Bayer 04 Leverkusen Leverkusen schockt Dortmund mit dem frühesten Bundesliga-Tor

DORTMUND · Es war noch rund eine Viertelstunde zu spielen und Jürgen Klopp hielt es kaum noch in seiner Coaching-Zone. Wild fuchtelnd versuchte der Dortmunder Trainer, noch eine Wende zugunsten seiner Elf zu erzwingen.

 Trainer Roger Schmidt jubelt zwischen Son und Rolfes.

Trainer Roger Schmidt jubelt zwischen Son und Rolfes.

Foto: Krause

Die grellgelbe Farbe seiner Trainingsjacke und seiner Basecap unterstrichen Gestik und Mimik - mithin nicht zu übersehen für die Schützlinge des BVB-Übungsleiters. Wenige Meter entfernt von Temperamentsbündel Klopp stand Roger Schmidt. Gleiches Alter, bis dato ohne Bundesligaerfahrung. Ob der 47-Jährige auf unaufgeregte Farben in der Wahl seiner Kleidung für den ersten Auftritt in der Eliteliga geachtet hatte?

Wie dem auch sei: Sie spiegelte sein ruhiges, unauffälliges Auftreten am Spielfeldrand. Wechselweise mit verschränkten Armen und Händen in der Tasche stand der Leverkusener Trainer in der hektischen Schlussphase da, gelassen - und gab damit den Anti-Klopp.

Fast alle in der mit 80.667 Zuschauern voll besetzten Dortmunder Arena schrien zu diesem Zeitpunkt die Gelben nach vorne - bis auf die 4500 Bayer-Fans im Leverkusener Fanblock. Sie waren Zeuge eines Spiels, in dem bereits Fußballgeschichte geschrieben worden war, als ein Teil der Zuschauer noch nicht Platz genommen hatte. 0:1 stand es, seit der neunten Sekunde. Ja, Sekunde! Leverkusens Legende Ulf Kirsten, einer der drei bisher besten Blitzstarter in 51 Jahren Bundesliga, hatte vor zwölf Jahren nach elf Sekunden getroffen.

[kein Linktext vorhanden]"Ich habe einfach draufgehalten" beschrieb Karim Bellarabi das Tor, das er aus halblinker Position nach dem ersten überfallartigen Gästeangriff im Fallen mit dem rechten Fuß erzielt hatte. Den Dortmunder Sekundenschlaf nahm Jürgen Klopp auf seine Kappe. "Den Schuh ziehe ich mir an. Dass die Mannschaft wach ist, ist meine Aufgabe", sagte der BVB-Trainer. Er werde genau überlegen, was er falsch gemacht habe, und gelobte: "Ich verspreche, das kommt nie wieder vor."

Roger Schmidts Mundwinkel umspielte ein Schmunzeln, als er zu verstehen gab, dass alles Überfallartige, von dem das Leverkusener Spiel über die kompletten 90 Minuten geprägt war, eine Frage des Systems ist. "Wir hatten vorher besprochen, sofort nach vorne zu spielen und ein Zeichen zu setzen", sagte der Mann, der 2011 und 2012 als Trainer in Liga zwei die Grundlagen des aktuellen Höhenflugs des SC Paderborn legte. Danach wurde der Westfale mit Red Bull Salzburg österreichischer Meister - und bezwang Ajax Amsterdam in der Champions League.

[kein Linktext vorhanden]Es macht den Eindruck, als habe Schmidt der aktuellen Bayer-Elf schon jetzt einen Stempel aufgedrückt. Schnelle Balleroberung, schnelles Umschalten, schnellstmöglicher Weg zum Tor: so sieht der Schmidt-Stil aus. Das größte Lob machte Matthias Ginter. "So wie Leverkusen begonnen hat, wollten wir eigentlich spielen", sagte der ehemalige Freiburger nach seinem Debüt im Borussia-Trikot.

Der WM-Fahrer scheiterte bei der einzigen wirklich großen BVB-Chance des Spiels per Kopfball am glänzend reagierenden Bayer-Schlussmann Bernd Leno. Selten in einem Bundesligaspiel entfachten die ohne ihre Weltmeister Hummels und Weidenfeller angetretenen Dortmunder so wenig Gefahr vor des Gegners Tor.

Auch wenn die Werte in der Spielstatistik (siehe Seite 2) auf den ersten Blick keine Leverkusener Überlegenheit aufzeigen: Der Sieg der Elf vom Rhein war hochverdient. Bayer wirbelte - vor allem in der großartigen ersten Halbzeit, als Dortmund Schockwirkung durch den frühen Gegentreffer zeigte - den BVB mächtig durcheinander.

Immer wieder wurde der BVB durch geschickte Positionswechsel frühzeitig aus dem Spiel genommen. Hinten boten die Innenverteidiger Ömer Toprak und Emir Spahic Überragendes, ebenso der erst 18 Jahre alte Kroate Tin Jedvaj, der Ciro Immobile abmeldete und Zweifel erlaubte, dass der letztjährige italienische Torschützenkönig zum adäquaten Ersatz für den zum FC Bayern gewechselten Robert Lewandowski werden kann.

Der Saisonauftakt in Dortmund: Vielleicht die Geburtsstunde eines neuen Leverkusener Kreisels. Auch Mittelstürmer Stefan Kießling war dank überragender Laufleistung vorne wie hinten zu finden, ein Abfang- und Torjäger in Personalunion, belohnt durch ein herrliches Kontertor in der letzten Minute der Nachspielzeit.

"Das hat Kraft gekostet, aber so müssen wir auch die nächsten Spiele angehen", sagte der Stürmer mit Blick auf das bevorstehende Rückspiel in der Qualifikation zur Champions League gegen den FC Kopenhagen (Mittwoch, 20.45 Uhr, BayArena). Für Dortmund bleibt als Trost ein Blick in die Geschichtsbücher: Auch am ersten Spieltag der Saison 2010/11 unterlag der BVB den Leverkusenern im eigenen Stadion 0:2 und Bayern bezwang Wolfsburg 2:1. Meister wurde? Richtig: Dortmund.

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