Zurück an alter Wirkungsstätte Markus Anfang bleibt vor Kiel-Gastspiel nüchtern

KÖLN · Obwohl FC-Trainer Markus Anfang lange Zeit sehr erfolgreich an der Ostsee gearbeitet hat, sieht er vor dem Zweitliga-Gastspiel des 1. FC Köln an seiner alten Wirkungstätte bei Holstein Kiel keinen Platz für große Gefühle.

 Rückkehr nach Kiel: Trainer Markus Anfang und der Ex-Holstein-Kapitän, Rafael Czichos.

Rückkehr nach Kiel: Trainer Markus Anfang und der Ex-Holstein-Kapitän, Rafael Czichos.

Foto: bopp

Im Trainerleben des Markus Anfang gibt es kaum Raum für Sentimentalitäten. Nichts hätte das deutlicher zum Ausdruck bringen können als diese Woche. Vor seiner Rückkehr nach Kiel und dem Zweitliga-Duell mit Holstein (Samstag, 13 Uhr, Sky) enttäuschte der Coach des 1. FC Köln die Öffentlichkeit und deren Erwartungen an eine emotionale Geschichte, die so ein Wiedersehen normalerweise mit sich bringt.

„Wir hatten eine tolle Zeit in Kiel. Aber wir sind jetzt beim 1. FC Köln, und unsere Aufgabe ist es, dass wir in Kiel guten Fußball spielen und drei Punkte mitnehmen. Das ist das Ziel“, erklärte Anfang am Donnerstag recht nüchtern, als er auf seine Reise in die Vergangenheit angesprochen wurde.

Es hätte genug Stoff für die Story gegeben. Zwei Jahre lang arbeitete der gebürtige Kölner bei den Kielern auf seiner ersten Trainerstation im deutschen Profifußball mit seinem Assistent Tom Cichon. Er erweckte sie aus ihrem Dornröschenschlaf. Aufstieg in die 2. Bundesliga in der ersten Saison, Platz drei und Relegation zur Bundesliga als Aufsteiger im zweiten Jahr – viel mehr geht nicht.

Sein Wechsel nach Köln verlief entsprechend ohne Misstöne, obwohl er Kapitän Rafael Czichos mitnahm und auch den zwischenzeitlich nach Dänemark gewechselten Dominick Drexler zum FC holte. Anfang, so viel kann gesagt werden, hat in Kiel etwas bewegt. „Ich finde es schön, dass sie mit dem Bau begonnen haben und sich entwickeln“, freut sich der 44-Jährige über den Umbau des Holstein-Stadions. Die alte Osttribüne, die inzwischen abgerissen ist, wird Anfang nicht vermissen: „Die Tribüne war nicht so wahnsinnig hoch. Deswegen wird es am Samstag nicht anders werden.“

Natürlich beschäftigt sich der FC-Trainer vor der Aufgabe bei seiner Ex viel mehr mit den Befindlichkeiten seiner aktuellen Flamme: „Es ist klar, dass die Kieler mit neuem Trainer etwas verändert haben. Da brauchen wir aber in der Tiefe nicht drauf einzugehen. Wir müssen uns darauf konzentrieren, wie wir das Spiel angehen wollen.“

Obwohl die Geißböcke das Zweitliga-Ranking anführen und Anfang die „Gesamtsituation“ als „gut“ bezeichnet, ist die Anspannung vor dem Spiel in Kiel spürbar. Das hat nicht nur mit den vier Verletzten (Koziello, Risse, Sobiech, Clemens) zu tun, sondern liegt vor allem daran, dass sich die Kölner in der Länderspielpause lange mit dem 1:2 gegen Schlusslicht MSV Duisburg auseinandersetzen durften. Die Konkurrenz wird genau hinschauen, wie der große Aufstiegsfavorit mit dieser Situation umgeht und ob er ins Zweifeln gerät.

„Es ist nicht erfreulich, diese Niederlage über so einen langen Zeitraum mitzunehmen“, räumte der FC-Coach ein. Zumal er erst am Donnerstag mit der Spielvorbereitung richtig beginnen konnte, weil die Nationalspieler Jonas Hector, Jorge Meré, Salih Özcan und Louis Schaub am Mittwoch nach Köln zurückgekehrt waren.

Die Niederlage am 8. Oktober veranlasste Markus Anfang, erneut auf den Prozess beim FC hinzuweisen. „Wir nehmen die Favoritenrolle an, und der Anspruch an die Mannschaft ist hoch. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir ein Zweitligist sind und kein Erstligist, der in die 2. Liga implantiert wurde und automatisch wieder aufsteigt. Auch, wenn wir alle am liebsten immer nur Höhen hätten, wird es in unserem Prozess auch Tiefen geben.“

Nun müssen sich die Kölner nicht kleiner machen, als sie sind. Sie verfügen über den Etat eines Erstligisten, sind Tabellenführer und auswärts noch ohne Punktverlust. Der Außenseiter am Samstag heißt Holstein Kiel, zumal die Störche seit fünf Spielen ohne Sieg sind und wahrscheinlich auf ihren südkoreanischen Nationalspieler Jae-Sung Lee und sicher auf den gesperrten Kingsley Schindler verzichten müssen. Hoffnung darf der FC auch aus der positiven Bilanz gegen Holstein Kiel ziehen. Zwei Duelle gab es bislang. Einmal gewannen die Kölner daheim 3:2, das andere Spiel endete in Kiel 2:2. Das war übrigens 1953 in der Oberliga-Endrunde. Lang her also und mit viel Raum für emotionale Geschichten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort