Radprofi aus Rheinbach So erlebt Christian Knees den Giro d'Italia

Rheinbach · Der Rheinbacher Radprofi Christian Knees bestreitet in Italien seine 20. große Rundfahrt. Beim neu gegründeten Team Ineos ist der 38-Jährige ein Mentor für seine jungen Teamkollegen.

Am Dienstagmorgen war der Rheinbacher Radprofi Christian Knees vor der zehnten Etappe des Giro d'Italia 2019 im Hotel nahe Venedig kurz nach dem Frühstück entspannt. Und das trotz der bevorstehenden Belastung. Vor ihm lagen 145 anspruchsvolle Kilometer von Ravenna nach Modena. Knees: „Das ist eine Flachetappe, bei der es viel um Taktik geht. Erst in zwei Tagen wird es richtig anstrengend, wenn es zu den Bergetappen geht.“

Der erfahrene 38-Jährige hat schon etliche große Rundfahrten hinter sich. Der Familienvater, der in Wormersdorf wohnt, fährt momentan seine 20. Grand Tour. Stolze neun Jahre hat der 194 Zentimeter große und drahtige Radsportprofi im britischen Top-Team Sky als Helfer seinen Kapitän unterstützt. Knees hatte großen Anteil an den Triumphen von Chris Froome. „Das war eine tolle Zeit für mich und ich bin hochprofessionell über beinahe ein Jahrzehnt in einem starken Team unterwegs gewesen. Jetzt freue ich mich aber auf meine neue Aufgabe“, sagt Knees.

Neue Aufgabe bedeutet für ihn „neues“ Team: Knees ist während der Saison von Sky zum britischen Team Ineos gewechselt. Ineos ist das Nachfolgeteam von Sky, in dem es immer wieder Dopingspekulationen um Superstar Chris Froome gab. Zwischenzeitlich ermittelte auch die britische Anti-Doping-Agentur gegen das Team. Es konnten aber keine Verstöße nachgewiesen werden. Im Dezember hatte Sky angekündigt, sich zurückzuziehen. Zurück zum neuen Namensgeber: Ineos ist ein Chemieunternehmen und stemmt die rund 30 Millionen Euro Saisonetat für das Radsportteam mit Leichtigkeit.

Blutjunge Mannschaft

Vorstand des Konzerns ist mit Jim Ratcliffe ein steinreicher Brite mit einem geschätzten Privatvermögen von etwa 24,5 Milliarden Euro. Der Jahresumsatz bei Ineos beträgt momentan rund 35,2 Milliarden Euro. „Klar bin ich dankbar. Es hängen viele Arbeitsplätze an so einer Mannschaft. Und jetzt bin ich gespannt, wie sich die Sache entwickelt“, sagt Knees. Der Rheinbacher ist beim dreiwöchigen italienischen Radsportspektakel mit 3578,8 Kilometern auf den 21 Etappen von Bologna bis Verona der mit Abstand älteste Teilnehmer seiner Truppe. Team-Manager Dave Brailsford hat ansonsten eine blutjunge Mannschaft ausgewählt: „Wir haben uns entschieden, mit unserem jüngsten Team bei einer Grand Tour anzutreten, und es passt auch, dass das erstmals unter dem Namen Ineos sein wird.“

Dabei muss die Mannschaft aber auf den 22-jährigen Kapitän Egan Bernal verzichten. Der Kolumbianer ist derzeit verletzt, sodass Knees eine „väterliche Rolle“ im Team innehat, aber nicht als sportlicher Bodyguard für Bernal unterwegs ist. Er ist zuständig für die nächste Generation der Radrennsportler bei Ineos. „Die Jungs sind eine solche Rundfahrt teilweise noch nicht gefahren und holen sich Tipps, wie man die Dinge am besten angeht. Die Rolle im Team macht mir sehr viel Spaß und ist auch nicht so viel anders als bei Sky. Ich habe etwas mehr Freiheiten und möchte mich natürlich bestmöglich einsetzen“, erklärt er. Laut eigener Aussage und den Aussagen seines Trainers ist Knees in einer sportlichen Form wie vor zehn Jahren, sodass der Altersunterschied eher auf dem Papier als auf dem Rad sichtbar ist.

Knees entgeht knapp Sturz

Ineos hat eine Menge Geld in die Entwicklung der Rennmaschinen gesteckt, die laut Knees hervorragend zu fahren sind: „Die Steifigkeit der Räder ist großartig und wir haben insgesamt nochmal einen Schritt nach vorn gemacht.“ Das Gesamtpaket sei stimmig und die Rennserie alles andere als Routine. Knees: „Ich bin sehr gut in Form und freue mich, wieder den Giro zu fahren.“ Der Sieg auf der zehnten Etappe war aber weder Knees noch seinen jungen Teamkollegen vergönnt. Es siegte im Sprint der 27-jährige Franzose Arnaud Demare. Viel Pech hatte der Deutsche Straßenradmeister Pascal Ackermann, der einen Kilometer vor dem Ziel in einen Massensturz verwickelt war.

Knees hatte indes Glück. Er war nur wenige Zentimeter von den Stürzenden entfernt, musste aber heftig abbremsen. Knees: „Dann war die Sache entschieden. Ich habe nach meinen Jungs geschaut und dann ins Ziel ausrollen lassen. Die Strecke war recht einfach und es war dann klar, dass der Sprint entscheidet.“ Und dennoch: Knees träumt natürlich davon, in dieser Saison ein große Etappe zu gewinnen, auch wenn er immer bedingungslos seine Rolle erfüllt: „Klar träumt man vom Etappensieg. Dafür trainiert man doch. Ich werde wie immer alles geben.“

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