Baskets zahlen Steuern auf gemeinnützige Jugendarbeit

BONN · Die Telekom Baskets sind mit ihrem Latein am Ende: Die Stadt Bonn kassiert für das Ausbildungszentrum und die gemeinnützige Jugendarbeit Steuern. Nun schalten sich Politiker ein.

Als der General-Anzeiger im vergangenen Jahr die Erlebnisse eines Südstadtwirts mit der Bürokratie schilderte, erzeugte das bei vielen Lesern verständnisloses Kopfschütteln: Ein Amt im Bonner Stadthaus hatte dem Mann ausdrücklich zur Erweiterung seiner Außengastronomie ein städtisches Grundstück vermietet; anschließend verweigerte ein anderes Amt im Stadthaus ebendiesen Zweck, obwohl der Wirt in gutem Glauben bereits 10.000 Euro investiert hatte. Wie jetzt bekannt wurde, leidet der Verein Telekom Baskets Bonn seit 2009 unter einem ähnlichen Ämtergezerre, das im Ergebnis dazu führt, dass die gemeinnützige Jugendarbeit des Vereins besteuert wird.

CDU, FDP, Grüne und Bürger Bund Bonn (BBB) stellten jetzt einen gemeinsamen Antrag für die nächste Ratssitzung am 1. März. Darin fordern die vier Fraktionen die Stadt auf, dem Telekom Baskets Bonn e.V. die seit 2009 eingezogene Grundsteuer B in Gesamthöhe von mehr als 90.000 Euro teilweise über einen Zuschuss zu erstatten, ohne dass dies zu Lasten des städtischen Sport-Etats gehen dürfe.

An der Entstehungsgeschichte des Problems sind nach GA-Informationen gleich vier städtische Ämter beteiligt: das Amt für Wirtschaftsförderung, das 2006 den Bau des Telekom Domes innerhalb der Verwaltung koordinierte; das Sportamt, das sich darüber freute, ab Mitte 2008 jährlich 5500 freigewordene Hallenstunden in rund zehn städtischen Sportstätten neu an andere Vereine verteilen zu können; ferner das Bauordnungsamt, das dem Telekom Dome bislang eine Dauergenehmigung für nichtsportliche Veranstaltungen versagt und neue, teure Gutachten über Schall und Verkehr forderte (als könnte etwa ein Konzert mehr Lärm und Stau verursachen als ein ausverkauftes Heimspiel gegen Alba Berlin); schließlich das Steuer- und Katasteramt, das im Telekom Dome eine sprudelnde Geldquelle sieht - ungeachtet dessen, dass der Komplex inklusive Ausbildungszentrum (ABZ) zur Hälfte gemeinnützig genutzt wird und für nichtsportliche Veranstaltungen keine dauerhafte Genehmigung besteht.

ABZ ist "hochwertigste Infrastruktur-Maßnahme im Nachwuchsbereich"

Der Bau des ABZ für rund 500 Kinder und Jugendliche wurde vergangenes Jahr von der Basketball-Bundesliga als "hochwertigste Infrastruktur-Maßnahme im Nachwuchsbereich" ausgezeichnet. Nicht von ungefähr gehören gleich drei Spieler aus der eigenen Jugend zum aktuellen Erstligakader, der als einzige Mannschaft der Baskets wirtschaftlich und organisatorisch nicht vom e.V., sondern von der BonBas GmbH verantwortet wird.

Einmalig in Bonn und vermutlich in der gesamten Republik ist aber auch die städtische Besteuerung gemeinnütziger Jugendarbeit. Konkret geht es um die Grundsteuer B. Denn bei dem Grundstück, auf dem der Telekom Dome der BonBas GmbH (s. Info-Kasten) sowie das angrenzende ABZ stehen, handelt es sich formal um eine Gewerbe-Immobilie, und mit Gewerbe-Immobilien wird gewöhnlich Geld verdient. Tatsächlich aber wird das Innenleben der Gebäude zur Hälfte gemeinnützig vom Telekom Baskets Bonn e.V. mit seinen rund 30 Nachwuchsteams genutzt, und nach deutschem Recht entfällt für gemeinnützig genutzte Flächen die Grundsteuer.

Im ABZ jagen auf drei Spielflächen Kinder und Jugendliche dem Ball nach - in den Augen des städtischen Steueramtes auf einer "Gewerbefläche". Die Stadt hat allein für den gemeinnützigen Teil der Nutzung seit 2009 mehr als 90.000 Euro Grundsteuer B eingezogen, womit der Baskets-Fan gleich hochrechnet, welche Auswirkungen dies auf den Spieler-Etat des fünfmaligen Vizemeisters in der Bundesliga hat. Zum Vergleich: Die Stadt Bremerhaven sponsert ihre "Eisbären" jährlich mit etwa dem gleichen Betrag als Werbeträger, anderswo spielen Erstliga-Teams fast für lau in nagelneuen städtischen Hallen.

Im Verein wachsen die Existenzängste

Jan Pommer, Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga (BBL), kann darüber nur den Kopf schütteln: "Die Clubs erhalten an einem BBL-Standort im Schnitt Leistungen aus dem direkten kommunalen Verantwortungsbereich, deren wirtschaftlicher Wert grob zwischen 50.000 und 600.000 Euro pro Jahr liegt. Die Bonner Baskets hingegen müssen für ihre ausgezeichnete Jugendarbeit auch noch Steuern zahlen."

Die Crux des Steuerdramas auf dem Hardtberg liegt in der speziellen Baskets-Konstruktion: hier GmbH, dort gemeinnütziger Verein. Weder der Wirtschaftsprüfer, der einst den Business-Plan für den Neubau erstellte, noch die Stadtkämmerei, die den Business-Plan prüfte, hatten die Grundsteuer B auf dem Schirm.

Da auf diesem Wege seit 2009 von rund 100.000 Euro Mitgliedsbeiträgen pro Jahr ein Drittel in der Stadtkasse landet, wachsen im Verein die Existenzängste, zumal die Sportstättennutzungsgebühr, gegen die sich Bonns Vereine wehren, von den Baskets ohnehin schon in Form von Betriebskosten (Energie, Heizung, Reinigung) getragen wird; ganz zu schweigen vom Kapitaldienst für das ABZ.

Vorstand des Vereins hat sich an Ratsfraktionen gewendet

Dabei war es die Stadt selbst, die im Rahmen des Vertrages für den Drei-Millionen-Zuschuss die gemeinnützige Nutzung zur Auflage machte: "Die BonBas GmbH ist verpflichtet, die Nutzung auch für den Breitensport und als Ausbildungszentrum zu gewährleisten."

Vom Zuschuss flossen gleich 1,2 Millionen zurück ins Stadthaus (für den Kauf des Grundstücks), zudem berechnete die Verwaltung für das Ehrenämtler-Projekt rund 160.000 Euro Baugebühren. Weil unterm Strich gar nicht genug Geld vom Stadt-Zuschuss übrig blieb, um das ABZ für die eingeforderte Nachwuchsarbeit zu bauen, spendeten unzählige Bonner Bürger für das ABZ insgesamt 130.000 Euro.

Schon vor eineinhalb Jahren reklamierte Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich bei Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch eine "faire Behandlung". Der OB übergab das Anliegen seinem Steueramt. Und das entschied kürzlich: kein Spielraum. Das bestätigte jetzt auf GA-Anfrage das städtische Presseamt: Paragraf 3 des Grundsteuergesetzes sehe eine Befreiung nur bei ausschließlich gemeinnützig genutztem Grundbesitz vor. An diesen Paragrafen, der keine Mischformen vorsieht, habe sich die Stadt zu halten. Konkretere Auskünfte dürften jedoch im Interesse des Steuergeheimnisses nicht erteilt werden.

Deshalb hat sich der Vorstand des Vereins in seiner Not nun an alle im Rat vertretenen Parteien und deren sportpolitische Sprecher gewendet - in der Hoffnung, dass die bestehende Ungleichbehandlung repariert wird.

"Die Stadt melkt eine Kuh, die sie nicht grasen lässt."

Zur Erinnerung: Einst wurde der geplante Bau auf dem Hardtberg innerhalb von Verwaltung und Politik als "Risikoprojekt" eingeschätzt, weil ein Sportclub als Bauherr fungierte. Denn da wurde kein Geräteschuppen geplant, sondern Bonns größte Versammlungsstätte, die 6000 Zuschauer fasst. Man befürchtete, der Bau käme teurer als kalkuliert, und am Ende müsse die Stadt zuschießen. Als es wirtschaftlich eng wurde, pflasterten Hundertschaften von Freiwilligen die Außenflächen. Fazit: Baukosten eingehalten, sämtliche Auflagen der Stadt erfüllt, Bonn um ein architektonisches Schmuckstück bereichert.

Doch seither forciert die "Sportstadt Bonn" selbst das wirtschaftliche Risiko - über die Besteuerung gemeinnütziger Jugendarbeit und die immer noch fehlende Dauergenehmigung für nichtsportliche Veranstaltungen. Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich: "Wenn wir damals gewusst hätten, wie die Stadt uns behandelt, nachdem die Halle steht, hätten wir das Abenteuer niemals gewagt. Die Stadt melkt eine Kuh, die sie nicht grasen lässt."

Die Baskets und der Telekom Dome

BonBas GmbH: Sie ist der wirtschaftliche Träger des Bundesliga-Teams der Telekom Baskets Bonn und Bauherr des Telekom Dome sowie des Ausbildungszentrums (ABZ). Die GmbH hat für beide Immobilien einen Kredit von 6,0 Millionen Euro aufgenommen.

Telekom Dome: Zu den Baukosten von rund 16,5 Millionen Euro steuerte die Stadt Bonn einen Zuschuss von 3,0 Millionen Euro bei. Städtische Auflage für die GmbH: Bau eines Ausbildungszentrums (ABZ), das dem Verein Telekom Baskets Bonn e.V. für zehn Jahre zur Verfügung zu stellen ist. Im Gegenzug machte der Verein mehr als 5500 Stunden in 13 städtischen Hallen für andere Sportvereine frei. Von dem städtischen Zuschuss wurden für das Grundstück inklusive Notarkosten und Grunderwerbssteuer (1,2 Millionen Euro) sowie städtische Baugebühren (160.000 Euro) zurück an die Stadt gezahlt.

Telekom Baskets Bonn e.V.: Der gemeinnützige Verein zählt 550 Mitglieder (davon 90 Prozent Kinder und Jugendliche). Damit ist er der achtgrößte Basketballverein Deutschlands. Rund 30 Kinder- und Jugendteams nehmen am Spielbetrieb teil, davon in Kooperation mit dem Rhöndorfer TV zwei Teams in der U16- und U19-Bundesliga. Der Telekom Baskets Bonn e.V. und der Rhöndorfer TV bilden die größte Basketball-Kooperative Deutschlands.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort