"Wollen keinen Staatssport" Kritik an DOSB-Reform

Berlin · Am Samstag soll die Spitzensportreform durch den DOSB auf den Weg gebracht werden. Bei den Fachverbänden regt sich Kritik, es gibt Unmut. Mangelnde Kommunikation im Vorfeld, der Eingriff des Staates, Geldverteilung nach berechnetem Potenzial - das sind die Reizthemen.

 Das Logo des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Das Logo des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Foto: Britta Pedersen

Die Spitzensportreform des DOSB hat unter Fachverbänden zumeist kritische Stimmen ausgelöst.

"Ich bin skeptisch. Ich habe andere Vorstellungen. Man sollte den Mut zu einem kompletten Neuanfang unter dem Gesichtspunkt "Mehr Erfolg" haben", sagte Martin Engelhardt, Präsident der Deutschen Triathlon Union, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Politik greift in das Geschäft des Sports ein. Wir wollen keinen Staatssport. Das passt nicht zu unserer demokratischen Gesellschaft. Die Politik würde sich auch nicht anmaßen, in die Kultur einzugreifen", erklärte Engelhardt.

Dass die Reform vom Bundesinnenministerium vorangetrieben worden sei, bemängelte auch der Präsident von Snowboard Germany, Hanns-Michael Hölz. "Es geht darum, dass wir uns vom BMI sagen lassen, wie der Sport auszusehen hat. Das geht so nicht!"

Auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) soll das Reformpapier am Samstag in Magdeburg verabschiedet werden. Sportarten würden dann unterschiedlich gefördert und nach "Clustern" eingestuft werden. Das Potenzial der Athleten soll ein Faktor für deren künftige Finanzierung sein. Hölz kritisiert, dass man Erfolge nicht per Computer berechnen kann. Er habe es noch nie erlebt, dass jemand zunächst Leistung zeigen müsse, "und dann erst sagen wir, wie viel Geld er bekommt".

"Wir fühlen uns nicht genug mitgenommen", klagte Hölz. Wenige Tage vor dem Treffen der Sportverbände in Magdeburg sei noch nicht einmal klar, wie der Antrag überhaupt aussehe. Auch Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, sieht die Kommunikation durch den DOSB kritisch. "Ich würde mir aus heutiger Sicht wünschen, dass die Fachverbände vom DOSB frühzeitiger und umfassender in den Prozess eingebunden worden wären. Dadurch hätte die Kompetenz der Fachverbände in dem gesamten Prozess besser berücksichtigt werden können", sagte Prokop der dpa.

Bis heute sei für ihn "ein bisschen unklar, über was denn nun genau am 3. Dezember in Magdeburg abgestimmt wird. Ob nur über die Eckpunkte und die Struktur abgestimmt wird, oder ob jetzt auch Details beschlossen werden sollen", sagte der DLV-Präsident.

Grundsätzlich stehe der Verband der Reform "positiv" gegenüber. "Bei einigen Punkten haben wir aber noch Bedenken angemeldet. Insbesondere bei der Fixierung auf den absoluten Erfolg." Ein Problem sei, dass man sich in einen Vergleich mit Ländern begeben müsste, "die laut WADA kein funktionierendes Anti-Doping-System haben. Das wäre eine zusätzliche Benachteiligung deutscher Sportler", erklärte Prokop.

Der Deutsche Turnerbund wird der Reform zustimmen. Das erklärte DTB-Präsident Alfons Hölzl auf dpa-Anfrage. Zugleich sei zwingend notwendig, "dass mehr Geld in das System kommt. Das heißt, dass die gesamte Fördersumme durch das BMI größer werden muss. Ansonsten ist der Verwaltungsaufwand größer als der Nutzen, den man daraus zieht", kritisierte Hölzl. Im deutschen Leistungssport werde auch künftig eine breite Förderung in der Spitze erforderlich sein. "Wir wollen nicht, dass die Vielfalt des Sports leidet und Sportarten komplett aus dem System herausfallen." Auch für die Sportarten des dritten Clusters müsse es eine Grundförderung geben.

Auch der Deutsche Schwimm-Verband bemängelte Kommunikations- Defizite durch den DOSB. "In allen Arbeitsgruppen waren qualifizierte Leute der Verbände vertreten, das Gesamtkonzept ist vom DOSB allein zusammen gesetzt worden. Da hätten wir uns einen früheren Dialog mit den Verbänden und Landessportbünden gewünscht", sagte DSV-Generalsekretär Jürgen Fornoff. "Was mich stört, ist der Umstand, dass wir mit dem ersten Teil der Umsetzung beginnen sollen, aber es ist weniger Geld im Topf als vorher, zumindest gefühlt für die Verbände", kritisierte Fornoff.

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