Motorsport Risiko-Debatte um Cockpitschutz spaltet Formel 1

Budapest · Die Formel 1 streitet darüber, wie viel zusätzliche Sicherheit noch nötig ist. Am Donnerstag entscheiden die Spitzen der Teams, ob es von 2017 an einen Cockpitschutz geben soll. Es bahnt sich ein Beschluss gegen den Willen der Fahrer-Mehrheit an.

 Helmut Marko ist der Motorsportchef bei Red Bull.

Helmut Marko ist der Motorsportchef bei Red Bull.

Foto: Johann Groder

Kurz vor dem Votum über die Einführung eines Cockpitschutzes spaltet eine Debatte um noch mehr Sicherheit die Formel 1.

Mercedes-Pilot Nico Rosberg führt offenbar die Mehrheit der Fahrer an, die sich klar für weitere womöglich lebensrettende Maßnahmen einsetzen. Dagegen fürchtet eine Reihe von Teambossen um das lukrative Image der Rennserie als Hochrisiko-Sport. "Diese überzogene Sicherheit, die wir jetzt haben, ist Unsinn. Und diese Idiotie mit dem Cockpitschutz Halo zerstört komplett die Formel 1", polterte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko via "Bild am Sonntag".

Vier Tage vor dem Deutschland-Rennen in Hockenheim will die Strategiegruppe der Formel 1 am Donnerstag beraten, ob der Cockpitschutz zur Saison 2017 verpflichtend wird. Seit Monaten wurden zwei verschiedene Modelle getestet, die Fahrer vor umherfliegenden Trümmerteilen schützen sollen. Das sogenannte "Halo"-System basiert auf einem ringförmigen Bügel. Dieser spannt sich über den Helm des Piloten und ist mittig an einer Strebe fixiert. Der "Heiligenschein" wird vom Weltverband FIA empfohlen, nachdem das Modell mit einer Cockpitscheibe den finalen Crashtest nicht bestanden haben soll.

Vor dem Grand Prix von Ungarn am Wochenende präsentierte die FIA den Fahrern die Erkenntnisse der "Halo"-Tests und machte damit Eindruck. "Die Vorteile für die Sicherheit waren wirklich erheblich", sagte Vize-Weltmeister Rosberg. Demnach haben die Piloten durch den sieben Kilogramm schweren Titanring eine um 17 Prozent verbesserte Überlebenschance bei Unfällen aller Art. "Ich denke, dass viele Fahrer dafür sind", sagte Rosberg.

Doch nicht jeder seiner Kollegen ist von den Plänen so begeistert. "Es sieht nicht so aus, als würde es auf ein Formel-1-Auto gehören. Das ist nicht im Sinne des Rennsports", sagte Rosbergs Teamkollege Lewis Hamilton. Von seiner absoluten Ablehnung ist jedoch auch der Titelverteidiger zuletzt abgerückt. Wollte der Brite eigentlich am liebsten selbst entscheiden dürfen, ob er den Cockpitschutz nutzt, sagte er nun in Ungarn: "Wir müssen es akzeptieren."

Die Fraktion der Puristen, die sich zurück nach mehr Gefahr und Grenzerfahrung sehnt, wird angeführt von den Vertretern des Red-Bull-Konzerns, der gern mit wildem Abenteuer-Sport wirbt. "Sicherheit gut und schön, aber es darf nicht sein, dass ein Skifahrer gefährlicher lebt als ein Formel-1-Fahrer", sagte der Österreicher Marko, der ein enger Berater von Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz ist.

Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner will beim Treffen der Strategiegruppe gegen das "Halo"-Konzept stimmen. Das Fachmagazin "Auto, Motor und Sport" will erfahren haben, dass sich die Mehrheit der Rennstall-Chefs anschließen wird. Demnach seien die Ingenieure der Teams nicht überzeugt, dass der Cockpitschutz wirklich in allen Situationen die Sicherheit verbessert. So könnte das Projekt am Donnerstag vorerst für weitere Tests zurück auf den Prüfstand geschickt und um mindestens noch ein Jahr verschoben werden.

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