WM in London Van Gerwen protzt auf dem Darts-Thron: "Keinem eine Chance"

London · Der Dominator ist wieder ganz oben: Michael van Gerwen ist nach seinem dritten WM-Titel vor allem von sich selbst beeindruckt. Ein Ende seiner Vormachtstellung ist nicht absehbar.

 Michael van Gerwen wurde zum dritten Mal Darts-Weltmeister.

Michael van Gerwen wurde zum dritten Mal Darts-Weltmeister.

Foto: Steven Paston/PA Wire

Den spontanen Arroganz-Anfall konnte sich Michael van Gerwen als alles überragender Spieler der Darts-Welt locker leisten.

"Ich glaube, keiner kommt momentan an mich ran. Ich habe keinem die Chance gegeben, mich zu schlagen. Ich habe keine Fehler gemacht und die richtigen Entscheidungen getroffen", protzte "Mighty Mike" als neuer Weltmeister nach seinem 7:3-Finalsieg über Michael Smith wahrheitsgemäß, aber nicht ohne überbordendes Selbstlob. Angesprochen auf seine acht verlorenen Sätze im kompletten Turnier entgegnete der niederländische Dominator der Pfeile: "Das sind immer noch zu viele!"

Für van Gerwen bedeutete der dritte WM-Titel nicht nur, dass er im blauen Konfettiregen die 25 Kilogramm schwere Sid-Waddell-Trophy hochrecken und sich über ein Rekord-Preisgeld von 500.000 Pfund freuen durfte. Der Triumph im Londoner Alexandra Palace ist für van Gerwen vor allem Bestätigung und Genugtuung. "Eigentlich hätte ich dieses Turnier schon mehr als dreimal gewinnen müssen. Ich muss noch härter an mir arbeiten", drohte van Gerwen, der nach 2014 und 2017 zum dritten Mal auf dem Thron steht, der schon in diesem Jahr weitgehend chancenlosen Konkurrenz.

Nach Rekord-Champion Phil Taylor (14 PDC-WM-Titel) ist van Gerwen der erste Darts-Spieler, der sich mindestens dreimal zum Weltmeister der Professional Darts Corporation krönt. "Es ist ein großartiges Gefühl, dass ich mich selbst so nennen darf. Jetzt ist es Zeit für Urlaub", sagte der 29-Jährige. Für ihn endet ein weiteres turbulentes Jahr, in dem er trotz 20 Saisontiteln immer wieder kritisiert und in Frage gestellt wurde. Eine objektive Basis dafür gibt es kaum, van Gerwen steht nun seit über fünf Jahren an der Spitze der Weltrangliste.

Das Endspiel gegen "Bully Boy" Smith, der bei seinem Finaldebüt etwas nervös wirkte, war ein Abziehbild des kompletten Turniers. Über kurze Phasen kann man van Gerwen sehr gut ärgern, über die lange Distanz von eineinhalb Stunden ist "The Green Machine" derzeit einfach zu stark.

"Jeder weiß, dass ich auch schwierige Phasen in diesem Jahr hatte, aber diesen Titel zu gewinnen ist alles, was zählt. Es ist das beste Gefühl auf der Welt", sagte van Gerwen. Das zeigte der Familienvater auch: Er reckte die Trophäe nach vorne, in die Höhe, küsste den riesigen Pokal und spielte damit. Für van Gerwen wirkte der dritte WM-Titel wie eine große Erleichterung.

Seine langjährigen Rivalen Gary Anderson aus Schottland und der bereits zurückgetretene Taylor hatten bis zuletzt gestichelt. "The Power" Taylor tippte auf seinen früheren Zögling Adrian Lewis als Weltmeister, der dann mit 1:4 gegen van Gerwen verlor. Am Neujahrsabend schickte Taylor per Twitter auch keine Glückwünsche, sondern Werbebotschaften für ein Event im kommenden Mai. "The Flying Scotsman" Anderson hatte nach seiner eigenen 1:6-Pleite gegen van Gerwen immerhin Smith zugetraut, dem Favoriten den WM-Titel zu entreißen. Auch damit wurde es nichts.

Van Gerwen ist nicht nur ein Mann der besonders präzisen Pfeile, sondern auch ein Mann der besonders großen Worte. Lebhafte Phrasen wie "habe ihn zerstört" nach besonders deutlichen Siegen sind bei dem Niederländer keine Seltenheit. Der frühere Auszubildende als Fliesenleger ist deshalb bei den Fans nicht besonders beliebt und wird immer wieder ausgepfiffen, so auch am Finalabend in London.

Auf dem Weg zum so sehr ersehnten dritten WM-Titel im Alexandra Palace gab es nur anfangs einen Rückschlag: Den handelte sich van Gerwen schon vor dem ersten Spiel und relativ unverschuldet ein, als ihm ein Fan einen vollen Bierhumpen ins Gesicht kippte. Van Gerwen wechselte sein T-Shirt und gewann in den folgenden drei Wochen souverän alle sechs WM-Partien. An Neujahr war die Bier-Episode längst vergessen. "Jeder weiß, dass mir diese Trophäe die Welt bedeutet", sagte er bei Sport1. "Es gibt für mich nichts größeres als diesen Titel - außer meine Familie."

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