Messi-Gala in Barcelona Berlin ist in weiter Ferne

BARCELONA · 0:3 (0:0) beim FC Barcelona - Bayern München braucht im Rückspiel des Champions-League-Halbfinales kein Wunder, aber beinahe schon eine Sensation. Die Münchner benötigen - ganz unprosaisch - einen Sieg mit mindestens vier Toren Unterschied, um das Endspiel in Berlin am 6. Juni zu erreichen.

 Neymar konnte Manuel Neuer gestern Abend lange nicht überwinden, bis die 94. Minute kam.

Neymar konnte Manuel Neuer gestern Abend lange nicht überwinden, bis die 94. Minute kam.

Foto: AP

Es gibt diese Abende, an denen ein ganzes Stadion pure Energie ausstrahlt. Die Stimmung ist dann beinahe fassbar und signalisiert dem Gegner: Hier kommt ihr nicht ungerupft raus. Vor dem 6:1 der Bayern gegen Porto war das so und gestern Abend in der riesigen Schüssel des Camp Nou auch.

Als die Münchner Aufstellung verlesen wurde, gab es gellende Pfiffe bei jedem Namen. Anschließend zeigten die Fans eine blau-rote Choreographie mit dem gelben Schriftzug "We are ready" und machten unfassbaren Lärm. Als hätte Barcas 0:7 (0:4 und 0:3) gegen die Bayern vor ziemlich genau zwei Jahren in über 90 000 Hinterköpfen gespukt.

Gewissermaßen hatte Pep Guardiola am Tag zuvor eine Kapitulationserklärung eingereicht. "Man kann Messi nie ganz stoppen" - Worte des Bayern-Trainers vor dem definitiv emotionalsten und womöglich auch wichtigsten Spiel seiner Karriere.

"Mal kommt er von rechts, dann von links, er ist unberechenbar." Guardiola hat Messi nach wie vor nicht entschlüsselt, obwohl die beiden von 2008 bis 2012 in Barcelona zusammenarbeiteten und zweimal die Champions League gewannen.

Als hätte er es beschrien, wurde Guardiola von seinem ehemaligen Musterschüler empfindlich getroffen. In der 77. Minute traf er aus 17 Metern, nachdem Juan Bernat den Ball in der Vorwärtsbewegung verloren hatte, zum 1:0. Drei Minuten später überlupfte er den herauseilenden Manuel Neuer nach Vorarbeit von Ivan Rakitic zum 2:0 (80.). Neymars 3:0 (90.+4) bedeutete dann schon beinahe das Aus. Was Guardiola meinte, hatte der Argentinier schon nach 21 Minuten gezeigt, als er auf vielleicht zwei Quadratmetern Juan Bernat, Xabi Alonso und Jerome Boateng ausspielte, den Ball aber am langen Pfosten vorbeizog. Allerdings hieß das Problem längst nicht nur Messi. Neymar blieb zwar lange blass, dafür beschäftigte Luis Suarez die Bayern. Und auch der ehemalige Schalker Rakitic ist durchaus ein Faktor im Spiel Barcelonas geworden.

Schon in der 12. Minute musste Münchens Keeper Manuel Neuer gegen den freien Suarez retten. Nach 15 Minuten kam Neymar wenige Meter vor dem Bayern-Tor unbedrängt zum Schuss, traf aber nur Rafinha. In der 39. Minute verhinderte erneut Neuer den Rückstand, als er gegen den allein vor ihm auftauchenden Dani Alves klärte.

Guardiolas Aufstellung ergab sich wegen der vielen Verletzen beinahe von selbst. Der Katalane überraschte nicht, indem er Mario Götze auf der Bank ließ, wohl aber mit seiner taktischen Ausrichtung. Vor einer Dreierkette mit Ranfinha auf der linken Seite sicherten Philipp Lahm und Xabi Alonso zunächst im zentralen Mittelfeld. Außen standen Juan Bernat und Thiago ebenfalls recht tief. Bastian Schweinsteiger hingegen agierte offensiv wie lange nicht mehr, praktisch direkt hinter den Spitzen Thomas Müller und Robert Lewandowski. So wollte Guardiola sein Sturmduo mehr ins Spiel einbinden.

Der Coach korrigierte sich jedoch schnell, als Barca gleich zu großen Chancen kam und stellte im Prinzip alles auf Anfang: Rafinha ging wieder nach rechts, Bernat wurde zurückgezogen, so dass da wieder die erprobte Viererkette stand.

Ein wenig beruhigte Guardiola damit das Spiel. Da aber die Gastgeber pressten, als gäbe es kein Morgen, fanden die Bayern nie zu einem geordneten Aufbau. Vor allem der behäbige Alonso hatte in diesem Wirbel kaum Luft zum Atmen und ließ sich immer wieder den Ball abjagen. Überhaupt war da sehr viel Unpräzises im Bayern-Spiel. Kaum einmal lief der Ball über mehrere Stationen. Dass so vor dem Wechsel nur eine nennenswerte Torgelegenheit heraussprang, konnte nicht überraschen. Dabei hätte Lewandowski allerdings fasst zum 0:1 getroffen. Eine Flanke von Müller erwischte der Pole nicht richtig, so dass der Ball am leeren Tor vorbeiging.

Nach der Pause begannen die Bayern mutiger. Mit gutem Grund hatte Neuer schließlich gefordert: "Wir müssen da ein Tor machen." Ein Tor des Gegners zu verhindern, war jedoch weiter die Aufgabe von "Manu, dem Libero", der in der 61. Minute weit aus dem Tor eilte und gegen den durchgebrochenen Neymar klärte. Frei nach 54er-Reporter-Legende Herbert Zimmermann: Neuer rettet, rettet, rettet. Auf der anderen Seite musste sich Marc-André ter Stegen nach 72 Minuten erstmals wirklich strecken, um einen abgefälschten Thiago-Schuss zu parieren. Es sah nicht schlecht aus in diesem Moment, doch als die Bayern langsam zart auf ein Remis hoffen durften, kam Messi.

Es sieht vieles danach aus, dass Pep Guardiola mit den Münchnern zum zweiten Mal in Folge das Champions-League-Finale verpasst. 2014 scheiterten sie an Real Madrid, jetzt wohl am großen spanischen Rivalen. Es gibt (Verletzungs-)Gründe dafür, doch unter Guardiolas Vorgängern Louis van Gaal und Jupp Heynckes erreichte der FC Bayern 2010, 2012 und 2013 das Endspiel. Eine enttäuschende Bilanz für den Katalanen. Dass er noch bis 2016 unter Vertrag steht, muss deshalb nichts bedeuten.

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