Nach schlechter Hinrunde 1. FC Köln hat das Laufen wieder gelernt

KÖLN · Die Kölner spulen im Spiel mehr Kilometer ab als unter dem ehemaligen Trainer Peter Stöger. Der FC setzt dabei den Gegner gezielter unter Druck.

Der Blick von Timo Horn ging angesichts seiner Körperlänge von 1,92 Metern wie meist in solchen Fragerunden über die vor ihm stehenden Journalisten hinweg. Irgendwo fixierten seine Augen einen Punkt. Dann sagte er: „Der Funken Hoffnung lebt. Er wächst mit jedem Spiel.“ Der Glaube, das Fußballwunder des Klassenerhalts zu realisieren, sei zurück.

Glaube, so weiß der Volksmund, kann Berge versetzen. Genau das ist im übertragenen Sinn notwendig, damit der 1. FC Köln in der Bundesliga bleibt. Diese Überzeugung, das kürzlich noch unmöglich Scheinende zu realisieren, ist Schritt für Schritt mit jedem der drei letzten Siege zurückgekehrt. Schritte, die dem Anschein nach mehr gemacht wurden, seit Stefan Ruthenbeck das Kommando übernommen hat.

„Der Unterschied zur Zeit davor ist, dass wir ein Stück weit mehr laufen“, meinte auch Timo Horn. Doch ist das wirklich so? Um das zu überprüfen, stehen mittlerweile zahlreiche Statistikwerte zur Verfügung, die die Spieler und ihre Mannschaften gläsern erscheinen lassen.

Was nun die Laufleistung der Kölner Mannschaft anbelangt, so befindet sie sich mit durchschnittlich 115,0 Kilometern pro Spiel auf Platz elf der 18 Erstligisten. Spitzenreiter ist die TSG Hoffenheim (119,4 km), Schlusslicht Schal-ke 04 (109,8). Was nun die Zeit vor und nach dem Trainerwechsel anbelangt, so liefen die FC-Profis zur Zeit von Peter Stöger 114,7 Kilometer pro Spiel, in den fünf Begegnungen danach 116,7 Kilometer, also genau zwei Kilometer oder 1,7 Prozent mehr.

Das wirkt auf den ersten Blick, als sei es nicht entscheidend mehr. Doch es dürfte etwas anderes hinzukommen, das die Kölner besser gemacht hat. Sie gehen in ihren Läufen bissiger, aggressiver zu Werke und sie laufen mehr, wo es dem Kontrahenten weh tut: Im Bereich des gegnerischen Aufbauspiels. Ein Vorbild ist diesbezüglich Simon Terodde. Mit 11,1 Kilometern gehörte er zu den laufintensivsten Spielern in Hamburg.

Durch größeren Kader mehr spielerische Qualität

Hinzu kommt etwas, was sich nicht mit den Beinen umsetzen lässt, sondern mit dem Kopf. „Ich glaube, der Wille ist einfach wieder da“, stellte Timo Horn fest. Der trage die Mannschaft, denn „den letzten, entscheidenden Schritt zu tun, das hat mehr mit dem Kopf als mit den Beinen zu tun. Jetzt kriegen wir immer noch einen Fuß vor den Gegner, kommen noch hin“.

Hinzu kommt freilich auch, dass es kaum noch Verletzte gibt und die Mannschaft nicht mehr der Mehrfachbelastung – vor allem durch die Europapokalspiele mit ihren Englischen Wochen – ausgesetzt ist. Durch beide Faktoren ergibt sich, dass die Spieler einerseits ausgeruhter sind, andererseits ein richtiges Trainingsprogramm statt nur regenerativer Einheiten absolvieren können. Und dann besitzt Stefan Ruthenbeck aufgrund des viel größeren Kaders mehr spielerische Qualität und mehr Konkurrenzkampf um die Startelf-Plätze.

Das Gesamtgefüge hat sich also wieder normalisiert. Damit einher geht eine Aufbruchstimmung, die das neue Trainerteam verbreitet. Was von dem einen oder anderen Spieler nach viereinhalb Jahren mit Peter Stöger zunächst vielleicht abwartend betrachtet wurde, wird mittlerweile zustimmend begrüßt.

So, wie es vom Saisonstart an bergab ging, so befindet sich die Mannschaft nun in einer Aufwärtsspirale. „Auf einmal klappen Sachen, die vorher schief gegangen sind. Das Selbstbewusstsein ist zurück. Man tritt anders auf“, stellte Matthias Lehmann nach dem Sieg beim HSV fest, während Timo Horn warnte und gleichzeitig sich und den Kollegen Mut machte: „Eine Schwächephase dürfen wir uns nicht mehr leisten. Aber Totgesagte leben bekanntlich länger.“

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