Der Archivar des Bonner SC Maßgeblich in allen Zweifelsfragen
BONN · Der Weg führt über ein paar Stufen in den Keller, durch die Waschküche und schließlich in einen Nebenraum, der an zwei Wänden bis unter die Decke mit Ordnern und Ablagesystemen vollgestopft ist. Hier ist es, das größte BSC-Archiv Bonns. Deutschlands. Ach was, der Welt. Klar, macht ja auch sonst keiner.
Jochen Finger weiß nicht mehr genau, wann er sein erstes BSC-Spiel gesehen hat. Jedenfalls war es in der Gronau. "Es muss 1966 oder '67 gewesen sein", sagt der 55-Jährige. Seitdem hat er zu Hause kaum ein Meisterschaftsspiel verpasst. "Vielleicht zehn. Auswärts bin ich während einiger Saisons aber kaum mitgefahren." Dokumentiert ist dennoch alles. Jedes Meisterschaftsspiel mit Datum, Aufstellung und Torschützen. Abgeheftet in Saisonordnern mit den Artikeln aus General-Anzeiger, Rundschau und, wenn der BSC hoch genug spielte, auch "kicker". "Rund 36 000 Klarsichthüllen habe ich dafür gekauft", weiß Finger. Nur ein Spiel aus den 70ern bei Westwacht Aachen fehlt. Weil Druckerstreik war, erschienen am folgenden Tag keine Zeitungen.
Allerdings ist der Mann kein Nerd, kein Sonderling, der sich nur in seinem Keller vergräbt. Er hat Job, Frau und Sohn, aber halt ein ungewöhnliches Hobby, das mitnichten sein Leben auffrisst. "Wenn ich von der Arbeit komme, gehe ich meistens nur 30 Minuten lang bei ebay rein", sagt er. Es könnten ja irgendwo ein paar alte Gronau-Kuriere verkauft werden. Wie neulich, als Finger elf Exemplare in Österreich erstand. Inzwischen besitzt er alle BSC-Stadion-Zeitungen seit 1981, für die Zeit davor wartet noch Arbeit auf ihn.
Warum man so etwas macht? Auch deshalb, um obskure Anfragen beantworten zu können. Einmal fahndete der 1. FC Köln nach einem dritten Toni Schumacher, der angeblich in Bonn gespielt haben sollte. Dann wollte jemand etwas über die zweite Mannschaft des BSC in der Saison 1970/71 wissen. Und schließlich passierte es sogar, dass der GA Jochen Finger konsultierte, um präzise über 50 Jahre BSC berichten zu können.
