Löw erwägt Reus-Einsatz im Sturm

Amsterdam · Der Plan ist ein halbes Jahr alt. Schon in der EM-Vorbereitung überraschte Bundestrainer Joachim Löw mit der Idee, Marco Reus einmal ganz vorne in der Sturmspitze aufzubieten. Kloses Ausfall eröffnet die Möglichkeit. Traut sich Löw das Experiment gegen Holland?

 Marco Reus könnte sich gegen die Niederlande in vorderster Position wiederfinden. Foto: Thomas Eisenhuth

Marco Reus könnte sich gegen die Niederlande in vorderster Position wiederfinden. Foto: Thomas Eisenhuth

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In der Stürmer-Not kopiert Löw sein großes Vorbild Spanien. Miroslav Klose sagte erkrankt ab, Mario Gomez fehlt auch in Holland - so kann der Bundestrainer zum Jahresabschluss gegen den Erzrivalen tatsächlich mal wie der Welt- und Europameister das schon länger ausgeheckte Experiment ohne gelernten Mittelstürmer wagen. "Es gibt zwei oder drei Varianten, die ich mir durch den Kopf gehen lasse", sagte Löw vor dem Abschlusstraining der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in der Amsterdam ArenA.

Namentlich nannte der Bundestrainer bei der Pressekonferenz vor der weitgehend geheimen Übungseinheit nur Lukas Podolski und Marco Reus als Kandidaten für den Posten ganz vorne. Mit Arsenal-Profi Podolski, den Löw in den letzten Länderspielen meist für Klose einwechselte und dann auch in die Spitze beordert hatte, plant der Coach aber am Mittwoch gegen die Holländer eher anders.

"Lukas kann diese Rolle spielen, ist aber eher der Spieler, der hinter einer zentralen Spitze noch stärker zur Geltung kommen kann. Er hat für mich auch über die linke Seite häufig gut gespielt bei der Nationalmannschaft. Auch bei Arsenal kommt er mehr über die Seite", erläuterte Löw und schloss: "Lukas kann das spielen, aber ganz vorne in der Spitze ist nicht seine absolute Idealposition."

Mit dem spielstarken Reus als verkapptem Stürmer liebäugelt der Bundestrainer schon einige Zeit. Erstmals brachte er diese Variante während der EM-Vorbreitung ins Gespräch. "Ich würde ihn mal gerne ganz vorne sehen", bemerkte Löw im Mai während des Trainingslagers der Nationalelf auf Sardinien. Mit seinen technischen Fertigkeiten sei der schnelle Reus "im Kombinationsspiel auch anspielbar in der letzten Linie", begründete Löw das Planspiel.

Spaniens Nationalteam und der FC Barcelona, die auch schon mal ohne echten Mittelstürmer agieren, lassen grüßen. Löw traut dem schmächtigen Reus den Mittelstürmer-Job zu: "Er kann sich wahnsinnig schnell drehen, ist wendig, beweglich und abschlussstark."

Reus reagierte seinerzeit in Italien ein wenig verblüfft, aber keineswegs abgeneigt. Er habe schon bei seinem damaligen Club Borussia Mönchengladbach "etliche Positionen gespielt". Der Neu-Dortmunder weiß, dass seine Flexibilität eine Stärke von ihm ist.

Reus ist der Spezialauftrag durchaus zuzutrauen. Der Dortmunder Millionen-Einkauf ist ohnehin der Aufsteiger des Jahres im DFB-Team. Bei der EM fehlte Löw noch das absolute Zutrauen in den 23-Jährigen, den er nach seiner tollen Leistung gegen Griechenland (4:2) beim anschließenden Halbfinal-K.o. gegen Italien wieder aus der Startelf gestrichen hatte. Seit Saisonbeginn aber ist Reus Stammspieler im Nationaltrikot, in jedem der fünf Länderspiele stand der BVB-Profi in der Startformation, erzielte drei Tore. Ein "Riesenpotenzial" habe Reus, schwärmte Löw. Er habe sich zuletzt auch gegen Real Madrid auf höchstem Niveau "ganz hervorragend" präsentiert.

Die Alternativen zu Reus könnten neben Podolski auch noch Thomas Müller oder André Schürrle heißen. Aber Löw scheint zum Experiment entschlossen. Eine Rückholaktion von Stefan Kießling nahm er auch nach der Absage von Klose nicht vor. "Ich registriere seine guten Leistungen in Leverkusen absolut", sagte Löw. Der sechsmalige Nationalspieler Kießling sei "nicht in Vergessenheit" geraten. "Aber in diesem Spiel will ich eine andere Variante testen."

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