Dieter Hecking Einfach Mensch: Der ungekrönte König von Wolfsburg

BERLIN · Auf Wunsch seines Sohnes trug Dieter Hecking nach dem Pokalsieg die "King"-Kappe. Naldo erlöste den Trainer mit einer Bierdusche.

Dieter Hecking nimmt sich nicht so wichtig. Und ist deshalb nicht gerade ein Typ, der sich selbst krönt. Als er den Pokal in den Berliner Nachthimmel stemmte, trug er jedoch eine Baseball-Kappe mit dem Aufdruck "King". Das wirkte wie Ironie. Sah irgendwie deplatziert aus. Doch er musste sie aufsetzen. Unbedingt.

"Ein Vater kann seinem Sohn so etwas nicht ausschlagen", erläuterte Hecking: "Meine beiden Söhne liefen heute damit herum. Der eine hat dann gesagt, wenn Du den Pokal holst, dann setzt Du bitte diese Mütze auf. Deswegen trage ich sie."

Nüchtern, zurückhaltend, tendenziell unterkühlt - so wird der in Castrop-Rauxel geborene 50-Jährige von vielen gesehen - eine Außenwirkung, die ihm selbst nicht unbedingt gefällt. Das ließ er am Pokalwochenende in Berlin häufiger durchblicken. So, wie Jürgen Klopp sich gerne eine Scheibe Gelassenheit bei Hecking abschneiden würde, so ließe sich der Wolfsburger Trainer gerne hier und da öfter mal gehen. Seine "Emotionen gelegentlich so ausleben wie Jürgen", das wünsche er sich, hatte Hecking vor dem Pokalfinale wissen lassen.

Gesagt, getan: Nach seinem ersten Titel als Trainer schnappte sich der "Leitwolf" den Pokal und nahm ihn mit aufs Hotelzimmer. Wie einst Wolfgang Schäfer, der Uerdinger Pokalheld nach dem Krefelder 2:1-Finaltriumph gegen Bayern München im Jahr 1985.

"Der Pott ging mir durch zu viele Hände. Da habe ich die Verantwortung übernommen", sagte Hecking gestern nach der Rückkehr in Wolfsburg. Die "King"-Kappe seiner Söhne hatte er in den Wirren der Nacht verloren. "Nach einer der vielen Bierduschen war sie plötzlich weg", berichtete er. Dieter Hecking, das Feierbiest.

Für sich persönlich hat er mit dem Pokalsieg ein wichtiges Etappenziel erreicht. "Ich wollte immer mit 50 Jahren einen Titel gewinnen. Das habe ich gerade noch geschafft", sagte Hecking. Im September wird er 51 Jahre alt.

Jahrelang wirkte der Pokalsieger-Coach in den unteren Gefilden der Fußball-Bundesliga, bis er 2013 auf das Angebot von Wolfsburgs Manager Klaus Allofs einging und zum VW-Club kam. "Kann gut sein, dass ich ihm damals gesagt habe, er soll zum VfL kommen, um auch mal den Pokal zu gewinnen", verriet Allofs in der Stunde des Triumphs.

Es gab wohl kaum jemanden, der dem gelernten Polizisten nicht den Sieg gewünscht hätte. Immer wieder ist aus dem Umfeld des Wolfsburger Trainers zu hören, dass er für seine menschliche Art geschätzt wird - im heutigen Profi-Fußball eher eine Seltenheit.

Dieter Hecking eilt der Ruf eines strebsamen, akribischen Arbeiters voraus. "Er hält uns immer am Boden, zeigt uns ständig Fehler auf, das hilft der Mannschaft", sagte Abwehrchef Naldo. Der Brasilianer dankte es ihm aber nicht, sondern gehörte nach dem Spiel zu den VfL-Profis, die den Trainer bei der Pressekonferenz mit einer gewaltigen Bierdusche überraschten. Naldo tat dem "Leitwolf" damit womöglich unbewusst einen großen Gefallen. Hecking musste die völlig durchnässte Kappe abnehmen.

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