Interview mit Vizepräsident Markus Ritterbach „Der 1. FC Köln darf niemals arrogant sein“

Köln · Im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln am Montagabend in der Lanxess-Arena steht die Vorstandswahl. Mit Vizepräsident Markus Ritterbach sprach Joachim Schmidt über schwierige Jahre des Umbruchs und die positiven Aussichten.

Herr Ritterbach, Sie sind vier Wochen vor Einführung der Bundesliga im Juli 1963 geboren worden, im wahrsten Sinn des Wortes also ein Kind der Bundesliga. Welches sind Ihre ältesten Erinnerungen an den 1. FC Köln?

Markus Ritterbach: Das weiß ich noch ganz genau: Erstmals im Stadion war ich im Rahmen eines Kindergeburtstags beim Uefa-Pokalspiel des FC gegen Grasshopper Zürich.

Vor fast genau 40 Jahren...

Ritterbach: Richtig, und damit war mein Interesse geweckt. Ich habe dann meinen Vater gebeten, mit mir zu Bundesligaspielen zu gehen. Er hat’s gemacht, war aber nicht so begeistert wie ich. Danach kam die Phase, während der ich mit Freunden zum FC ging. Die schönste Zeit war aber, als ich erstmals mit meinen Söhnen im Stadion war. Vater-Söhne-Tour, das war meine angenehmste, genussvollste Zeit mit dem FC, wenngleich es sportlich mehr Frust als Freude gab. Zu feiern gab es ja nicht so viel – nur die Aufstiege.

Und wie ist es heute?

Ritterbach: Auch wieder angenehm, aber ich muss ja rund um die Spiele arbeiten.

Sie haben sich einiges aufgehalst.

Ritterbach: Zu Beginn war die Situation sehr schwierig. Zunächst suchte man Kandidaten für das Präsidium, aber niemand wollte das heiße Eisen so recht anpacken. Werner Spinner, Toni Schumacher und ich haben es dann übernommen. Es folgte der Bundesligaabstieg, und bevor wir so richtig mit der Arbeit anfangen konnten, hatte ich schon viele der Sponsoren am Telefon, die nur schimpften.

Und heute?

Ritterbach: Da rufen sie auch an, sind aber stolz und zufrieden mit dem, was hier geleistet wird und freuen sich, dass etwas Schönes wächst. Entscheidend bei einer Partnerschaft ist, dass beide Seiten glücklich sind. Sonst hält sie nicht lange.

Was ist für Sie das Wichtigste im Verhältnis des Vereins mit seinen Werbepartnern?

Ritterbach: Vertrauen. Ich hatte dabei das Glück, dass mich viele Sponsoren schon kannten und wussten, mit wem man es zu tun hat. Das war eine gute Basis, obwohl wir einen personellen Umbruch hatten und bei Null anfingen. Da stand viel Pflichtarbeit an, zu der inzwischen die Kür gekommen ist. Dadurch können wir unsere Philosophie umsetzen. Zu der gehört, dass der 1. FC Köln in keiner Weise arrogant sein darf, dass wir nah bei den Menschen sind, uns für die Stadt und die Region einsetzen.

Drohten damals Sponsoren abzuspringen?

Ritterbach: Klar. Zweite Liga und Chaos sind nicht so prickelnd für eine Marke. Aber wir haben es geschafft, die meisten zu halten. Sie vertrauten uns, glaubten an unseren Neuanfang. Inzwischen haben wir beispielsweise im Businessbereich eine sensationelle Auslastung, bei den Logen gibt es sogar eine Warteliste.

Erstmals besteht die Möglichkeit, dass die ehrenamtliche Tätigkeit finanziell vergütet wird. Warum verzichten Sie drei zunächst darauf, warum haben Sie alles um ein Jahr zurückgestellt?

Ritterbach: Das ist kein zeitkritisches Thema. Wir arbeiten erstmal weiter ohne Vergütung. Die Zahlung ist satzungsmäßig möglich, aber wir hatten jetzt genug andere Aufgaben, die vordringlicher waren. Ich halte eine finanzielle Vergütung grundsätzlich für sinnvoll, aber zum jetzigen Zeitpunkt war es nicht passend.

Wie haben Sie als Geschäftsmann damals die wirtschaftliche Situation des Vereins gesehen?

Ritterbach: Schwierig. Und die ging einher mit einem Aufgabengebiet, das schwierig zu lenken ist. Im Fußball ist man sehr abhängig von Ergebnissen auf dem Platz. Es hat uns damals im Vorstand sehr geholfen, dass Werner Spinner ein absoluter Finanzfachmann ist. Daneben kennt sich Toni Schumacher im Fußballgeschäft aus, und so haben wird den Ball als Team aufgenommen. Hinzu kam, dass der Verein inzwischen mit den Geschäftsführern Alexander Wehrle und Jörg Schmadtke absolute Spitzenkräfte sowie im Geißbockheim großartige Mitarbeiter besitzt. Da wurde ein Team gebildet, in dem ein tiefes Vertrauen herrscht.

Es ist dann mit dem Club sehr schnell bergauf gegangen...

Ritterbach: Das hatten wir damals selber nicht erwartet. Natürlich gehört da auch etwas Glück dazu. Man muss die Augen immer offen halten und vor allem die Ruhe bewahren, wenn es sportlich einmal nicht so gut läuft.

Was werden die nächsten Ziele des Präsidiums nach der zu erwartenden Wiederwahl sein?

Ritterbach: Da haben wir nicht nur die sportlichen Ziele, die mit einem erneuten Erreichen des neunten Tabellenplatzes bereits formuliert wurden. Wir wollen die wirtschaftliche Basis des Vereins weiter stärken und noch mehr soziale Verantwortung in der Stadt übernehmen. Dafür sind wir sehr aktiv in unserer Stiftung, mit deren Hilfe wir beispielsweise einige hundert Ausbildungsplätze für Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen in der Region vermitteln konnten. In dieser Richtung wollen wir neben dem Sport etwas bewegen. Aber das erfordert auch die notwendige Zeit.

Sie wollen den 1. FC Köln also nicht auf das reine Fußballspiel reduziert sehen?

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