Fußball Löw benennt Käpt'n nach Finnland-Spiel

Düsseldorf · Bundestrainer Löw hat sich schon entschieden, an wen er die Binde nach dem Rücktritt von Kapitän Schweinsteiger weiterreicht. Verkünden wird er es erst nach dem Test gegen Finnland. Der Blick geht Richtung WM 2018: Die Tür für Youngster wird schon jetzt weit geöffnet.

 Joachim Löw wird nach dem Testspiel gegen Finnland den neuen Kapitän bestimmen.

Joachim Löw wird nach dem Testspiel gegen Finnland den neuen Kapitän bestimmen.

Foto: Federico Gambarini

Sichtlich erholt nach dem langen Sommerurlaub hat Joachim Löw den Startschuss für sein womöglich letztes großes Projekt als Bundestrainer gegeben: Die Weltmeisterschaft 2018 in Russland.

Der 56-Jährige blickte beim Neustart der Fußball-Nationalmannschaft in Düsseldorf nicht mehr groß zurück auf den in Frankreich verpassten EM-Triumph, sondern richtete den Fokus bereits konsequent nach vorne: Mit der erfolgreichen Titelverteidigung will Löw seine Amtszeit nach dann zwölf Chef-Jahren nochmals vergolden. "Die nächste spannende Aufgabe ist die WM-Qualifikation", erklärte Löw.

Die Zukunft beginnt aber erst nach dem Abschiedsspiel für Bastian Schweinsteiger am Mittwoch (20.45 Uhr) in Mönchengladbach gegen Finnland. Erst am Tag danach will Löw seinen neuen Kapitän benennen, der am 15. Juli 2018 in Moskau den WM-Pokal in Händen halten soll. "Der neue Kapitän wird am Donnerstag öffentlich gemacht", verkündete Löw. Die Entscheidung hat er schon getroffen, sie ist für ihn aber nicht so bedeutungsschwer wie für die Öffentlichkeit und wohl auch die am heißesten gehandelten Kandidaten. "Das Thema ist für mich nicht so dominant", sagte Löw. "Einem werde ich die Binde geben."

Als Favorit auf die Schweinsteiger-Nachfolge wird Torwart Manuel Neuer gehandelt, der schon bei der EM quasi als Turnierkapitän fungiert hatte. Der noch verletzte Weltmeister Jérôme Boateng und der von Löw als Führungskraft ebenfalls sehr geschätzte Sami Khedira gelten als heißeste Mitbewerber. Löw verwies extra auf einen "guten Spielerkreis", aus dem er seine Wahl treffen konnte. Toni Kroos wird nach Schweinsteigers Rücktritt in den Mannschaftsrat aufrücken.

Löw bezeichnete es als "tolle Sache", dass Schweinsteiger noch ein 121. Mal das Nationaltrikot tragen wird. Seine einzige Sorge gilt dem bislang geringen Interesse der Fans. "Es wäre schade für Bastian Schweinsteiger, wenn das Stadion nicht ausverkauft wäre", erklärte Löw. Der aktuell verletzte Lukas Podolski soll im März 2017 bei einem Test-Länderspiel in Deutschland ebenfalls noch ein 130. Mal für Deutschland auflaufen, wie der Bundestrainer berichtete.

Für ihn sei es "eine Ehrensache" gewesen, seinen langjährigen Wegbegleitern ein vom DFB eigentlich abgeschafftes Abschiedsspiel im Rahmen eines Freundschaftsspiels zu ermöglichen. "Sie haben die Nationalmannschaft geprägt und das Größtmögliche erreicht, Weltmeister zu werden", begründete Löw. Er sagte aber auch, dass das Duo "einen sehr guten Zeitpunkt" für den Rücktritt gewählt habe.

Die Zeitenwende wird Löw gegen Finnland personell dokumentieren. Schweinsteiger wird "eine jüngere Mannschaft mit Perspektive" anführen. Denn Löw verriet bereits vor der ersten Trainingseinheit, dass etwa die drei 20 Jahre alten Silbermedaillengewinner von Rio, der Schalker Max Meyer, Leverkusens Julian Brandt und der Hoffenheimer Länderspielneuling Niklas Süle, Einsatzzeit erhalten. "Sie werden die Gelegenheit bekommen zu spielen."

Danach wird das Trio eventuell vorzeitig zurück zu seinen Clubs reisen. Im ersten WM-Qualifikationsspiel am Sonntag in Oslo gegen Russland sind dann wieder die etablierten Kräfte gefordert. "Das Hauptaugenmerk gilt dem Spiel gegen Norwegen", betonte Löw. Darum wollte er auch nicht auf Mario Götze verzichten, der nach dem Ausfall von Torjäger Mario Gomez im Angriff gebraucht wird. Der in Dortmund noch nicht eingesetzte Götze soll intensiv trainieren und könnte schon gegen Finnland Spielpraxis sammeln für den Ernstfall in Oslo.

Nachwuchs vor heißt aber grundsätzlich das Motto für die gesamte Saison 2016/17. "Wir wollen jüngere Spieler heranführen. Die Türe steht weit offen", sagte Löw. Löw denkt sogar jetzt schon an den nächsten Sommer. Den Confed-Cup 2017 in Russland erklärte er zum "Perspektivturnier", bei dem er auf extrem belastete Topspieler verzichten wird. "Sie brauchen eine Pause vor dem WM-Jahr. Drei Turniere in drei Jahren sind nicht optimal", begründete Löw.

Die EM hat der DFB-Chefcoach mit seinem Trainerstab noch nicht gemeinsam aufgearbeitet. Auch mit dem neuen U21-Trainer Stefan Kuntz hat es noch keinen Gedankenaustausch gegeben. "Das werde ich nach den Länderspielen machen", kündigte der Bundestrainer an. "Die EM hat keine Revolution gebracht", sagte Löw zur Entwicklung des Fußballs.

Zwei "zentrale Themen" für die Weiterentwicklung seiner Mannschaft benannte er aber als Erkenntnisgewinn aus dem Turnier in Frankreich. Zum einen müsse die Chancenverwertung deutlich verbessert werden. Dazu soll das schnellere Umschalten von Defensive auf Offensive nach Ballgewinn in den kommenden zwei Jahren forciert werden. Die WM 2018 hat für Löw im Grunde schon 50 Tage nach der EM begonnen.

Die voraussichtliche Aufstellung:

Neuer - Kimmich, Tah, Hummels, Hector - Schweinsteiger, Kroos - Brandt, Özil, Draxler - Volland

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