Interview mit BSC-Leistungsträger Dario Schumacher: Dann rocken wir Hannover

Bonn · BSC-Leistungsträger Dario Schumacher spricht im GA-Interview über das DFB-Pokalspiel, den Saisonstart in Wuppertal, lange Stunden auf der Autobahn – und seinen Opa.

Zumal Schumacher inzwischen allein im Auto sitzt und nicht mehr mit Connor Krempicki. Vor dem Saisonstart am Samstag beim Wuppertaler SV sprach Gert auf der Heide mit dem vielleicht besten Distanzschützen der Fußball-Regionalliga West.

Sie pendeln jetzt allein – ohne Connor Krempicki, der zum KFC Uerdingen gewechselt ist. Hatten Sie keine Chance, ihn zum Bleiben zu überreden?

Dario Schumacher: Klar hab' ich's versucht, aber bei Uerdingen spielt Geld offenbar keine Rolle.

Wie viele Stunden saßen Sie mit Krempicki gemeinsam im Auto?

Schumacher: Die Hinfahrt von Essen nach Bonn dauert meistens so anderthalb Stunden, die Rückfahrt eine. Das sind zweieinhalb pro Tag, viermal die Woche. Dazu die Stunden auf dem Trainingsplatz und beim Spiel. Wahrscheinlich habe ich ihn mehr gesehen als meine Freundin.

Ihre Kilometerleistung im vergangenen Jahr für den BSC?

Schumacher: 1000 in der Woche, 4000 im Monat, 40 000 bis 50 000 im Jahr.

Neben Krempicki ist ja auch der beste Torjäger Lucas Musculus nach Uerdingen gegangen. Hatte die Mannschaft Verständnis dafür?

Schumacher: Hatten wir, die werden da ordentlich Kohle kriegen. Bei Connor hätte ich allenfalls erwartet, dass er in die 3. Liga wechselt.

Wie viel Geld die beiden künftig verdienen, haben sie Euch nicht gesagt?

Schumacher: Nein, es wird mehr sein als hier.

Es heißt, Uerdingen habe einen ähnlichen Etat wie Ligakrösus Viktoria Köln.

Schumacher: Vielleicht sogar noch mehr. Mit einigen Uerdinger Neuzugängen habe ich zusammengespielt. Die gehen nicht für Peanuts da rüber.

Auch Sie zählten in der vergangenen Saison gemeinsam mit Musculus und Krempicki zu den Leistungsträgern. Gab's keine Angebote?

Schumacher: Schon. Aber da war nichts dabei, was richtig Sinn gemacht hätte. Nach einem Jahr, das für mich persönlich super gelaufen ist, hätte es sich irgendwie falsch angefühlt, jetzt zu wechseln. Ich fühle mich hier wohl. Mit der Mannschaft und dem Trainerteam bin ich echt glücklich. Nur die Fahrt nervt.

War das Jahr in Bonn vielleicht sogar Ihr bestes Jahr?

Schumacher: Ich würde sagen, ja.

Welche Rolle hat Trainer Daniel Zillken dabei gespielt?

Schumacher: Bei der ersten Anfrage war ich noch nicht wirklich begeistert von Bonn, ganz ehrlich. Der Verein war immer ab- und wieder aufgestiegen. Ein ständiges Hin und Her. Der Trainer hat dann zwei Stunden mit mir telefoniert und mich überzeugt. Nachher war ich echt froh. Der Trainer wusste direkt, wie er mit mir umzugehen hat.

Wie?

Schumacher: Ich bin keiner, der ständig einen Tritt in den Hintern braucht. Ein Lob motiviert mich mehr.

Soll man gar nicht meinen, dass der grimmige Zillken auch lobt.

Schumacher: Er hat 'ne gute Mischung. Manchmal meinst du, der kann uns alle nicht leiden. Und am nächsten Tag ist er wirklich spaßig.

Wann wussten Sie, dass es der richtige Schritt war?

Schumacher: Im Training habe ich schnell gemerkt, dass wir kein Kanonenfutter sind. Ich hatte ja drei Jahre Regionalliga hinter mir.

Haben Sie die Fantasie, sich vorzustellen, dass es mit dem BSC noch einen Schritt weitergehen könnte?

Schumacher: Ich hoffe einfach, dass die Stadt, also die Wirtschaft mehr mitmacht. Dass mal ein großes Unternehmen kommt. Die Fußballfans haben wir schon aus dem Tiefschlaf geholt, wie man im Pokalfinale gegen Fortuna Köln gemerkt hat. Aber so richtig wach sind sie noch nicht. Die müssen wir jetzt packen, und wenn die nach Hause gehen, müssen sie sagen: Mensch, das war richtig geil.

Sie haben bei Alemannia Aachen auch einige Drittligaspiele gemacht. Haben Sie irgendwann gedacht, verdammt, ich könnte es als Profi schaffen?

Schumacher: Als ich aus der A-Jugend kam, waren da Spieler wie Streit oder Rösler bei der Alemannia. Da war ich stolz und dachte: Das war jetzt ein super Schritt. Sogar nach dem Abstieg mit Aachen habe ich noch daran geglaubt und bin deshalb zur Schalker U 23 gewechselt. Im ersten Jahr lief's da gut, ich war sogar einmal im 19er Kader bei den Profis im DFB-Pokal dabei, doch als ein neuer Trainer kam, habe ich oft gar nicht mehr gespielt.

Dann geht das Selbstvertrauen flöten.

Schumacher: Klar. In der letzten Saison konnte man dann sehen, was es ausmacht, wenn der Trainer hinter einem steht. Daniel Zillken hat mich auch nach schlechten Spielen wieder aufgestellt.

War's das jetzt mit dem Traum von der Profikarriere?

Schumacher: So ganz noch nicht. Ich denke, einige Vereine gucken, ob ich das gute Jahr in Bonn bestätigen kann.

Aber Sie kümmern sich schon um die Zeit nach dem Fußball?

Schumacher: Ich mache ein Fernstudium Sportmanagement und arbeite außerdem in einem Golfclub.

Was genau?

Schumacher: Alles. Rezeption, mal 'ne Schulklasse trainieren.

Ihr Großvater Heinz Hornig war mal eine große Nummer beim 1. FC Köln und sogar Nationalspieler. Tauschen Sie sich mit ihm über Fußball aus?

Schumacher: Oft. Er ist ja auch oft hier im Stadion. Ich muss mir dann immer anhören, was ich falsch gemacht habe. Wenn ich gelobt werde, weiß ich, dass ich richtig gut war.

Er ist jetzt 79. Macht er noch was im Fußball oder guckt er sich nur seinen Enkel an?

Schumacher: Ja, er scoutet für den FC. Der ist noch richtig fit, geht auf den Golfplatz. Andere in dem Alter brauchen einen Rollator.

Und was sagt Ihr Großvater, wo Sie besser werden müssen?

Schumacher: Er meint, im Zweikampfverhalten müsste ich aggressiver sein. Das liegt wohl daran, dass ich früher sogar Stürmer war und erst spät auf der Sechs gelandet bin.

Schnelligkeit?

Schumacher: Wie will man das trainieren? Ich werde kein Sprinter mehr und nie so schnell sein wie unser Daniel Somuah.

Wo haben Sie Ihre Schusstechnik her?

Schumacher: In der Jugend war ich mit meinem besten Kumpel sogar nach Spielen den ganzen Abend auf dem Platz. Wir haben dann drei, vier Stunden nur geschossen. Alles ausprobiert.

Vergangene Saison waren Sie mit ihrem Tor gegen Aachen sogar in der Auswahl zum Tor des Monats. Hatten Sie vielleicht sogar die Hoffnung zu gewinnen?

Schumacher: Neee, gegen Poldi hat man keine Chance. Letztes Länderspiel, gegen England, so ein Tor – unmöglich. Ich glaube, wir anderen hatten alle unter fünf Prozent. Trotzdem war's für mich 'ne Riesensache, andauernd im Fernsehen zu sein. Man guckt die Sportschau und sieht sich selbst. Mir haben damals irre viele Leute geschrieben.

Das Aufstiegsjahr war einigermaßen sorgenfrei in der Regionalliga. Wird das zweite schwerer, zumal ohne Musculus und Krempicki?

Schumacher: Nicht unbedingt. Ich denke, in der Defensive haben wir uns enorm verstärkt. Sebastian Spinrath hat echt Ruhe am Ball und ein gutes Aufbauspiel, könnte allenfalls ein bisschen lauter sein. Wir müssen jetzt nicht mehr so viele Tore schießen wie letztes Jahr, um zu gewinnen. Vielleicht gibt's häufiger ein 1:0 oder 2:1.

Eine charmante Laune des Spielplans beschert im ersten Heimspiel direkt den KFC Uerdingen mit den Herren Musculus und Krempicki. Wie wird das sein?

Schumacher: Wir werden ihnen die Hand geben und sie dann schön bearbeiten. Ich habe richtig Bock auf dieses Spiel.

Erzählen Sie doch mal, wie der BSC im DFB-Pokal Hannover 96 schlagen will.

Schumacher: Genauso wie wir Viktoria und Fortuna Köln im Mittelrheinpokal geschlagen haben. Hinten gut stehen und vorne auf unsere schnellen Leute bauen.

Glauben Sie wirklich daran?

Schumacher: Wer nicht daran glaubt, braucht nicht auf den Platz zu gehen. Hannover muss einen schlechten Tag haben, wir brauchen einen überragenden und die Zuschauer. Dann können wir das rocken. Gab's ja oft genug. Wir werden unseren Mann stehen.

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