Kolumne "EM-Stichtag" Aus in der Vorrunde

Meinung | Bonn · Am 23. Juni 2004 verliert die deutsche Nationalmannschaft bei der EM in Portugal ihr drittes Gruppenspiel mit 1:2 gegen Tschechien und ist damit ausgeschieden. Wie vier Jahre zuvor muss Deutschland schon nach der Vorrunde abreisen.

 DFB-Teamchef Rudi Völler nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der EM 2004 gegen Tschechien.

DFB-Teamchef Rudi Völler nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der EM 2004 gegen Tschechien.

Foto: dpa

Aus deutscher Sicht ist es das Bild der EM. Nach dem 1:2 gegen Tschechiens B-Mannschaft in Lissabon geht Rudi Völler auf die deutschen Fans zu, legt den Kopf etwas nach links, zieht die Schultern hoch und führt seine Arme zur Seite. Die Bewegung des Teamchefs soll heißen: Sorry, es tut mir leid, es hat nicht sollen sein, wir haben es nicht besser hinbekommen.

Wie vier Jahre zuvor ist die Nationalmannschaft in der Vorrunde ausgeschieden. Dabei hatte es beim 1:1 gegen den Mitfavoriten Niederlande noch so gut ausgesehen, doch ein blamables 0:0 gegen Lettland zeigte, dass dieses Team höheren Ansprüchen nicht genügte.

Zum ersten Mal bei einem großen Turnier dabei ist Philipp Lahm. Der 20-Jährige wundert sich über die lockere Atmosphäre im DFB-Team. In seinem Buch „Der feine Unterschied“ schreibt er einige Jahre später: „Pro Tag wird vielleicht eine Stunde trainiert, dann verziehen sich alle wieder auf ihre Zimmer. Ich glaube, dass damals viele Playstations geglüht haben.“ Auch im Blick auf die nächsten Spiele erkennt Lahm eklatante Mängel: „Es gibt keine taktischen Besprechungen. Es gibt keine Videoanalyse von kommenden Gegnern. Es gibt auch keine Videoaufzeichnungen eigener Spiele, anhand derer man die Spielweise der Mannschaft analysieren und verbessern könnte.“

Doch Lahm will all das nicht als pauschale Kritik an Völler verstanden wissen. Er wisse „von keiner Nationalmannschaft des Jahres 2004, die sich anders, professioneller vorbereitet hätte als wir“. Erst nach dem Turnier in Portugal und mit dem Amtsantritt von Jürgen Klinsmann und Joachim Löw sei im Nationalteam professioneller gearbeitet worden. „Alles, was im Training angefasst wird, hat plötzlich Hand und Fuß.“ Taktik, Leidenschaft, Kommunikation und Motivation sind die Worte, die Lahm nennt. Der Erfolg gibt den Trainern Recht. Bei den nächsten fünf Turnieren erreicht die deutsche Mannschaft stets zumindest das Halbfinale.

In der Serie EM-Stichtag erinnern wir täglich an markante Momente in der Geschichte der Fußball-Europameisterschaften.

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