Was alles bei der Organisation eines Marathons beachtet werden muss

BONN · Für den Läufer ist es ganz einfach. Er meldet sich irgendwann an, überweist das Startgeld, bringt seine Kilometer hinter sich, isst vielleicht noch einen Teller Nudeln im Messezelt und ist wieder weg. Relativ wenig Aufwand. Die Organisation eines derart großen Volkslaufs ist jedoch ein Ganz-Jahres-Geschäft.

Der Läufer hat sich auf der Strecke wahrscheinlich nicht gefragt, wer die Absperrgitter aufgestellt, die Bühne zusammengebaut, die Moderatoren verpflichtet, die 1000 Helfer besorgt und die Nudeln gekocht hat. Aber irgendwer erledigt ja die Arbeit. Für die Marathon-Macher ist die Organisation im Grunde ein eigener Marathon. Fußballer würden sagen: Nach dem Marathon ist vor dem Marathon.

Für Kai Meesters beginnt die Vorbereitung des nächsten Laufs schon zwei Wochen nach dem alten mit einem Bilanzgespräch: "Was war gut, was war schlecht, was müssen wir anders machen?" Meesters ist schon lange dabei und hält bei MMP die Fäden zusammen, was den Bonner Marathon angeht. MMP - dahinter verbirgt sich Michael Mronz Promotion, in Deutschland eine ziemlich große Nummer in der Sport-Vermarktung. Mronz arbeitet mit Stefan Raab zusammen, organisiert das CHIO in Aachen, besorgte Sponsoren für die Leichtathletik-WM in Berlin und, und, und. Die Öffentlichkeit kennt ihn jedoch eher als Lebensgefährten von Außenminister Guido Westerwelle.

Der vergleichsweise kleine Bonner Marathon will in dieses beeindruckende Portfolio nicht so recht passen, aber dennoch lässt sich der Chef mindestens einmal rund um die Veranstaltung sehen. Der Marathon hat hausintern eine gewisse Tradition, schließlich zeichnet MMP jetzt schon zum zwölften Mal für die Organisation verantwortlich, seit der Lauf 2001 sein Comeback feierte.

Solch eine Strecke kann nicht bewältigen, wer unterwegs nicht hellwach ist. 2004 war so ein Zeitpunkt, als unbedingt etwas Neues hermusste. Die Anmeldezahlen stagnierten, die klassische Strecke von 42,195 Kilometern schien ihre Faszination verloren zu haben. "Wir haben uns dann dafür entschieden, auch einen Halbmarathon anzubieten", erzählt Meesters. Eine richtige Entscheidung, ebenso wie die Einführung des Schülerlaufs 2006 und der Staffeln 2010. Heute ist der Bonner Marathon beinahe an seiner Kapazitätsgrenze angekommen. Rund 11 000 schreiben sich inzwischen für die verschiedenen Wettbewerbe ein. Mehr geht kaum.

Mit dem Entschluss für den "Halben" war es jedoch nicht getan, er musste auch umgesetzt werden. Diese Phase beginnt nach einer kleinen "Sommerpause" im Juli. Dann stehen Gespräche mit den Sponsoren an, mit der Stadt Bonn und vor allem mit Klaus Malorny. Der ist Chef der Agentur Event Format und für die Logistik verantwortlich. Mehr als 10 000 Teilnehmer wollen schließlich betreut und durchgeschleust sein.

Ein ganz besonderes Problem ergab sich, als die Strecke 2007 halbiert wurde. Die Marathonis liefen fortan nicht mehr bis Mehlem, sondern drehten schon in der Rheinaue um und mussten zwei Runden absolvieren. Einerseits reduzierte das den Aufwand für die Organisatoren und die Stadt, andererseits drohte ein "Stau" rund um den Zielbereich. Um das Ganze zu entzerren, starten die Halbmarathonis bereits um 8.45 Uhr. Wer hingegen die volle Strecke in Angriff nimmt, muss bis 10.30 Uhr, also vergleichsweise lange warten.

Klappt alles gut, sind Ende Februar die meisten Dinge geregelt. Aber es gibt halt auch Stolperfallen. Im Sommer 2010 etwa wurden die Organisatoren damit konfrontiert, dass Titelsponsor Rheinenergie von der Fahne gehen würde. Das löste zwar keine Schockstarre aus, aber emsige Betriebsamkeit. Schließlich werden spätestens im Herbst die Werbebudgets für das Folgejahr festgezurrt. "Man fragt sich dann, wer zu dieser Veranstaltung passen würde", sagt Meesters. "Man sondiert, kontaktiert und hofft." Mit der Deutschen Post, die nun im zweiten Jahr im Boot ist, fand er jedoch schnell einen passenden Partner.

Um weiter im Plus zu bleiben, war das immens wichtig. Denn erst im sechsten Jahr schrieb MMP erstmals schwarze Zahlen mit dem Bonner Marathon. Den Einnahmen durch Sponsoren und Startgelder knapp unterhalb der Millionengrenze stehen nämlich auch hohe Kosten gegenüber: für Logistik, Messezelt, Moderatoren, Preisgelder in den Altersklassen, Finishershirts, Verpflegung und, und, und. Hinzu kommen Personalkosten. Bei MMP sind bis zu sechs Leute mit dem Marathon beschäftigt, bei Event Format am Lauftag selbst mehr als 30 Mitarbeiter.

Obwohl Meesters stets sechs oder sieben Projekte auf dem Schreibtisch hat, dominiert der Marathon momentan seinen Arbeitstag. Zwei Wochen vor dem Lauf vielleicht nur zu 60 Prozent, inzwischen zu 100 Prozent. Natürlich hat er sich im Lauf der Jahre eine gewisse Routine angeeignet und jongliert seine Verpflichtungen gekonnt. Telefonate, Pressekonferenzen, Termine vor Ort - das alles bringt ihn nicht mehr aus der Ruhe. Bevor aber nicht der letzte Läufer im Ziel ist, bleibt eine Restnervosität. "Man schließt nie aus, dass irgendwo was schiefgeht", sagt er. "Und man hofft natürlich, dass alle gesund über die Strecke kommen." Irgendwann am Sonntagabend ist der Marathon 2012 dann wirklich beendet. Aber schon in zwei, drei Wochen beginnen die Planungen für 2013.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort