Bundesliga-Prognose des GA Sorry an Augsburg - Klopp muss nur die Tabelle drehen

Prognosen sind schwierig - vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Eine Bonmot, das Mark Twain zugeschrieben wird. Was der berühmte amerikanische Erzähler vor mehr als 100 Jahren zum Besten gab, lässt sich zeitlos auf alle Themenbereiche anwenden - natürlich auch auf die Fußball-Bundesliga.

 Jürgen Klopp.

Jürgen Klopp.

Foto: dpa

Im vergangenen August hatte die GA-Sportredaktion traditionell und ebenso vollmundig den Verlauf der Saison 2014/2015 vorhergesagt und muss nun in einer Zwischenbilanz konstatieren, dass der Tipp etwas aus dem Ruder gelaufen ist. In einem Fall liegen zwischen Prognose und Realität 15 Plätze.

Auch wenn erst Halbzeit ist, wurmt das. Und so machen wir uns an die Aufarbeitung und analysieren, warum die Prognosen in dem einen oder anderen Fall nicht wie gewünscht eintrafen. In der folgenden Rangliste bedeutet die erste Ziffer den aktuellen Tabellenplatz, die Zahl in Klammern die GA-Prognose vor der Saison.

Hier lagen wir richtig:

1. FC Bayern (Prognose 1.): Bingo! Richtig getippt! Die Bayern auf eins. Einen Grund zur Selbstbeweihräucherung gibt es für uns aber nicht. Selbst der wettfreudigste Brite wird sein Pint wohl kaum auf einen anderen Herbstmeister gesetzt haben. Die Dominanz der Bayern ist allerdings bemerkenswert. Trotz konkurrenzlosem Kader erstickt Pep Guardiola sämtliche Ausreden für eine verkorkste Saison im Keim. Weder WM-Nachwehen noch verletzte Spieler können den Rekordmeister aus der Ruhe bringen. Guardiola hat aus Weltklasse-Individualisten eine Weltklasse-Mannschaft geformt. So machen das die Großen. Neue Prognose: Platz eins.

3. Bayer Leverkusen (3.): Auf die Werkself ist Verlass. Sie steht dort, wo man sie erwartet hat: Auf einem Champions-League-Platz. Alles gut? Nein. Satte neun Punkte liegt der neue Bayer-Frontmann Roger Schmidt mit seiner Truppe hinter der Hinrundenbilanz des Vorjahres zurück. Schmidts Therapie - er verordnete Bayer eine offensivere und attraktivere Spielweise - hat Nebenwirkungen: Erst zeigte sich die Abwehr anfällig, dann legte eine Betriebsstörung den Angriff lahm. Wenn Bayer die Unwuchten in den Griff bekommt, ist der Champions-League-Rang zementiert. Neue Prognose: Platz drei.

4. Bor. Mönchengladbach (5.): Die Aufregung um Christoph Kramers Eigentor in Dortmund war fast so groß wie die um seinen Finaleinsatz bei der WM. Es war das erste Eigentor des Senkrechtstarters und der einzige größere Fauxpas der Gladbacher bislang. Die Mannschaft macht viel richtig, auch, weil Lucien Favre viel richtig macht. Der akribische Trainer hat ein feines Näschen für Tempospiel und Taktik. Auch zwischenmenschlich passt es in Gladbach. Favre hat Könner wie Raffael, Kruse, Hahn und vor allem Kramer weiterentwickelt. Was sonst noch alles in seinem Fohlenstall (Traoré, Hazard) steht, weckt beinahe schon wieder Erinnerungen an die wilden 70er. Neue Prognose: Platz vier.

5. Schalke 04 (4.): Es ist einfacher, einen Pudding an die Wand zu nageln, als der königsblauen Wundertüte Konstanz und Stabilität zu vermitteln. Seit Anfang Oktober versucht sich Roberto Di Matteo in der Rolle des Disziplinators - eine Lebensaufgabe. Der wilden Achterbahnfahrt stand auch der Schweizer zunächst konsterniert gegenüber. Erst nach und nach griff das neue 3-5-2-System. Dass S 04 trotz vieler Verletzter und der Formschwäche von Boateng oder Sam noch im Rennen um die internationalen Plätze ist, ist typisch für die konstant Unberechenbaren. Neue Prognose: Platz fünf.

7. 1899 Hoffenheim (7.): Die Zeiten, in denen man den früheren Kreisligisten in diese Niederungen zurückwünschte, müssten eigentlich vorbei sein. Früher konnte es Investor Dietmar Hopp nicht schnell genug gehen auf dem Weg nach oben. Hopp, hopp, hopp. Die Mannschaft besitzt zwar auch heute viel Klasse - der Club aus dem Kraichgau setzt nun aber auch auf Kontinuität. Manager Rosen hat seinen Vertrag bis 2018 verlängert. Trainer Gisdol, der das Gespür fürs Machbare in Sinsheim verankerte, soll folgen. Bemerkenswert, dass selbst Hochveranlagte wie Firmino diesen Weg mitgehen. Neue Prognose: Platz sechs.

Die Tendenz stimmt:

2. VfL Wolfsburg (6.): Mit Platz zwei ist der VfL die Überraschungsmannschaft der Hinrunde. Nicht etwa, weil sich die Wölfe auf direktem Königsklassen-Kurs befinden. Bei den finanziellen Mitteln des VW-olfsburg war das längst überfällig. Erstaunlich ist, dass Manager Klaus Allofs den Kader punktuell mit jungen Spielern aus der Portokasse verstärkt und daraus den Bayern-Jäger Nummer eins gemacht hat. Unter Dieter Hecking laufen sogar ewige Talente wie Kevin de Bruyne zur Höchstform auf und Routiniers wie Ivica Olic erleben ihren zweiten Frühling. Es bleibt abzuwarten, ob der chinesische PR-Neuzugang Xhize Zhang ebenfalls für eine Überraschung gut ist. Neue Prognose: Platz zwei.

8. Hannover 96 (10.): Es ist in diesen Zeiten nicht einfach, ein 96-Fan zu sein. So richtig warm ist Hannovers Anhang noch nicht mit der vorsichtigen Spielweise geworden, die Tayfun Korkut praktizieren lässt. Stimmung kommt selten auf. Laut und ungemütlich wird's nur, wenn der harte Kern der Fans mal wieder gegen den ungeliebten Präsidenten Martin Kind schießt. Bei dieser problematischen Gemengelage bleibt das internationale Geschäft Wunschdenken. Aus dem Mittelmaß kommt "96" nicht heraus. Neue Prognose: Platz neun.

9. Eintracht Frankfurt (8.): Er trägt die Nummer 14. So wie einst der große Johan Cruyff. Auf dem besten Wege, ein ganz Großer zu werden, ist auch Alexander Meier. Zumindest bei den Eintracht-Fans: Fußball-Gott rufen sie den Mann, der seit mehr als zehn Jahren dem Club die Treue hält. Kein Wunder: 13 Hinrunden-Tore schoss er in 16 Spielen. Sein Weg in höhere Sphären wurde anfangs allerdings gebremst - von Neu-Trainer Thomas Schaaf. Er wusste zunächst nicht so recht, woran er ist bei dem "Schlaks". Er setzte ihn auf die Bank. Jetzt weiß er es besser. Und jetzt ist Meier eine Bank. Die Frankfurter hingegen sind zu unbeständig. Neue Prognose: Platz zehn.

11. 1. FC Köln (14.): Die Zahl elf hat im rheinischen Brauchtum eine beinahe mystische Bedeutung. Die Zahl elf könnte auch für den FC in dieser Saison eine magische Anziehungskraft entwickeln. Behalten die Kölschen diesen Rang bis zum Schluss, feiern sie auch im Sommer tolle Tage. Bisher lief es für den Aufsteiger nicht schlecht - der soliden Abwehr sei dank. Vielleicht findet Trainer Peter Stöger so kurz vor dem Jecken-Fest auch einen, der sich mal als Torjäger verkleidet und Tony Ujah entlastet. Oder sie holen einfach einen offensivstarken Neuen - wie den brasilianischen Auswahlspieler Carlos Eduardo. Viel besser wird's aber auch mit ihm nicht. Neue Prognose: Platz 14.

12. FSV Mainz 05 (16.): Mainz bleibt eben doch nur Mainz. Nachdem der Europacup-Traum bereits in der Qualifikationsrunde geplatzt ist, befindet sich der FSV wieder auf dem Boden der Realität. Neun Unentschieden und drei Siege in der Hinrunde reichen eben gerade für das Liga-Mittelfeld. Der FSV ist weiterhin eine graue Maus. Bei nur einem Punkt Vorsprung auf die Relegationsplätze, den von uns prognostizierten Rang, könnte es aber selbst damit bald vorbei sein. Neue Prognose: Platz 16.

13. Hertha BSC (11.): Es läuft nicht rund beim Hauptstadtclub - selbst in der spielfreien Winterpause nicht. Trikotsponsor Deutsche Bahn gab jetzt seinen Rückzug zum Saisonende bekannt. Auch sportlich müssen die Weichen neu gestellt werden. Nur ein Punkt Vorsprung auf einen Abstiegsplatz, die Gefahr ist real. Viel Hoffnung auf Besserung verspricht der Kader nicht. Die Defensivarbeit ist ungenügend, die spielerische Armut im Mittelfeld zum Teil erschreckend. Wenn schon der launische Brasilianer Ronny als großer Hoffnungsträger gehandelt wird, muss einem um die Hertha angst und bange werden. Neue Prognose: Platz 15.

14. Hamburger SV (12.): Dass Mirko Slomka und der Hamburger SV nicht zusammen passen, war schon in der vergangenen Spielzeit deutlich zu erkennen. Warum die HSV-Verantwortlichen ihn in der neuen Saison dennoch ins offene Messer laufen ließen, um ihn dann doch nach drei Spieltagen zu entlassen, bleibt wohl ein Rätsel. Auch unter Nachfolger Joe Zinnbauer fehlt dem Traditionsverein die nötige Konstanz - und die Offensive. Ganze neun Treffer erzielte der HSV in der Hinrunde. Insgesamt drei Mal waren die Stürmer Lasogga und Rudnevs erfolgreich. Der Millionen-Einstieg von Unternehmer Klaus-Michael Kühne gibt Grund zur Hoffnung. Neue Prognose: Platz 13.

15. VfB Stuttgart (13.): Junger Kader und ein modifizierter Vorstand - trotz der aktuell zahlreichen Umstrukturierungen setzt man beim VfB auf einem Posten auf Altbewährtes: Beim Trainer. Armin Veh hatte es bereits 2006/2007 im Ländle vorgemacht: Aus jungen Talenten formte er ein Meisterteam. Dass das nicht immer klappt, hat er selbst erkannt und Stuttgart nach verkorkstem Saisonauftakt verlassen. Nun soll es sein Vorgänger Huub Stevens richten. Der Erfolg bleibt bislang aus. Stuttgart wird es schwer haben. Doch es gibt Hoffnung: Christoph Daum ist aktuell noch zu haben. Der wurde 1992 mit dem VfB Meister. Neue Prognose: Platz 12.

18. SC Freiburg (15.): Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Freiburger das Feld vor sich haben. Dreimal in den letzten vier Jahren starteten die Breisgauer von einem Abstiegsplatz in die Rückserie. Die Ausgangslage ist ihnen also nicht fremd. Doch die Qualität der Konkurrenz ist diesmal eine andere. Hießen die Kontrahenten im Vorjahr Braunschweig und Nürnberg, stecken mit Dortmund, Bremen, Stuttgart, Hamburg und Berlin diesmal Clubs im Tabellenkeller, die im Abstiegskampf für gewöhnlich nichts zu suchen haben. Es spricht nicht viel für den SC. Ein Sympathieträger der Liga geht auf Abschiedstournee. Neue Prognose: Platz 18.

Voll daneben:

6. FC Augsburg (17.): Den freundlichen Herrn Tur Tur kennt in Augsburg jedes Kind. Es ist der Scheinriese, der Jim Knopf im Klassiker der "Augsburger Puppenkiste" den Weg aus der Wüste weist. Als Scheinriese kam uns auch der FC Augsburg vor. Platz acht in der Vorsaison erschien uns so unwirklich wie ein Schneemobil in der Sahara. Wir haben den FCA in völliger Ignoranz zum Abstieg verdammt. Sorry an alle Augsburg-Fans: Da haben wir riesig danebengelegen. Wenn Augsburg ins internationale Geschäft kommt, werden wir erste Gratulanten sein. Neue Prognose: Platz sieben.

10. SC Paderborn (18.): Zugegeben, die Chancen der Paderborner auf den Klassenerhalt schienen uns vor der Saison nicht wesentlich höher zu liegen als die Temperaturen im ostsibirischen Winter. Doch das kleine Paderborn hat selbst die Großen der Branche geärgert. Trainer Breitenreiter hat eine Truppe geformt, die mit Willen, Kampf und Entschlossenheit mithalten kann. Und jetzt räumt der alte Tiefstapler seinem "krassesten Außenseiter der Bundesligageschichte" sogar eine "realistische Chance" auf den Klassenerhalt ein. Sorry, daran glauben wir immer noch nicht so recht. Neue Prognose: Platz 17.

16. Werder Bremen (9.): Spätestens seit Otto Rehhagel und Thomas Schaaf gilt Werder Bremen als das Trainer-Eldorado. Sorgen um eine frühzeitige Vertragsauflösung muss man sich an der Weser in der Regel nicht machen. Das dachte sich auch Robin Dutt. Nach 14 Monaten musste er erkennen, dass jede Regel auch eine Ausnahme hat. Nach neun Niederlagen in Serie zog Manager Thomas Eichin - nicht ganz uneigennützig - die Reißleine. Dutt-Nachfolger "Victory" Skripnik hat nur an wenigen Stellschrauben gedreht, um den Bremern wieder auf die Beine zu helfen. So darf Werder zu recht auf den Klassenerhalt hoffen. Neue Prognose: Platz elf.

17. Borussia Dortmund (2.): Vielleicht hat Jürgen Klopp, in einem stillen Moment am Jahresende, mal die Tabelle zur Hand genommen - und sie auf den Kopf gedreht. Und siehe da: Der BVB ist Zweiter - so, wie wir vermutet hatten. Doch weit gefehlt. Dieser Absturz war vor der Saison so vorhersehbar wie Schnee im Hochsommer. Oder der Meistertitel des Aufsteigers Kaiserslautern 1998. Und irgendwie war die Saison für die Dortmunder ja auch verteufelt: WM-Nachwehen, Verletzte, nicht integrierte Neuzugänge. Selbst Klopp wirkte inmitten dieser Abwärtsspirale ratlos. Das wird sich bei all der Qualität im Kader ändern. Neue Prognose: Platz acht.

Winter-Transfers

Bayern München

Zugänge: keine. Abgänge: Shaqiri (Inter Mailand), Höjbjerg (FC Augsburg).

VfL Wolfsburg

Zugang: Xizhe Zhang (Beijing Guoan). Abgang: Klich (1. FC Kaiserslautern).

Bayer Leverkusen

Zugänge: keine. Abgänge: Lomb (Hallescher FC), Wollscheid (Stoke City), Öztunali (Werder Bremen).

Bor. Mönchengladbach

Zugänge: keine. Abgänge: keine.

Schalke 04

Zugang: Nastasic (Manchester City), Sivodedov (Djurgrdens IF). Abgänge: Avdijaj (Sturm Graz), Clemens (FSV Mainz 05).

FC Augsburg

Zugänge: Höjbjerg (Bayern), Dong-Won Ji (Borussia Dortmund). Abgänge: Thommy (1. FC Kaiserslautern), Philp (Greuther Fürth).

1899 Hoffenheim

Zugänge: keine. Abgänge: Vestergaard (Werder Bremen), Casteels (VfL Wolfsburg), Musona (KV Oostende).

Hannover 96

Zugang: Ya Konan (Al-Ittihad). Abgänge: Thesker (Greuther Fürth), Ballas (FSV Frankfurt), Rankovic (Erzgebirge Aue).

Eintr. Frankfurt

Zugänge: Balajew (Neftschi Baku), Yaffa (vereinslos). Abgänge: Occean (Odds BK), Lanig (Apoel Nikosia).

SC Paderborn

Zugänge: keine. Abgang: Maier (Alemannia Aachen).

1. FC Köln

Zugänge: keine. Abgänge: Kalas (FC Chelsea), Geromel (Gremio Porto Alegre).

FSV Mainz 05

Zugänge: Bengtsson (FC Kopenhagen), Castillo (FC Brügge), Clemens (Schalke 04). Abgang: Koch (FC St. Pauli).

Hertha BSC

Zugänge: keine. Abgänge: Mukhtar (Benfica Lissabon).

Hamburger SV

Zugänge: keine. Abgänge: Arslan (Besiktas Istanbul, Nafiu (Vertrag aufgelöst).

VfB Stuttgart

Zugänge: keine. Abgänge: Holzhauser (Austria Wien), Rojas (FC Thun).

Werder Bremen

Zugänge: Vestergaard (Hoffenheim), Casteels (VfL Wolfsburg), Öztunali (Leverkusen), Zetterer (SpVgg Unterhaching). Abgänge: Elia (FC Southampton, Petersen (SC Freiburg), Obraniak (Caykur Rizespor), Strebinger (Jahn Regensburg).

Borussia Dortmund

Zugang: Kampl (RB Salzburg). Abgang: Dong-Won Ji (FC Augsburg).

SC Freiburg

Zugänge: Möller Daehli (Cardiff City), Petersen (Werder Bremen). Abgänge: Freis (SpVgg Greuther Fürth), Kerk (1. FC Nürnberg).

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