Interview mit Basketball-Nationalspieler NBA-Neuling Tibor Pleiß beim Trainingscamp in Bonn

Bonn · Tibor Pleiß ist bei der Nationalmannschaft, die sich im Telekom Dome auf die Basketball-EM mit der Vorrunde in Berlin (5. bis 20. September) vorbereitet, nur Zuschauer. Und er ist der gefragteste Interviewpartner. Da besteht ein Zusammenhang.

 Ragt mit 2,18 Metern Körpergröße hinaus: Tibor Pleiß.

Ragt mit 2,18 Metern Körpergröße hinaus: Tibor Pleiß.

Foto: dpa

Pleiß wechselt zu den Utah Jazz in die NBA und die gestattet ihren Spielern nur 35 Tage Mitwirken bei den Nationalmannschaften. Also darf Pleiß erst Anfang August richtig einsteigen. Mit ihm sprach Tanja Schneider.

In diesen Tagen ist viel von Traum und träumen die Rede, wenn es um Sie und ihre Basketball-Karriere geht. Haben Sie tatsächlich mal im Schlaf von der NBA geträumt?
Tibor Pleiß: Ja, aber mit dem Träumen ist das ja so 'ne Sache. Am nächsten Morgen wacht man auf und kann sich nur noch an Bruchstücke erinnern. Es waren ein paar Highlights dabei, wie ich auf dem Platz stand und den Ball in den Korb gehämmert habe. Ja, es kam in den letzten Jahren vor - wie solche Träume vorkommen, wenn einen etwas innerlich sehr beschäftigt.

Der Traum im übertragenen Sinne...
Pleiß: Genau. Basketball bestimmt mein Leben. Ich wollte ganz nach oben kommen, seit ich elf Jahre alt war.

Und wie sah der Beginn des Traums in der Realität aus? Wann kam der Anruf?
Pleiß: Da war ich gerade echt geknickt. Wir hatten mit Barcelona das spanische Pokalfinale gegen Real Madrid verloren. Und als ich das Handy wieder anmachte, war da der Anruf von meinem Agenten, der sagte, dass Oklahoma die Rechte an mir nach Utah abgegeben hatte.

Hatten oder haben Sie denn einen Lieblingsverein in der NBA?
Pleiß: Was soll ich sagen? Utah Jazz - auf jeden Fall! Nein, ohne Witz: Ich bin froh, dass ich jetzt bei diesem Verein bin, besser hätte es gar nicht kommen können. Es ist ein sehr junges Team, in dem ich mit 25 Jahren zu den Ältesten gehören werde.

Der Amerikaner in der BBL erhält ja gern Päckchen aus der Heimat mit, zum Beispiel Erdnussbutterzeugs. Was müsste in Ihrem Päckchen aus der Heimat sein?
Pleiß: Dunkles Brot ist mir wichtig. Weißes ist nicht so gesund und schmecken tut's mir auch nicht. Sonst eigentlich nichts. Mit Süßigkeiten hab ich's nicht so. Nach drei Gummibärchen würde der Rest rumliegen. Dunkles Brot reicht, aber wenn das dann in den USA ankommt, also ich weiß nicht...

Die Station Spanien sollte Sie 2012 aufs nächste basketballerische Level bringen. Was genau musste denn da noch verbessert werden?
Pleiß: Zum einen musste ich körperlich noch zulegen, zum anderen war mir der Auslandsaufenthalt generell wichtig.

Jetzt geht es auf's nächste Level - und zwar auf das höchste: die NBA. Was wollen und müssen Sie da noch verbessern?
Pleiß: Ich denke, ganz viel. Neue Trainer, eine neue Kultur, neuer Basketball-Style - sehr schnell, sehr beweglich, sehr athletisch.

Und was macht Sie vor diesem Schritt selbstbewusst?
Pleiß: Einfach, dass ich mir genau das immer erträumt habe. Daraus ziehe ich die Motivation, noch mehr zu geben und mich reinzuhängen. Ich liebe die Herausforderung und habe mich Schritt für Schritt weiterentwickelt. Jetzt geht es in kleinen Schritten kontinuierlich weiter. Und: Ich freue mich drauf.

[kein Linktext vorhanden]Die NBA-Clubs gestatten ihren Spielern nur 35 Tage Einsatzzeit bei ihren Nationalteams. Dirk Nowitzki und Dennis Schröder kommen erst später dazu, warum ist es Ihnen so wichtig, jetzt schon dabei zu sein - obwohl Sie, streng genommen, nicht viel mehr als zusehen dürfen?
Pleiß: Letztes Jahr konnte ich bei der EM-Qualifikation nicht dabei sein, weil ich in Barcelona noch keinen Vertrag hatte. Es war mir jetzt wichtig, den Anschluss wiederzufinden und ins Team reinzukommen. Wo kann man sich besser auf die Nationalmannschaft vorbereiten als bei der Nationalmannschaft? Man bekommt die Systeme mit, man kann den Physio oder den Athletiktrainer in Anspruch nehmen.

Sie sind ja hier außerdem ganz heimatnah - haben Sie Ihre Eltern in Dellbrück schon besucht?
Pleiß: Na klar.

Wir sind in Bonn, Ihre Heimat ist nicht weit. Sind die Telekom Baskets jemals ein Thema für Sie gewesen?
Pleiß: Ich meine, mich dunkel zu erinnern, dass da mal was war, als ich 2009 aus Köln wegging. Ich bin nicht ganz sicher, aber da hat Bonn, glaube ich, mal Interesse bekundet. Aber ich bin ja dann nach Bamberg gegangen.

Es ist das erste Zusammentreffen des Nationalteams mit Chris Fleming, den Sie ja bestens aus gemeinsamen Bamberger Zeiten kennen. Wie ist er denn, der neue Bundestrainer?
Pleiß: Wie damals, sehr nett. Ich verstehe mich gut mit ihm. Er liebt die Herausforderung, hat sein Ziel klar im Blick und bereitet seine Teams gut auf ihre Aufgaben vor.

Wie sprechen seine Spieler ihn an - Du/Sie/Chris/Coach?
Pleiß: Ich sage Coach. Des Respekts wegen. Abseits des Platzes kann man auch Chris sagen, aber auf dem Platz muss man den Respekt wahren. Er ist derjenige, der das Sagen hat.

Wie schätzen Sie das Nationalteam ein?
Pleiß: Ähnlich wie das Utah-Team: sehr jung, ich gehöre zu den Erfahreneren und nehme gerne eine Rolle als Führungsperson ein. Alle sind sehr motiviert. Es ist eine starke deutsche Nationalmannschaft - und einige starke Spieler sind aufgrund von Verletzungen noch nicht mal dabei.

Also hat die Deutschen-Quote in der BBL das Ziel "Stärkung der Nationalmannschaft" erreicht...
Pleiß: Auf jeden Fall - auch wenn es nicht für alle Vereine leicht ist, das zu erfüllen. Insgesamt ist das sicher positiv.

Und wie schätzen Sie die EM-Gruppe ein? Mit Island, der Türkei, Spanien, Serbien und Italien haben Sie da einige dicke Bretter zu bohren.
Pleiß: Alles total einfach. Kinderspiel. (Pause) Nee, es ist eine Mordsgruppe und wird verdammt schwer, sich da durchzukämpfen. Wenn wir das schaffen, wird es nicht einfacher, aber wir sind zumindest schon mal auf das, was dann noch kommt, gut vorbereitet. Das muss man jetzt einfach als Herausforderung sehen. Dann wären wir unserem Ziel schon mal einen Schritt näher.

Und das Ziel wäre?
Pleiß: Die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio. Wenn wir auf die Plätze eins oder zwei kämen - das wäre ein Traum. Schon wieder ein Traum. Aber auch mit Platz drei bis sechs könnten wir sehr zufrieden sein, dann wären wir im nächsten Jahr beim Olympia-Qualifikationsturnier dabei.

Singen Sie die Hymne mit oder nicht?
Pleiß: Gehört dazu!

Mit 2,18 Metern sind Sie der Längste im deutschen Team. Wann hat Ihnen die Körpergröße zuletzt geholfen - außer beim Basketball?
Pleiß: Neulich im Supermarkt. Da hat eine Frau vergeblich versucht, Milch aus dem obersten Regal zu angeln. Da konnte ich helfen.

Und wann haben Sie die 2,18 Meter zuletzt genervt?
Pleiß: Eigentlich immer, wenn jemand auf mich zukommt, um zu sagen: Wow, Du bist aber groß. Dann denke ich mir: Ja, ist mir auch schon aufgefallen.

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