Liga von Neureichen und Sparfüchsen So ist der Bonner SC vor dem Saisonstart aufgestellt

Bonn · Viele Vereine wollen schnell raus aus der teuren, aber nicht profitablen Regionalliga und hoch in den bezahlten Fußball – wie Aufsteiger Uerdingen oder Viktoria Köln. Für den BSC ist die vierte Liga das höchste der Gefühle. Auftaktspiel am Samstag beim Wuppertaler SV.

Offiziell heißt es Fußball-Regionalliga West. Aber für die Abteilung West der vierten Liga gibt es eine Reihe weiterer Bezeichnungen – meist mit gewissem Negativtouch. „Schweineliga“ oder „Flaschenhals zum Profifußball“ nennen vor allem gestresste und genervte Fans die Liga, für die es gute und meist teure Spieler braucht, um aufzusteigen. Für die es aber weder TV-Gelder noch lukrative Sponsorengelder gibt – meistens jedenfalls. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

Für einige Clubs heißt es, so schnell wie möglich hoch in den richtigen Profifußball. Für den Bonner SC dagegen, der am Samstag mit dem schweren Auswärtsspiel beim Wuppertaler SV in die bekanntlich „verflixte“ zweite Saison nach dem Aufstieg startet, ist die Regionalliga das höchste der Gefühle – noch jedenfalls. „Wir wollen drin bleiben, uns etablieren“, sagen alle Offiziellen beim BSC auf Anfrage. Wer von 3. Liga redet, wird unisono als Fantast abgestempelt – zu Recht. Denn die Liga hat es in sich. Selbst für gefühlte Zweitligisten wie Rot-Weiss Essen, dessen ambitionierter Fluchtplan aus der Liga bereits in der zweiten Saison in Folge kläglich gescheitert ist. Und auch Übermannschaften wie Viktoria Köln, deren Millionenetat den des BSC um ein vielfaches überschreitet, hängen in der vierten Liga fest. Die Kölner scheiterten trotz hoher Investitionen bereits im fünften Jahr in Folge an der verhassten Relegation – deshalb Flaschenhals.

Ähnlich wie die Bundesliga ist auch die Hackordnung in der Regionalliga West recht einfach strukturiert. Da gibt es die Reichen und Ambitionierten wie Viktoria Köln, Rot-Weiss Essen und mittlerweile auch Rot-Weiss Oberhausen, die auch BSC-Trainer Daniel Zillken zum absoluten Favoritenkreis rechnet. Für die dicksten Schlagzeilen sorgt allerdings im Vorfeld der neuen Saison ein Emporkömmling: Der KFC Uerdingen wirft mit Millionen um sich und kauft die halbe Liga leer.

Auch der BSC kann davon ein Lied singen. Connor Krempicki und vor Kurzem auch noch BSC-Torjäger Lucas Musculus folgten dem Lockruf des Geldes. Der Russe Mikhail Ponomarev ist seit einem Jahr Präsident beim einstigen Bundesligisten. Der russische Unternehmer stieg bereits vor etwas mehr als zwei Jahren beim Eishockey-Traditionsclub Düsseldorfer EG ein. Pro Saison soll Ponomarev eine Summe im unteren sechsstelligen Bereich zum Etat beisteuern. Das Geld soll aus den Kassen seines Unternehmens stammen, einer russischen IT- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft.

Reichlich Profierfahrung im Kader

Ponomarev greift hart durch. Trotz des Aufstiegs musste KFC-Trainer André Pawlak gehen. „André ist ein super Mensch und wir haben ihm viel zu verdanken. Aber in vielen Gesprächen sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass er nicht der Richtige für die nächsten Schritte ist“, sagte der KFC-Präsident gegenüber „MeinKrefeld.de“. Jetzt hält Ex-Bundesligacoach Michael Wiesinger das Zepter in der Hand. In seinem Kader: hochkarätige Spieler mit reichlich Profierfahrung. „Die Regionalliga ist sehr teuer und nicht profitabel. Wir müssen versuchen, da so schnell wie möglich wieder rauszukommen“, sagte Ponomarev gegenüber „MeinKrefeld.de“.

Während die meisten Trainer Aufsteiger Uerdingen als Aufstiegsmitfavoriten sehen, ist Achim Weber, Ex-Spieler beim FV Bad Honnef und Ex-Sportdirektor beim Wuppertaler SV, anderer Meinung. „Das Modell des KFC Uerdingen ist für mich eine Totgeburt. Hier versucht jemand, der viel Geld, aber wenig Ahnung von Fußball hat, den Erfolg zu kaufen. Dieses Modell kann nur scheitern. Die Meisterschaft wird definitiv nicht über den KFC Uerdingen gehen“, sagte Weber dem „Reviersport“. Der BSC trifft bereits am zweiten Spieltag auf den Aufsteiger. Die Partie wurde auf Freitag, 4. August (19.30 Uhr, Sportpark Nord) vorverlegt.

Für BSC-Trainer Zillken zählen hinter Viktoria, Uerdingen, Essen und Oberhausen noch die U-Mannschaften der Proficlubs zum erweiterten Favoritenkreis. „Der Rest spielt gegen den Abstieg.“ Auch Alemannia Aachen, bei dem der Insolvenzverwalter das Sagen hat. „Aachen steht vor einem brutalen Umbruch“, meint der BSC-Coach. Auch die Aufsteiger TuS Erndtebrück, FC Wegberg-Beeck und Westfalia Rhynern dürften schwer mit dem Erhalt der Klasse zu kämpfen haben.

Die ersten Minuten überstehen

Der Aufgabe in Wuppertal sieht Zillken mit Spannung, aber auch mit der nötigen Gelassenheit entgegen. „Vor allem in den ersten 20 bis 25 Minuten wird es für uns sicherlich eng. Das müssen wir erst einmal überstehen“, meint der 49-Jährige. Rund 8000 Zuschauer wollen den Saisonauftakt im Stadion am Zoo sehen. Die Mannschaft von Trainer und Zillken-Intimus Stefan Vollmerhausen, die im Gegensatz zum BSC die Generalprobe mit dem 0:3 beim Südwest-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken vergeigte, will sich die uneingeschränkten Sympathien der Fans zurückerobern.

Nach toller Vorrunde und Platz vier überquerte der WSV in der abgelaufenen Saison nach lausiger Rückrunde hinter dem BSC als Elfter die Ziellinie. Das 3:0 im Sportpark Nord gegen den WSV zählt der BSC-Trainer noch heute zu den besten Auftritten seiner Elf in der abgelaufenen Saison. Mit Aleksandar Pranjes verfügt Zillken über eine Alternative mehr in der Offensive. Der 26-Jährige hatte am Mittwoch einen Einjahresvertrag unterschrieben. Kein Wunder, dass sich Vollmerhausen einen ganz anderen Gegner zum Saisonauftakt gewünscht hat. „Jeden, nur nicht den BSC.“ Die Spielplanmacher haben offenbar nicht zugehört.

Mehr zum Bonner SC gibt es hier.

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