Interview mit FC-Torwart Timo Horn Horn will wieder die Herzen der Kölner Fans erobern

Köln · Vor dem ersten Saisonspiel gegen den VfL Wolfsburg spricht der Kölner Torwart Timo Horn über das veränderte FC-Spiel, Beleidigungen in sozialen Netzwerken und das Saisonziel des 1. FC Köln.

Herr Horn, beim Pokalspiel in Wiesbaden avancierten Sie mit drei gehaltenen Elfmetern zum Matchwinner . . .

Timo Horn: Das Elfmeterschießen war Balsam für die Seele nach dem Spielverlauf. Natürlich hat mich Andreas Menger gut darauf vorbereitet, aber es gehört auch immer ein bisschen Glück dazu. Vor allem weil ein Großteil der Wiesbadener Schützen schon nicht mehr auf dem Platz stand.

Im Spiel mussten Sie dreimal hinter sich greifen. Sind Sie Leidtragender der hochstehenden Abwehr?

Horn: Das denke ich nicht. Die Frage ist: Was kann man anders machen? Wir haben uns die Szenen angesehen und analysiert. Wenn ich hinten bleibe, heißt es, der klebt nur auf der Linie. Wenn ich rausgehe, müsste ich ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen. Aber das geht ja auch nicht. Da riskiere ich einen Elfmeter, wenn ich zu spät komme. Man entscheidet sich dann für ein Mittelding, um es dem Stürmer möglichst schwer zu machen.

In der vergangenen Saison mussten Sie sich auch kritischen Fragen stellen. Fanden Sie das ungerecht?

Horn: Die Zeit ist sehr schnelllebig. Die Leute vergessen schnell, was man alles geleistet hat. Das ist vielleicht auch ein Zug unserer Zeit. Trotzdem weiß ich natürlich: Ich muss mich immer wieder aufs Neue beweisen. Das ist auch mein Ziel und mein Anspruch. Ich glaube auch, dass mir der Fußball der Ersten Liga, in der mehr mitgespielt wird, entgegen kommt. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich das Niveau wieder erreiche, auf dem ich schon mal war. Und natürlich will ich mich weiterentwickeln. Für einen Torwart bin ich mit 26 Jahren ja immer noch relativ jung.

Sie hatten zum ersten Mal in Ihrer Karriere Gegenwind...

Horn: Das stimmt. Vorher ging es immer steil bergauf. Selbst in der Abstiegssaison wurden wir ja absolut positiv von den Fans begleitet. Mit Gegenwind muss jeder Sportler umgehen können. Mein Ziel ist es, mich wieder in die Herzen der Menschen zu spielen.

Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?

Horn: Beispielsweise kann ich bei Standards noch ein Stück weit mutiger werden. Da werden mir sicherlich auch mal Fehler passieren. Die muss ich in Kauf nehmen, um besser zu werden. Die Grundvoraussetzungen habe ich. Ich muss nur im Kopf den Schalter umlegen.

Angesichts heftiger Kritik haben Sie sich aus den sozialen Netzwerken zurückgezogen.

Horn: Ich bin der Letzte, der nicht mit sachlicher Kritik umgehen kann. Aber wenn es unsachlich und beleidigend wird, dann muss man das nicht mitmachen. Mir ist zudem aufgefallen, dass ich mich ein Stück weit zu viel mit den Reaktionen beschäftigt habe. Deshalb habe ich mich zunächst zurückgezogen, auch wenn ich diejenigen, die es gut mit mir meinen, dadurch vor den Kopf gestoßen habe.

Glauben Sie, dass da eine Kampagne hinter steckt?

Horn: Man kann nicht immer alle Menschen zufriedenstellen. Natürlich darf man sich in den sozialen Netzwerken frei äußern. Aber ich habe das Gefühl, dass diese Äußerungen in den letzten Monaten extremer und unsachlicher geworden sind. Darüber klagen auch viele andere Kollegen aus der Bundesliga. Deshalb geben viele den Bereich Social Media komplett in professionelle Hände. Ich möchte einen gesunden Mittelweg dafür finden.

Zurück zum Fußball. Man sieht, dass Sie abgenommen haben.

Horn: Ja, fünf, sechs Kilo in den letzten Monaten. Ich habe meine Ernährung nach einer Beratung mit einem Experten umgestellt, weniger Zucker, weniger Kohlenhydrate. Da gehört viel Selbstdisziplin zu. Am meisten leidet aber meine Frau, denn sie muss jetzt anders kochen (er lacht). Aber ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr so verletzungsanfällig bin. Ich fühle mich besser, bin in meinen Bewegungen schneller geworden.

Haben Sie auch das Training umgestellt?

Horn: Wenn ich es einmal mit der Saison vergleiche, in der wir Fünfter wurden und den Europapokal erreicht haben, trainiere ich jetzt deutlich mehr. Neben den normalen Einheiten mit der Mannschaft nehme ich zweimal in der Woche anschließend eine 45- bis 60-minütige Krafteinheit mit ins Programm. Außerdem mache ich privat einmal wöchentlich ein Beweglichkeitstraining mit einer Trainerin. Seither habe ich deutlich weniger Wehwehchen.

Wie empfinden Sie die Stimmung in der Mannschaft?

Horn: Sehr positiv, besser als im letzten Jahr. Natürlich muss man abwarten, wie sich das entwickelt, wenn die ersten harten Entscheidungen getroffen werden. Von meinem Gefühl her haben wir aber eine gute Teamstruktur.

Die Mannschaft hat sich auch dieses Jahr wieder zusammengesetzt und ein Saisonziel formuliert. Wie lautet es?

Horn: Wir haben uns nicht nur den Klassenerhalt zum Ziel gesetzt. Damit ordnet man sich sofort ins untere Tabellendrittel ein. Wir wollen so viele Mannschaften wie möglich hinter uns lassen, möglichst schnell die magische Grenze von vierzig Punkten erreichen. Was darüber hinausgeht, wäre ein Zubrot.

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