DFB-Pokal Kampf mit offenem Visier

LEVERKUSEN · Glückselige Münchner, niedergeschlagene Bayer-04-Profis. Um 23.12 Uhr, nach dem letzten verwandelten Strafstoß von Thiago, gab es für die Fußballer des FC Bayern kein Halten mehr, tief enttäuscht lagen hingegen die Leverkusener auf dem Rasen der BayArena.

 Die Entscheidung: Münchens Torwart Manuel Neuer hält gegen Leverkusens Josip Drmic.

Die Entscheidung: Münchens Torwart Manuel Neuer hält gegen Leverkusens Josip Drmic.

Foto: dpa

3:5 (0:0) nach Elfmeterschießen im Viertelfinale: Nach einem dramatischen Kapitel Pokalgeschichte haben die Bayern ihre Siegesserie im Cupwettbewerb auf 16 Siege in Folge ausgebaut und sich die Chance eröffnet, den Pott als erster Club zum dritten Mal hintereinander zu gewinnen. Dagegen ist der Traum von Bayer 04 Leverkusen vom zweiten DFB-Pokalsieg nach 1993 ausgeträumt.

"Das ist bitter, brutal", klagte Bayer-Schlussmann Bernd Leno. "Sie waren einen Elfmeter besser. Unsere Mannschaft hat noch Luft nach oben, irgendwann gewinnen wir auch ein Elfmeterschießen", sagte Sportdirektor Rudi Völler. "Elfmeterschießen ist immer vor allem Glück. Es war ein nervenaufreibendes Spiel", urteilte Weltmeister Thomas Müller. "Das Spiel hat keinen Verlierer verdient gehabt", sagte Bayern-Held Neuer.

Was in einem maximalen Pokalkampf gipfelte, hatte mit einem freundschaftlichen Handschlag zwischen den Kapitänen Philipp Lahm und Simon Rolfes begonnen. Es knisterte es schon vor dem Anpfiff wie lange nicht mehr in der mit 30 210 Zuschauern ausverkauften BayArena.

Die Werkself machte von Beginn an mächtig Druck - ohne Respekt vor dem in der Bundesliga längst weit enteilten deutschen Rekordmeister. Und tauchte schon nach zwei Minuten erstmals gefährlich vor dem Tor von FCB-Torwart Manuel Neuer auf. Nach einer weiten Flanke von Karim Bellarabi über die aufgerückte Bayern-Abwehr fehlte Julian Brandt nur ein Sekundenbruchteil, um kontrolliert abzuschließen.

Brandt, immer wieder der 18-jährige Brandt. Das offensivstarke Juwel der Leverkusener, ein feiner Techniker mit Gefühl für das richtige Timing bei Antritt und Abspiel, sorgte mit häufigen Rochaden für Wirbel in der Gästeabwehr. Gemeinsam mit Rechtsaußen Bellarabi war er an den besten Aktionen der Heimelf beteiligt.

Und die Bayern? Taten das, was angesichts der Ausfälle von Franck Ribéry (Sprunggelenk), Arjen Robben (Bauchmuskel), David Alaba (Innenbandriss) und Bastian Schweinsteiger (Kapsel) angesagt ist: Schenkten ihre ganze Konzentration zunächst der Defensive. Wie zuletzt beim 1:0-Sieg in Dortmund - wenn nötig flexibel von einer Dreier- auf eine Fünfer-Abwehrkette wechselnd - immer dann, wenn der Leverkusener Druck zu groß zu werden drohte.

So sah es Mitte der ersten Halbzeit aus, Kalle Rummenigge trieb es auf der Tribüne die Sorgenfalten ins Gesicht. Bayer 04 beeindruckte mit dem unter Trainer Roger Schmidt weiterentwickelten Power Pressing und Hochgeschwindigkeits-Angriffen. Symptomatisch: Ein Pass von Robert Lewandowski landete im Seiten-Aus unweit von Pep Guardiola, der sich daraufhin als wild fuchtelnder Dirigent gebärdete - ein Herbert von Karajan im Video-Schnellvorlauf.

Theatralik, die Wirkung zeigte. Allmählich kamen die Bayern. Und fünf Minuten vor dem Seitenwechsel schien die Dortmund-Taktik der Münchner aufzugehen, auf den genialen Moment oder einen Fehler des Gegners zu warten. Bernat durfte von links ungehindert flanken, Thomas Müller kam aus kurzer Distanz zum Schuss, scheiterte aber am rechten Knie des glänzend reagierenden Bayer-Schlussmanns Bernd Leno.

Die zweite Halbzeit - ein gänzlich anderes Bild. Bayern agierte wie auf Knopfdruck so überlegen wie Bayer in den ersten 45 Minuten. Aufreger gab es reichlich im jetzt erbittert und mit großer Härte geführten Pokalkampf. Als Wendell und Mario Götze mit den Köpfen spektakulär zusammenkrachten und doch weiterspielten.

Als Schiedsrichter Felix Zwayer aus Berlin mit einem umstrittenen Pfiff ein Tor von Lewandowski nicht anerkannte (60.), weil der FCB-Stürmer die Hände vor seinem Kopfball nicht von Ömer Toprak lassen konnte. Und als binnen 60 Sekunden die Torleute Neuer (gegen Bellarabi) und Leno (gegen Lewandowski) jeweils in Weltklassemanier parierten (65.). Und der anfangs so starke und später entkräftet abgetauchte Brandt? Er hatte auf Flanke Bellarabis den Siegtreffer auf dem Fuß.

Nachspielzeit und Verlängerung: Ein Kampf mit offenem Visier. Oft über die Grenze des Erlaubten hinaus. Unrühmlicher Höhepunkt: Thiago trifft Bayer-Stürmer Stefan Kießling im Stile eines Kickboxers schätzungsweise zwei Meter über der Grasnarbe am Kopf. Dunkel-Rot eigentlich, doch Zwayer zeigt nur die gelbe Karte, Kießling muss ausgewechselt werden, Übeltäter Thiago wird gnadenlos ausgepfiffen.

Der Rest: Pokalgeschichte. München schaut nur nach vorne. Nach Berlin.

DFB-POKALViertelfinale

VfL Wolfsburg - SC Freiburg 1:0

Bor. Dortmund - TSG Hoffenheim n.V. 3:2

Arminia Bielefeld - M'gladbach n.E. 6:5

Bayer Leverkusen - FC Bayern n.E. 3:5

Halbfinale: 28./29. April

Arminia Bielefeld - VfL Wolfsburg

FC Bayern München - Borussia Dortmund

Finale: 30. Mai in Berlin

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