Ein Rundgang dauert 90 Minuten Spannende Einblicke bei Führung durchs Kölner Stadion

Köln · Die Besucher des RheinEnergieStadions gelangen bei den dortigen Führungen an Orte, an die sonst nur Spieler dürfen. Spannende Einblicke in die Katakomben und die Spielerkabinen.

 Stadionführung: Christoph Hettenkofer führt Besucher durchs die heiligen Hallen des 1. FC Köln.

Stadionführung: Christoph Hettenkofer führt Besucher durchs die heiligen Hallen des 1. FC Köln.

Foto: Thomas Brill

Für die Fans des 1. FC Köln ist nirgendwo auf der Welt das Gras grüner und der Himmel blauer als hier. Selbst an Tagen, an denen Petrus sich uneinsichtig zeigt und einen grauen Wolkenschleier übers rund 110 600 Quadratmeter große Areal in Müngersdorf legt. So wie an diesem Sonntagmorgen. Um 11 Uhr haben sich rund 30 Kinder und Erwachsene vor dem FC-FanShop an der Nordtribühne versammelt, um an einer Führung durchs RheinEnergieStadion teilzunehmen.

Dass der FanShop an Sonntagen nicht geöffnet hat, sorgt kurzzeitig für lange Gesichter bei den Kids, aber Chris Hettenkofer (23) versteht es wunderbar, ganz schnell wieder für gute Laune zu sorgen. „Seid ihr alle FC-Fans?“, fragt er in die Runde, worauf ihm ein begeistertes und vielstimmiges „Jaaa!“ entgegenschallt. Die Freunde konkurrierender Kicker sind eindeutig in der Minderzahl.

Ursprünglich stammt Hettenkofer aus dem bayrischen Rosenheim. Durch sein Studium an der Kölner Sporthochschule hat er sich aber schnell akklimatisiert. Seit über anderthalb Jahren gehört der sympathische Bartträger zu denjenigen, die kleine und große Besucher durchs Kölner Stadion führen. Motiviert hat ihn ein Studienkollege: „Der ist Ur-Kölner und Riesen-FC-Fan“.

Und alles, was man als perfekter Reiseleiter durchs Fußball-Paradies wissen muss, steht in einem Handbuch. Fakten wie den Eröffnungstag des Stadions nach dem Umbau (31. Januar 2004), die Kapazität (rund 50 000 Plätze bei nationalen Spielen) oder die Fläche des Rasens (105 Meter mal 68 Meter) braucht er schon längst nicht mehr nachzulesen.

Posieren mit Plüsch-Hennes

Damit letzterer so üppig und dicht und prachtvoll bleibt, wie er ist, sind fünf Greenkeeper vonnöten. Betreten darf ihn keiner, wobei das aber Geißbock Hennes, der an diesem Tag (in Form eines Plüschtiers) für den Fotografen modelt, offensichtlich nicht klar ist. Wie auch? Wo er doch sonst bei Heimspielen immer ehrenhalber eine Runde ums Spielfeld drehen darf? Immerhin bietet sich das große grüne Quadrat als willkommener Hintergrund fürs Familienfoto an und ein „Teststreifen“ erfreut sich vieler tastender und streichelnder Kinderhände.

Schnurstracks geht es hoch auf die Ränge. Hier oben erzählt Pettenkofer die (tragische) Geschichte darüber, was sich 1974 ereignete: „Der Neubau, der das alte Müngersdorfer Stadion von 1923 pünktlich zur WM ersetzen sollte, wurde nicht rechtzeitig fertig. Sondern erst ein Jahr später, 1975. Daraufhin gingen alle Spiele nach Düsseldorf.“ Worauf die erbosten Kölner alle Straßenschilder, die nach Düsseldorf führten, schleunigst entfernten.

Mindertwertigkeitskomplexe brauchen die Domstädter aber trotzdem nicht zu haben. Wo sie doch zur Weihnachtszeit – von Pylon zu Pylon auf ein Stahlseil gespannt – den größten Adventskranz der Welt ihr Eigen nennen: „Das ist etwas, was die meisten Kölner nicht wissen.“ Im Treppenhaus erinnert ein Mosaik ans hornbewehrte Vereins-Maskottchen: „Kommt ruhig mal ein Stückchen näher – solange ihr nicht auf den Hennes tretet.“

Dessen Urahn, benannt nach Hennes Weisweiler, war 1950 ein Geschenk von Zirkusdirektorin Carola Williams: „Er wurde 16 Jahre alt“. Inzwischen amtiert Hennes VIII., der inzwischen artgerecht im Kölner Zoo untergebracht ist: „Als eins der wenigen lebenden Maskottchen im deutschen Fußball.“

VIP-Gefühl in der Loge

Im zweiten Stock dürfen sich die Besucher dann fühlen wie echte VIPs. Extra für sie wird eine der 52 Logen geöffnet: „Hier kann man zwei Stunden vor Spielbetrieb lecker essen und so viel Kölsch trinken, wie man will, und so viel Eis essen, wie man essen kann.“ Und man sitzt auch draußen viel feiner: auf gepolstertem roten Echtleder anstatt auf roten Hartplastikschalen. Wer so eine Loge mieten will, muss dafür pro Jahr zwischen 100 000 und 150 000 Euro berappen. Oder für ein einzelnes Spiel die „gute Stube“ von Poldi mieten. Die mit 8000 Euro dagegen fast schon günstig zu nennen ist.

Und noch mit weiteren spannenden Blicken hinter die Kulissen wartet die Tour durchs Stadion auf. An Orte, die sonst nur Spielern, Trainern und Betreuern vorbehalten sind. Treppabwärts geht´s durchs Parkhaus („Hier kommen die Busse mit den Spielern an“) und die „Interviewzone“ für die Presseleute ins Allerheiligste. Am Eingang zu den Spielerkabinen riecht es tüchtig nach Chlor, dafür ist das 2,50 mal 2,50 Meter große Regenerationsbecken im Bade- und Massagebereich verantwortlich. Die Kabinen selbst sind erstaunlich schlicht eingerichtet, mit schwarzem Stahlrohr und hellem Holz.

Als dann der Eingang ins Stadion vor den Besuchern liegt, schlagen die Herzen noch einmal höher. Hier dürfen sonst nur echte Helden durch. Begleitet vom Stadionjubel und der FC Kölle-Hymne nach der Loch-Lomont-Melodie dürfen das heute alle. Wahlweise durch die rechte Tür (für die Gastgeber) oder die linke (für Gäste). Nicht nur heute ist die Schlange rechts deutlich länger. Auch das überrascht Chris Hettenkofer kein bisschen. Weil nirgendwo sonst auf der Welt, nur hier, im RheinEnergieStadion, das Gras so grün ist und der Himmel so blau. Für FC-Fans.

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