1. FC Köln Interview mit FC-Kapitän Matthias Lehman

Köln · Matthias Lehmann, Kapitän des 1. FC Köln, spricht im Interview über Chancen, Verzweiflung, Stammplätze und den früheren FC-Trainer Peter Stöger.

 Bei den Versuchen, Tore zu schießen, stehen für Matthias Lehmann alle Spieler in der Pflicht, nicht nur die Offensivkräfte.

Bei den Versuchen, Tore zu schießen, stehen für Matthias Lehmann alle Spieler in der Pflicht, nicht nur die Offensivkräfte.

Foto: dpa

Herr Lehmann, haben sie in den letzten Monaten mal eine Kerze angezündet und für den FC gebetet?

Matthias Lehmann:(zögert) Nein, nicht wirklich. Es ist mehr als bescheiden gelaufen, und das liegt nicht an Hilfe von oben, sondern an uns selbst. Aber jetzt gucken wir nur noch nach vorne. Sich mit dem zu beschäftigen, was war, kostet zu viel Zeit und Energie. Wir haben eine außergewöhnliche Situation, die sehr, sehr schwierig ist.

Worin lag bisher das Problem, aus der Negativspirale herauszukommen?

Lehmann: Es kam von allen Faktoren etwas dazu: keine Chancen erspielt, dann Chancen nicht genutzt, viele Verletzte, Schiedsrichterentscheidungen. Irgendwann war es so viel, dass man machen konnte, was man wollte, und trotzdem reichte es nicht, um zu gewinnen. Darüber hinaus gibt es für mich keine rationale Erklärung dafür.

Verzweifelt man irgendwann?

Lehmann: Ja, es gab Spiele, nach denen ich verzweifelt war. Nach der 3:4-Niederlage gegen Freiburg nach der 3:0-Führung spürten wir totale Leere. So habe ich noch nie verloren. Das war mit Abstand das Schlimmste.

Haben Sie als Kapitän irgendwann versucht einzugreifen?

Lehmann: Ja, so wie in den letzten Jahren. Wir haben versucht, das meiste innerhalb der Mannschaft zu regeln. Dafür haben wir uns auch abseits des Geißbockheims getroffen, haben uns zusammengesetzt und besprochen, wie wir Dinge ändern können. Einiges konnten wir umsetzen, aber die Siege sind nicht gelungen.

Sie waren der verlängerte Arm von Ex-Trainer Peter Stöger auf dem Spielfeld. Wie haben Sie ihn in seinen letzten Wochen in Köln erlebt?

Lehmann: Es war nicht einfach für ihn. Je länger sich die Situation hinzog, desto weniger war da sein Wiener Schmäh. Es ist ja auch normal, dass man sich da verändert.

Haben Sie Kontakt zu ihm?

Lehmann: Ja, nach dem Sieg gegen Wolfsburg hat er uns gratuliert. Ich werde auch weiter mit ihm in Kontakt bleiben.

Wie ist es, wenn ein 34-Jähriger mit 17-Jährigen spielt?

Lehmann: (schmunzelt) Das ist kein Problem. Das ist der Lauf der Dinge. Ich sehe gern, mit welchem Elan sie dabei sind. Es erinnert mich an meine Anfangszeit, als ich jung war. Nur die äußeren Umstände hätten besser sein können.

Stefan Ruthenbeck sagte, dass es keine Freifahrscheine gibt. Was bedeutet das?

Lehmann: Es ist normal, dass es keine Stammplatzgarantie gibt. Jeder muss Leistung bringen, auch im Training. Wir brauchen den Konkurrenzkampf. Es ist gut, dass schon einige der Verletzten zurück sind und hoffentlich auch dabei bleiben. Das hebt die Qualität des Kaders und des Trainings.

Wäre die Euphorie aus der Vorsaison jetzt für die Rückrunde hilfreich?

Lehmann: Es wäre jedenfalls nicht schädlich, wenn wir gleich das Derby gewinnen könnten und dann in einen Lauf kämen.

Dafür müsste besser und öfter getroffen werden.

Lehmann: Ja, wir müssen so ehrlich sein zu sagen, dass es irgendwann auch nicht mehr Pech war, dass wir nicht getroffen haben. Das ist aber keine Stürmerkritik, jeder muss sich mit einbringen. Wir müssen deutlich effizienter werden.

Ist der Klassenerhalt denn überhaupt noch ein realistisches Ziel?

Lehmann: Wir müssen gut aus den Startlöchern kommen, schnell punkten. Nur das zählt in unserer Situation. Wir schauen nicht auf die Tabelle, wir schauen nur auf das nächste Spiel. Wenn wir dann an der Chance schnuppern können, müssen wir sie nutzen.

Mit Borussia Mönchengladbach hat der FC gleich einen starken Gegner.

Lehmann: Ja, das ist ein richtiger Brocken. Es wird keine Kampfansage von mir geben. Aber wir wollen die drei Punkte.

Die Fans können die Mannschaft dabei unterstützen, wie sie es fast immer getan haben.

Lehmann: Die meisten Fans sind top! Ich kann nur den Hut vor ihnen ziehen. Das ist alles andere als selbstverständlich! Hier hat es andere Zeiten gegeben, in denen es längst explodiert wäre. Höchsten Respekt von mir an all unsere Fans im Stadion.

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