Großer Luxuskader bleibt Bayern-Strategie

Porto · Auch in Porto bekam Pep Guardiola nicht einmal genug gesunde Fußball-Profis zusammen, um alle Plätze auf der Ersatzbank füllen zu können.

 Matthias Sammer setzt bei den Bayern auf einen großen Kader. Foto: Andreas Gebert

Matthias Sammer setzt bei den Bayern auf einen großen Kader. Foto: Andreas Gebert

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Um das Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Porto wenigstens mit einem Kader von 17 Spielern angehen zu können, hatte der Trainer des FC Bayern in der Not neben Manuel Neuer und Pepe Reina sogar noch den 20 Jahre alten Ivan Lucic aus der zweiten Mannschaft als dritten Torwart mit nach Portugal genommen.

Guardiola bezeichnete die Verletzungsmisere des deutschen Rekordmeisters ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase als "sehr kritisch". Die extrem lange und prominente Ausfallliste von David Alaba über Medhi Benatia, Javi Martínez, Franck Ribéry und Arjen Robben bis hin zu Weltmeister Bastian Schweinsteiger gefährdet die hohen Saisonziele der Münchner Triple-Jäger. Zugleich bestätigt sie aber auch die Verantwortlichen des Bundesliga-Krösus in ihrer Strategie, für sehr viel Geld einen exquisiten Kader zusammengestellt zu haben und diesen mit Millionen-Gagen zu unterhalten.

"Wir haben in den letzten zwei, drei Jahren den Kader sowohl in der Breite als auch in der Spitze vergrößert. Ich glaube, es gibt in der heutigen Zeit keine Alternative dazu, und das wird man auch in der Zukunft weiter so leben müssen", bemerkte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge während des Portugal-Trips zur Vereinspolitik.

Sportvorstand Matthias Sammer beantwortete die Frage, ob die Kadergröße auch künftig ähnlich wie derzeit sein werde oder eine Verkleinerung des Starensembles angestrebt werde, ebenfalls deutlich: "Das erste!" Ein Kader könne zwar zu groß sein, räumte Sammer ein, aber der gegenwärtige personelle Engpass beantworte alles.

Lieber mal ein paar unzufriedene Stars auf der Bank als personell blank, lautet vereinfacht die Bayern-Marschroute. "Wir haben es immer gehändelt, wenn etwas mehr Spieler da sind", sagte Sammer zur eher seltenen Qual der Wahl. Der komplette Kader stand in dieser Saison nie zur Verfügung. Für Trainer und Vorstand gibt es darum nur einen echten Alptraum. "Das Schlimmste, wenn sie in einer verantwortlichen Position stehen, ist Ohnmacht", schilderte Sammer eindringlich: "Ohnmacht ist das Allerschlimmste; wenn sie ein wichtiges Spiel vor der Brust haben, aber noch drei A-Jugendliche aufstellen müssen. Wie wollen Sie das auf dem Niveau bewerkstelligen? Das ist unmöglich."

Das verlorene "Finale dahoam" 2012 löste ein Umdenken im Verein aus. Damals konnte der FC Bayern im wichtigsten Spiel des Jahres gegen den FC Chelsea personell nicht nachlegen. David Alaba, Holger Badstuber und Luiz Gustavo waren gesperrt, dem damaligen Trainer Jupp Heynckes fehlten Alternativen. "Danach hat man eine Strategie entwickelt, die besagte, es ist besser, etwas mehr Spieler zur Verfügung zu haben", schilderte Sammer, der damals als Sportvorstand verpflichtet wurde.

Seitdem kann der Rekordmeister auf die gestiegene Belastung, Verletzungen, Formkrisen und Müdigkeit besser reagieren, auch taktisch bestehen mehr Möglichkeiten. "Teilweise haben wir Spieler, die schon über Jahre auf einem Toplevel spielen", bemerkte Sammer. Alonso (33), Ribéry (32), Lahm (31), Robben (31), Schweinsteiger (30) zählen zur wachsenden Ü30-Fraktion mit körperlichem Verschleiß.

Besonders in einer Saison nach einer Weltmeisterschaft waren die Verantwortlichen auf Probleme und mehr Verletzungen eingestellt. Guardiola möchte da stets gewappnet sein. Als Javi Martínez vor dem Bundesligastart im Supercup gegen Dortmund einen Totalschaden im Knie erlitt und sich dazu abzeichnete, dass Schweinsteiger und Thiago ebenfalls längere Zeit fehlen würden, forderte der Trainer Ersatz. Für über 30 Millionen Euro wurden auf die Schnelle Xabi Alonso von Real Madrid und Medhi Benatia vom AS Rom geholt. Selbst die Torhüterposition wurde zusätzlich abgesichert: Neben Tom Starke kam der Spanier Pepe Reina als weiterer Ersatzmann für Manuel Neuer. Groß und fein, so muss es beim FC Bayern sein. "Es gibt keine Alternative für uns", bemerkte Rummenigge zum Luxuskader.

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