Einzelgänger abseits des Rampenlichts: Welp gestorben

Seattle · Im Moment des größten Triumphs in der deutschen Basketball-Geschichte wollte Christian Welp einfach nur weg. Als der 2,12 Meter große Hüne das Heimteam zum EM-Titel 1993 geführt hatte und seine Teamkollegen über das Parkett tollten, stürmte Welp direkt Richtung Kabine.

 Christian Welp (Nr. 9) galt als Einzelgänger. Foto: Bernd Settnik

Christian Welp (Nr. 9) galt als Einzelgänger. Foto: Bernd Settnik

Foto: DPA

Auch nach seiner Final-Gala beim 71:70 gegen Russland wurde der Center dem Ruf als Einzelgänger gerecht. Als "total zurückhaltend, total ruhig" beschrieb Michael Koch einmal seinen ehemaligen Teamkollegen. Im Alter von 51 Jahren ist Welp nach Angaben seiner früheren Universität nun in den USA gestorben.

Weggefährten beschreiben den gebürtigen Niedersachsen aus Delmenhorst als einzigartigen Charakter. Auch als die Europameister im Sommer 2013 zum 20-jährigen Klassentreffen in München zusammenkamen, fehlte Welp als Einziger. "Christian war ein ganz ruhiger, ausgeglichener Charakter, der nie im Rampenlicht stehen wollte", erinnert Hansi Gnad, Kapitän der 93er Mannschaft. "Nordländer halt - einfach sympathisch anders und am Boden geblieben."

Vor dem Heim-Turnier hatte Welp bereits seit sechs Jahren nicht mehr für das Nationalteam gespielt, eigentlich wollte ihn der spätere Europameister-Coach Svetislav Pesic gar nicht berücksichtigen. Am Ende ließ der Trainerfuchs die Mannschaft über die Nominierung Welps entscheiden. "Wir haben gesagt, dass es uns nur helfen kann", erinnerte sich Mitspieler Gunter Behnke in einer Dokumentation des "Bayerischen Rundfunks". "Als Team ist es uns wichtig, wenn er kommen würde. Wir haben mit Händen und Füßen auf ihn eingeredet."

Obwohl Welp nur gut elf Zähler im Schnitt machte, wurde er zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt, dominierte im Finale mit 18 Punkten. Trotz seiner Größe war er der Zeit voraus, punktete auch aus der Distanz, ebnete den Weg zum modernen Spiel eines Centers.

Vor zahlreichen Titeln in Europa mit Bayer Leverkusen, Olympiakos Piräus und ALBA Berlin schaffte Welp mit diesen Qualitäten als erst vierter deutscher Profi auch den Sprung in die NBA. "Er war unglaublich talentiert, als Philadelphia ihn gedraftet hat, war er der beste Uni-Center in den USA", schwärmt Pesic noch heute von Welp, dem er sogar mehr Talent als dem damaligen deutschen NBA-Star Detlef Schrempf zuschreibt.

Nach seiner aktiven Karriere, die er 1982/83 beim damaligen Bundesligisten BC Giants Osnabrück begonnen hatte, agierte Welp noch als Assistenztrainer von Dirk Bauermann bei der deutschen Nationalmannschaft. Sein Schützling habe eine "wichtige Rolle" beim Silbergewinn 2005 gehabt, berichtete der langjährige Nationaltrainer. Auch Bauermann hatte zuletzt vor längerer Zeit mit Welp telefoniert - die Nachricht aus Übersee traf den kompletten deutschen Basketball am frühen Montagmorgen wie ein Schock.

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