1. FC Köln Randale in Belgrad sorgen für Diskussion

BELGRAD/KÖLN · Leuchtraketen auf eigene Spieler und gegnerische Fans: Kölner Hooligans sorgen beim mit 0:1 verlorenen Europa-League-Spiel des FC in Belgrad für Entsetzen. Kölner Polizei-Einsatzleiter ist für härteres Durchgreifen gegen Randalierer.

 Zu Spielbeginn, zwischendurch und nochmals kurz vor dem Abpfiff brannten Bengalos im unteren Teil des Kölner Fanblocks.

Zu Spielbeginn, zwischendurch und nochmals kurz vor dem Abpfiff brannten Bengalos im unteren Teil des Kölner Fanblocks.

Foto: dpa

Mit einer Rücksichtslosigkeit und Brutalität, wie man sie selbst von gewaltbereiten Anhängern des 1. FC Köln so kaum erlebt hatte, sorgten Kriminelle beim Spiel in Belgrad für Angst und Fassungslosigkeit. Gegnerische Fans, eigene Spieler, Kinder, Ordnungs- und Hilfskräfte wurden von ihnen beim verlorenen Europa-League-Spiel mit Feuerwerksraketen beschossen. Herausgerissene Sitzschalen dienten ihnen als Wurfmaterial und in Menschengruppen warfen sie explodierende Böller. Trotz angeblich strenger Kontrollen der Belgrader Polizei war kiloweise Pyrotechnik ins Stadion geschmuggelt worden.

Auch wenn von Club-Seite einer Entscheidung der Uefa-Disziplinarkommission noch nicht vorgegriffen werden wollte, gilt es als sicher, das für das nächste Europapokal-Auswärtsspiel – wann immer es dazu kommt – FC-Fans ausgeschlossen werden. Diese Sanktion war nach den Krawallen von London ausgesprochen, aber zur zweijährigen Bewährung ausgesetzt worden. Zudem musste der Club 60 000 Euro Strafe zahlen und für die Schäden am Stadion aufkommen. Nun droht eine noch höhere Geldstrafe, womöglich über 100 000 Euro.

Wilde Horde für Krawalle verantwortlich

Verantwortlich für die Ausschreitungen war nach übereinstimmenden Aussagen mitgereister Kölner Polizisten und den Sicherheitsverantwortlichen des FC eine kleinere Anzahl von Mitgliedern der Ultra-Gruppierung Wilde Horde. Die beging am Donnerstag ihre Gründung vor 21 Jahren.

Insgesamt waren nach Angaben von Volker Lange, dem Leiter der Kölner Polizeidirektion West, etwa 450 Ultras unter den knapp 5000 Kölner Fans – bewacht von 4000 Polizisten – in Belgrad. Unter ihnen sollen sich auch zahlreiche befunden haben, die in Köln und anderen Bundesligastadien Hausverbot haben. Kenntlich machten sie und andere Fan-Gruppierungen sich durch weiße Kittel.

Viele der friedlichen Anhänger warfen im Verlauf des Spiels diese Überzieher weg, um so gegen die eskalierte Gewalt zu protestieren. Außerdem skandierte eine zunehmende Mehrheit „Scheiß Wilde Horde“. Damit hätten sie „denen ihre Geburtstagsparty vermiest“, meinte Volker Lange. Das hielt die Chaoten nicht davon ab, am Spielende nochmals zu zündeln. Lediglich drei von ihnen wurden in Polizeigewahrsam genommen.

Polizei fordert eine härtere Gangart

FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle wehrte sich dagegen, alle Ultras geschweige denn alle FC-Fans in Sippenhaft für einige Dutzend Gewalttäter zu nehmen. Man müsse differenzieren, und man müsse den Dialog suchen, „weil er alternativlos ist, auch wenn das Vorgehen inakzeptabel ist. Schweigen bringt niemanden weiter. Und sollte es unter den Fans verschiedene Sichtweisen geben, wollen wir sie wieder vereinen.“ Pyrotechnik verurteile man, und dass Einlaufkinder fast getroffen worden wären, sei „inakzeptabel“.

Dagegen vertritt Volker Lange eine härtere Gangart. Nachdem ihn ein 31-jähriger Ultra, von Beruf IT-Systemkaufmann, nach einem Spiel in Köln bei einem Einsatz als Witzfigur bezeichnet und gemeint hatte, es sei „lächerlich, so einen fetten Lappen zum Chef“ der Polizei zu machen, erstattete Volker Lange Anzeige wegen Beleidigung. Eine Amtsrichterin verurteilte den jungen Vater zu 2800 Euro Geldstrafe.

Aus Sicht des Polizisten müsse gegen langjährige Fußballstörer vorgegangen werden. Die Gesellschaft müsse solche selbstherrlichen Störenfriede zur Verantwortung ziehen. Wie man im Rahmen eines Fußballspiels wie dem in Belgrad eine gewaltfreie Feier organisieren und Spaß haben kann, zeigte der Fanclub Südstadt Boyz. Sie hatten für 39 000 Euro ein Flugzeug gechartert und waren mit 180 Personen in die serbische Metropole geflogen. Dort mieteten sie ein Restaurantboot auf der Save und feierten in der Nacht vor dem Spiel eine friedliche Party.

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