb des Strafraums). Der finale Sturmlauf war gewaltig, aber glück- und ergebnislos.

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