BSC-Gegner Wuppertaler SV: Im Paternoster durch vier Ligen

BONN · Zum Auftakt der Regionalliga West trifft der Bonner SC am Samstag auswärts auf den Wuppertaler SV. Beide Clubs verbindet eine ähnliche Vergangenheit.

Es gab und gibt sie tatsächlich, die Stadionnamen des Grauens. Die Schauinslandreisen-Arena in Duisburg, die Trolli-Arena in Fürth oder das Montanhydraulik-Stadion in Holzwickede. Im Dschungel der teuer gesponserten Wortungetüme ist Wuppertal eine wohltuende Oase geblieben. Seit Ewigkeiten wird hier Fußball zwischen erster und vierter Liga im „Stadion am Zoo“ gespielt. 1924 eingeweiht, steht die heute 23 000 Zuschauer fassende Arena mittlerweile unter Denkmalschutz. Die schnelle Radrennbahn, auf der Weltrekorde in Serie aufgestellt wurden, ist längst Geschichte, doch es gibt weiterhin eine Besonderheit, auf die die Wuppertaler mit Stolz verweisen: Es ist das einzige Stadion weltweit mit einer Schwebebahnstation.

Was der WSV mit dem BSC gemein hat, sind nicht nur die Vereinsfarben, sondern auch ein turbulentes Auf und Ab. Immerhin spielten die Bergischen zwischen 1972 und 1975 sogar in der Bundesliga und damit eine Klasse höher als der BSC. Es war die Zeit, als „Meister Pröpper“ durch die gegnerischen Strafräume wischte und die Torhüter danach ziemlich blank aussahen.

Günter Pröpper, ein schneller und enorm kopfballstarker Mittelstürmer, wurde von den WSV-Fans später zur „Jahrhundertlegende“ gewählt. Der Torjäger hatte im Jahr des Bundesligaaufstiegs 55 von 111 Wuppertaler Treffern geschossen und in der ersten Bundesligasaison gleich noch mal 21 Tore nachgelegt. Damit war er in Deutschlands Topliga die Nummer drei hinter Gerd Müller und Jupp Heynckes.

Verstärkung vom Bonner SC

Mit Verstärkung vom Bonner SC schafften es die Wuppertaler in ihrem Premierenjahr in der Bundesliga sogar auf Platz vier. Manfred Cremer verleidete als Rechtsverteidiger den Technikern die Lust am Fußball. Der Bonner, 1970 vom BSC ins „Stadion am Zoo“ gewechselt, war als gelernter Stürmer ein Verteidiger moderner Prägung, mit viel Offensivdrang, aber – wenn es sein musste – auch kerniger Basisarbeiter. Womöglich lag's damals am furchteinflößenden Schnäuzer, vielleicht aber auch an der kompromisslosen Spielweise: Cremer verschaffte sich schnell Respekt auf dem Platz – egal ob die Gegenspieler nun Willi Lippens, Dieter Herzog, Erwin Kremers oder Jupp Heynckes, die Topstürmer der frühen Siebziger, hießen.

Seine Leistungen als eisenharter, aber auch torgefährlicher Verteidiger (fünf Saisontore) blieben nicht unbemerkt. Der „Kicker“ sah ihn am Ende der Saison 1973 in seiner Rangliste des deutschen Fußballs sogar als zweitbesten Verteidiger nach Berti Vogts. Und auch Helmut Schön, dem damaligen Bundestrainer, war der Bonner aufgefallen. „Nach einem Spiel beim FC Bayern kam er in unsere Kabine und sagte zu mir: Herr Cremer, ich habe Sie auf dem Zettel.“ Auch wenn es der einzige Kontakt zu Schön blieb, gefreut hat Cremer die Wertschätzung dennoch.

Fast wie Tasmania Berlin

Ein weiterer früherer BSC-Spieler, Heinz-Dieter Lömm, wurde 1974 zum Helden, als er mit seinem Tor im letzten Saisonspiel zum 2:2 beim VfB Stuttgart dem WSV noch gerade so die Erstklassigkeit rettete. Ein Jahr später war das dreijährige Intermezzo beendet. Mit Mühe vermieden es die Wuppertaler in der Abstiegssaison, als schlechteste Mannschaft aller Zeiten in die Ligageschichte einzugehen. Sie holten ganze zwölf Punkte und damit vier mehr als (Negativ)-Rekordhalter Tasmania Berlin in der Saison 1965/66.

Der Paternoster begann, sich in Bewegung zu setzen. Fünf Jahre 2. Liga, dann – abgesehen von einer Zweitligasaison Anfang der 90er Jahre – in Dauerschleife zwischen dritter und vierter Liga, 2013 schließlich die Bruchlandung: Insolvenz, Neuanfang in der Oberliga Niederrhein. Ein Leidensweg, den der BSC schon 2010 einschlagen musste – damit aber die Basis für den späteren Aufschwung legte. Heute sind die alten Rivalen, die sich häufig in unterschiedlichen Ligen gegenüberstanden, wieder in der Regionalliga vereint. Rot und Blau gegen Blau und Rot, zwei Traditionsvereine in einem Kult-Stadion an einem Samstagnachmittag – es gibt eine Menge uninteressanterer Spiele zum Saisonauftakt. Zumindest für Nostalgiker.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort