Einfach "geil" Liebling Poldi verlässt seine Wohlfühloase filmreif

Dortmund · Das Tor des Monats war es bestimmt, vielleicht sogar schon das Tor des Jahres. Lukas Podolski zeigt gegen England ein letztes Mal das, was ihn 13 Jahre ausgezeichnet hat. Der "Gute-Laune-Bär" kostet den Abschied aus. "Geiles Stadion, geiles Spiel, geiler Gegner." Perfekt.

Der neue Tag hatte schon begonnen, als Lukas Podolski immer noch im verschwitzten Trikot unterhalb der Tribüne über sein Traumtor und den traumhaften Abschiedsabend plauderte.

Der Mannschaftsbus mit den nun ehemaligen Kollegen hatte das Dortmunder Stadion längst verlassen, aber den Fußball-Nationalspieler a.D. drängte es mit Frau und Kindern einfach nicht heim nach Köln.

Vollgepumpt mit Glückshormonen kostete Podolski den "schönen Abend" im Bad der Fans aus. "Man kann sich nichts Besseres wünschen", sagte er nach Mitternacht mit glänzenden Augen: "60 000 Zuschauer, ein geiles Stadion, ein geiles Spiel, ein geiler Gegner - und man gewinnt am Ende."

Und dafür sorgte der Hauptdarsteller - "wie im Film" - selbst. Sein 1:0 gegen England war die Pointe eines perfekten Drehbuchs für das 130. Länderspiel. "Ich kenne ja meinen linken Fuß. Ich weiß nicht, wer mir den gegeben hat, der liebe Gott vielleicht", sagte Podolski.

In seiner unnachahmlichen Art jagte er den Ball in der 69. Minute mit der linken Klebe rechts oben in den Winkel, unhaltbar für Englands Torwart Joe Hart. Ein Tor des Monats, "mein zwölftes", wie der bei der ARD-Wahl bislang elfmal ausgezeichnete Torjäger selbst meinte. Womöglich hat Deutschland aber am 22. März 2017 auch schon das Tor des Jahres gesehen.

Auf jeden Fall gehöre das Länderspieltor Nummer 49 "in die ganz enge Auswahl" seiner schönsten Treffer. "Es ist ein Drehbuch, das ich nicht besser hätte schreiben können", sagte Weltmeisterkollege Thomas Müller. Im Grunde Oscar-reif, auch wenn Müller anmerkte: "Mir als Regisseur wäre das nur zu kitschig, das glaubt dir ja keiner."

Im TV-Studio brachte Mehmet Scholl die Frage auf, was wäre, wenn Podolski auch noch einen starken rechten Fuß haben würde. "Dann müsste man eine Mannschaft finden für mich. Barcelona oder Real Madrid wären dann noch zu wenig", antwortete Podolski mit der ihm eigenen Schlagfertigkeit. An manchen Abenden gelingt fast alles.

Sein Abschiedsspiel war jedenfalls der perfekte Abspann unter 13 Jahre im geliebten Nationalteam. Als auf der nicht enden wollenden Ehrenrunde immer wieder der Song "Ich ben ne Kölsche Jung" aus den Lautsprechern dröhnte, ging es bei Podolski sogar noch mal "eine Emotionsstufe höher". Seine Liebe zu den Fans, zu Köln, zum Fußball und zur Nationalmannschaft würden niemals enden, sagte er.

"Die Nationalmannschaft war für mich immer eine Wohlfühloase", bemerkte Podolski: "Da passt einfach alles. Ich war jetzt aber auch lange dabei, da kann man den Abschied auch verschmerzen." Podolski wird vor allem als Typ dem DFB-Team fehlen, wie Abwehrspieler Mats Hummels erklärte: "Er ist ein Gute-Laune-Bär. Er hat sportlich seine Leistung gebracht und menschlich Leben in die Bude gebracht."

Das weiße Adler-Trikot mit der "10" und die schwarz-rot-goldene Kapitänsbinde seines Abschiedsspiels will er sich einrahmen lassen. In der Nacht zum Donnerstag musste aber nicht nur Podolski loslassen, sondern auch sein Duzfreund Joachim Löw. "Der Lukas hat mich immer geduzt, das war für mich vollkommen okay", sagte der Bundestrainer über dieses Privileg des Spielers, mit dem er seit 2004 beim Deutschen Fußball-Bund auf besondere Art zusammenarbeitete.

Löw wechselte seinen Lieblingsschüler erst wenige Minuten vor dem Schlusspfiff aus. Er umarmte Podolski innig am Spielfeldrand. "Wenn man sich etwas hätte wünschen können, dann das, was passiert ist. Besondere Spieler haben einen besonderen Abschied", sagte Löw.

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