Interview mit dem Trainer des 1. FC Köln Peter Stöger: "Der Weg ist noch nicht beendet"

Köln · Seit vier Jahren ist Peter Stöger Trainer des 1. FC Köln, so lange wie keiner zuvor in der 69-jährigen Vereinsgeschichte. Zurzeit verbringt er seinen Urlaub in seiner Heimatstadt Wien. Joachim Schmidt sprach mit ihm über die intensive Zeit in Köln.

Herr Stöger, erinnern Sie sich, dass an diesem Mittwoch vor vier Jahren Ihr erster Arbeitstag beim FC war?

Peter Stöger: Nein, den genauen Zeitpunkt hatte ich nicht mehr im Kopf.

Aber die damaligen Umstände sicherlich.

Stöger: Natürlich, ich hatte an diesem ersten Trainingstag nicht einmal eine Mannschaft beisammen. Acht Spieler standen da auf dem Platz. Selbst mit Alex Bade, unserem Torwarttrainer, und mir hätte es nicht für eine Elf gereicht. Mein Assistent Manni Schmid und unser Athletiktrainer Benni Kugel kamen auch erst einige Tage später dazu. Das war schon verrückt.

Der Zweitligastart 2013 wenige Wochen später verlief mit drei Unentschieden dann eher holprig.

Stöger: Wir haben die Mannschaft erst spät zusammenstellen können. Patrick Helmes beispielsweise kam erst unmittelbar vor dem Ende der Transferzeit vom VfL Wolfsburg zu uns. Da waren schon sechs Spiele vorbei. Aber es war erkennbar, dass sich die Mannschaft entwickelte, und wir Trainer hatten das Vertrauen der Vereinsführung. Dennoch darf man in dem Geschäft keine schwachen Nerven haben.

Vor anderthalb Jahren wurde Ihr bis zum Ende dieses Monats laufender Vertrag vorzeitig bis Juni 2020 verlängert. Sportchef Jörg Schmadtke sprach in diesem Zusammenhang davon, dass das „ein Zeichen des Vertrauens und der Wertschätzung für einen hervorragenden Trainer mit hohen Sympathiewerten“ sei.

Stöger: Für jemanden wie mich, der vorher immer nur Zweijahresverträge besaß, war das schon außergewöhnlich. Diese vier Jahre hier beim FC sind meine längste Station im Trainergeschäft. Es passt eben für mich mit Köln. Ich bin damals hergekommen, obwohl ich mit Austria Wien Meister geworden war und in der Qualifikation zur Champions League gespielt hätte. Denn der FC war, obwohl er in der Zweiten Liga spielte, auch damals noch immer ein großer Club. Und daran hat sich ja nichts verändert.

Außer, dass der sportliche Erfolg unter Ihrer Regie von Jahr zu Jahr gewachsen ist. Der Bundesligarückkehr nach dem ersten Jahr folgten Platz zwölf, neun und nun fünf sowie der damit verbundene direkte Einzug in die Gruppenphase der Europa League.

Stöger: Die Mannschaft hat eine gute Entwicklung genommen. Die Jungs haben sich alles hart erarbeitet. Natürlich haben wir im Verlauf der Spielzeiten auch schon mal auf der Stelle getreten, oder es gab Rückschläge. Aber immer dann, wenn es darauf ankam oder unser Projekt von außen schlecht gesehen wurde, haben die Jungs mit Erfolgen ihre Antwort gegeben.

Aus der Zweitliga-Mannschaft, die Sie vor vier Jahren übernommen haben, sind mit Timo Horn, Thomas Kessler, Dominic Maroh, Jonas Hector, Matthias Lehmann und Marcel Risse noch sechs Spieler – quasi ein halbes Team – heute dabei. Sie alle gehören zu den Stammkräften. Ist das für Sie erstaunlich?

Stöger: Nein, eigentlich nicht. Diese Sechser-Gruppe ist zu Recht so weit gekommen und wird voraussichtlich auch im Herbst in der Europa League ihre Einsätze haben.

Mehrere dieser Spieler haben gute dotierte Angebote abgelehnt – Timo Horn offenbar bei Englands damaligem Meister Leicester City, Jonas Hector beim FC Barcelona und Thomas Kessler bei RB Leipzig –, um weiter an der Entwicklung des 1. FC Köln teilzuhaben.

Stöger: Das spricht für sie. Es sagt vieles darüber aus, dass die Spieler den Weg hier beim 1. FC Köln gutheißen. Sonst würde jeder, der ein interessantes Angebot erhält, so schnell wie möglich dahinlaufen.

Einige wenige Spieler, die eine gute Entwicklung genommen hatten, sind gegangen.

Stöger: Ja, aber wir haben nur wenige solcher Spieler verloren. Von ihnen hat sich Kevin Vogt in Hoffenheim – auf einer allerdings anderen Position als bei uns – weiterentwickelt. Meiner Meinung nach hat keiner dieser Spieler bei den anderen Clubs einen Quantensprung gemacht. Ihre entscheidenden Schritte taten sie hier in Köln.

Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie in den nächsten Jahren bei den Spielern?

Stöger: Das hängt von jedem einzelnen ab. Interessant finde ich die Situation bei denjenigen, die schon lange hier sind und auch schon nicht mehr zu den ganz Jungen im Team gehören. Sie überraschen mich immer wieder, weil sie zeigen, dass noch weitere Schritte für sie möglich sind.

Und wie sieht's mit Ihrer Mannschaft aus?

Stöger: Da ist der Weg sicherlich noch nicht beendet. Was die Platzierung in der Bundesliga anbelangt, geht aber aus meiner Sicht nicht viel mehr als der jetzt erreichte fünfte Platz. Schauen Sie sich die Rahmenbedingungen an, die wir haben, und die andere Mannschaften haben. Wenn diejenigen, die wesentlich mehr wirtschaftliche Möglichkeiten besitzen als wir, ihre Hausaufgaben richtig machen, können wir in der Tabelle nicht weiter nach vorn kommen. Da wären wir ja bereits auf den Champions-League-Plätzen.

Wie lautet denn Ihr Ziel für die nächste Saison?

Stöger: Da kann ich den Jungs nicht vorgreifen. Wie im vergangenen Sommer im Trainingslager in Kitzbühel werden wir uns wieder mit ihnen besprechen, um zu hören, was aus ihrer Sicht realistisch ist.

Für die zurückliegende Spielzeit hieß das Ziel Platz neun. Mit Rang fünf wurde das vor allem von der Tragweite deutlich übertroffen.

Stöger: Das stimmt. Aber wenn wir am letzten Spieltag verloren, Bremen und Mönchengladbach gewonnen hätten, wären wir genau auf diesem neunten Platz eingekommen. Nur dadurch, dass wir und alle anderen für uns gespielt haben, konnten wir Fünfter werden. Das zeigt, wie eng es in der Bundesliga zugeht und von welchen Kleinigkeiten so eine Endplatzierung abhängen kann.

Als dann der Schlusspfiff ertönte, die Spieler von den auf das Spielfeld stürmenden Fans auf Händen getragen wurden, haben Sie sich zunächst in einen stillen Winkel im Kabinentrakt zurückgezogen. Warum?

Stöger: Es war eine intensive, außergewöhnliche Saison. Es war der Erfolg der Spieler. Sie sollten feiern und gefeiert werden.

Knapp vier Wochen ist das her. Können Sie diesen fünften Platz und die damit verbundene erstmalige Europa-League-Qualifikation, den ersten Europapokalauftritt des 1. FC Köln seit einem Vierteljahrhundert, von der Bedeutung her für den Club und die Stadt inzwischen einordnen?

Stöger: Ich denke, das ist mittlerweile der Fall. Gleichzeitig kann ich sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Was jetzt auf uns zukommt, wird spannend sein und auf jeden Fall Spaß machen.

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