Simon Rolfes Vom Reservisten zum Matchwinner

LEVERKUSEN · Als sich Bayer-Kapitän Simon Rolfes nach dem 1:0-Erfolg der Werkself über den SC Freiburg den Fragen der Journalisten tief in den Katakomben der BayArena stellte, strahlte er über beide Ohren. "Jungs, ihr könnt doch alles machen", feixte er auf die wohl nicht ernst gemeinte Frage, ob ein Kollege schreiben dürfe: "Rolfes träumt bereits vom Berliner Doppelfinale" und ließ sich ganz nebenbei von Sportdirektor Rudi Völler noch einmal herzen.

 Befreiender Jubel: Simon Rolfes nach seinem Siegtreffer gegen den SC Freiburg.

Befreiender Jubel: Simon Rolfes nach seinem Siegtreffer gegen den SC Freiburg.

Foto: dpa

In seinem Rücken - nur wenige Meter entfernt - stand Stefan Kießling mit ausdruckslosem Gesicht einem TV-Reporter Rede und Antwort. So richtig mochte sich der Leverkusener Angreifer über den Triumph seiner Mannschaft nicht freuen. Und das, obwohl Bayer nach vier sieglosen Heimspielen in Serie endlich wieder drei Zähler vor eigenem Publikum verbuchte. Kießling agierte in dem mäßigen Duell wieder einmal unglücklich.

Im ersten Durchgang fiel der Stürmer allenfalls durch falschen Ehrgeiz und unnötige Fouls auf, im zweiten Abschnitt gesellte sich eine erschreckende Abschlussschwäche dazu, als er nach mustergültiger Vorarbeit des jungen Julian Brandt alleine vor Freiburgs Torhüter Roman Bürki auftauchte und kläglich vergab.

Offensivqualitäten bewies dagegen Rolfes. Nach einer scharfen Flanke von Karim Bellarabi (33.) faustete Bürki den Ball in den Strafraum, genau vor die Füße des heraneilenden Mittelfeldspielers. Mit knapp 100 Stundenkilometern drosch Rolfes den Ball in die Maschen. "Dafür muss man als Sechser schon ein Näschen haben. So viele Chancen, Tore zu schießen, bekommt man ja nicht", freute sich der 33-Jährige, der im Dezember das Ende seiner Karriere für den kommenden Sommer bekannt gegeben hatte.

Rolfes sorgte mit dem sehenswerten Treffer für den Lichtblick in einer bis dahin äußerst schwachen Begegnung. Zuvor hatte für Bayer nur Roberto Hilpert mit einem verunglückten Schuss den Hauch einer Torchance verbucht, auf der anderen Seite musste Bernd Leno gleich zwei Mal Distanzschüsse der ansonsten harmlosen Freiburger parieren. Zunächst fischte der Keeper einen Freistoß des Franzosen Jonathan Schmid aus dem Winkel, nur eine Minute später wehrte der Schlussmann einen Schuss von Felix Klaus ab.

Kurz darauf krönte Rolfes frühzeitig seine hervorragende Leistung. Mehr als elf Kilometer legte der Bayer-Kapitän in der Partie zurück und bewies in eben diesem Moment eine fast schon ungeahnte Kaltschnäuzigkeit. "Wenn der Torwart diese Flanke nicht fangen kann, gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit, wo der Ball hingeht. Als er dann kam, hat es wunderbar geklappt", so Rolfes.

[kein Linktext vorhanden]Nach einer insgesamt durchwachsenen Saison mit Verletzungspech und zahlreichen Kurzeinsätzen strahlte der Spielführer wieder seine altgewohnte Präsenz aus. "Er will auf allerhöchstem Niveau aufhören. Und er hat heute gezeigt, dass er auf dem besten Weg dahin ist", lobte ihn sogar Bayer-Trainer Roger Schmidt.

Das Tor musste auch dem Übungsleiter einer Erlösung gleichgekommen sein. Der in der Champions League gegen Atlético Madrid noch gefeierte Offensivfußball fand gegen das Team aus dem Breisgau nicht statt. Weder die Flügelspieler Bellarabi und Heung-Min Son noch die Offensivkräfte Kießling und Hakan Calhanoglu wussten gegen das Defensivkonstrukt des SC zu überzeugen. Nur Son machte kurzfristig auf sich aufmerksam. Doch sowohl bei seinem Alleingang unmittelbar vor dem Seitenwechsel als auch bei einem satten Schuss im zweiten Durchgang blieb der Südkoreaner glücklos.

Wenige Minuten vor dem Abpfiff hätte Freiburgs Schmid die One-Man-Show von Rolfes beinahe noch getrübt. Der Franzose vergab jedoch nach einer Ecke frei stehend. "Man merkt dem Simon an, dass er noch einmal alles genießen will", erklärte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade. Und meinte damit nicht nur das entscheidende Tor. Denn Rolfes hat sich noch einiges vorgenommen: "Natürlich will ich möglichst viel von Beginn an spielen. Ich denke, ich habe ein ganz gutes Spiel gemacht und ein Tor geschossen. Ich habe mich schon ein bisschen beworben." Zum Beispiel für die kommende Partie.

Am Dienstag ist Bayer im DFB-Pokal-Achtelfinale Gastgeber des 1. FC Kaiserslautern. Gegen den Stolperstein der vergangenen Saison würde Rolfes gerne das nächste Erfolgserlebnis einfahren. Denn "Berlin ist immer eine Reise wert. Ein Finale dort ist einfach fantastisch."

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