1. FC Köln „So lange haben wir auf diesen Tag gewartet“

KÖLN · Köln steht Kopf. Der FC ist nach 25 Jahren zurückgekehrt auf die europäische Bühne. Entsprechend ausgelassen feierten die Spieler und Fans.

 Im Kölner Stadion ergatterte so mancher Zuschauer ein Stück vom „heiligen Rasen“.

Im Kölner Stadion ergatterte so mancher Zuschauer ein Stück vom „heiligen Rasen“.

Foto: bela

Am Ende hat jeder seine eigene Europapokalgeschichte. Der Fan, der sich nach dem Schlusspfiff in Müngersdorf ein Stück Rasen auf die Glatze legt, die Jubeltraube auf Wolf Vostells „ruhendem Verkehr“ auf dem Hohenzollernring, und all die glückseligen Studenten auf der Zülpicher Straße, die den Ball bis ins vierte Obergeschoss ledern. Es war ein rauschendes Fest, dem sich Köln nach dem Schlusspfiff in Müngersdorf hingegeben hat. Eu-ropa-po-kal! Zum ersten Mal nach einem Vierteljahrhundert.

Am Ende gab es kein Halten mehr

Schon kurz vor dem Ende des Spiels in Müngersdorf ist klar, dass diese Feier nicht ohne Platzsturm abgehen würde. „In Kopenhagen schellt das Telefon“, verkündet Stadionsprecher Michael Trippel in Anspielung auf das so oft angestimmte Liedgut. Europa League, jetzt ist es geschafft, heißt das, und mit dem Abpfiff stürmen die Fans im Rekordtempo den Rasen. „Hallelujah“ dröhnt es aus den Boxen, die Anhänger pflücken sich das Geläuf Stück für Stück als Souvenir ab. Viele schießen Erinnerungsfotos, zerlegen das Tor und verteilen das Netz. Von einem „Märchen“ spricht Timo Horn, bevor die Hymne erklingt, und manch einer ist wirklich sentimental gestimmt in diesen Minuten. Christian Judick etwa, der sich erinnert, dass er als Zehnjähriger mit seinem Vater das letzte Europacup-Heimspiel in Müngersdorf gesehen hat. Auf der Stehplatztribüne – wie heute. 2:0 gegen Celtic Glasgow hieß es damals, nun ist er 35 und hat in den letzten Jahren einiges ertragen. Ein 0:0 in der zweiten Liga gegen Sandhaufen etwa, auch ein 1:2 gegen Eintracht Trier. Viele Spiele, die immer gewollt, aber selten gekonnt waren. Und nun plötzlich Modeste, Hector und dieser Klünter. „Wir haben so lange auf diesen Tag gewartet“, sagt er.

Nun dürfen ferne Reiseziele vorbereitet werden. „Tel Aviv vielleicht oder Nikosia“, sagt Judick. „Oder in die Niederlande, nach Amsterdam.“ Udo Sondermann ist auch so einer, für den endlich Zahltag ist, Auf der Stehtribüne S5 kennt ihn jeder, weil er immer schon da war. Auch 1978 in Hamburg, als der FC letztmals Meister geworden ist. „Es war so verdient dieses Jahr“, sagt er, und: „Es wird schwer nächste Saison, aber ich freue mich auf jedes Spiel.“

Zu diesem Zeitpunkt hat die Party längst überall in der Stadt Fahrt aufgenommen. Auf den Ringen, wo der Korso startet und auf jeden Radfahrer Bierduschen niedergehen. Solche Bilder hat die Stadt das letzte Mal vor drei Jahren gesehen – nach dem Aufstieg wohlgemerkt. In jeder Kneipe, die was auf sich hält, haben die Fans mitgefiebert. Die Polizei ist danach rund um den Rudolfplatz mit vielen Kräften im Einsatz. Auf der Aachener Straße wird vereinzelt Pyrotechnik auf einige Beamte geworfen. Insgesamt bleibt es aber friedlich. Auf den Ringen trägt ein Vater seine Tochter auf der Schulter. Auf seinem Trikot steht „Risse“, auf dem der Kleinen „Podolski“. Beide singen: „Eu-ropa-po-kal“.

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