Fußball Kosovo-Aufnahme in UEFA ein Politikum

Budapest · Das Kosovo will beim Kongress in Budapest zum 55. Mitglied der UEFA werden. Das ist angesichts von Protesten aus Serbien ein Politikum. Doch auch die Schweiz hat Bedenken. Die Eidgenossen wollen ein Abwandern einiger ihrer Spitzenspieler für die WM-Quali verhindern.

 Die UEFA entscheidet am Dienstag bei ihrem Kongress in Budapest über die Aufnahme Kosovos.

Die UEFA entscheidet am Dienstag bei ihrem Kongress in Budapest über die Aufnahme Kosovos.

Foto: Jean-Christophe Bott

In ihrem Wappen haben die Fußballer des Kosovo zwei Sterne mehr als Weltmeister Deutschland auf der Trikotbrust. Sechs Sterne prangen auf blauem Grund - nicht für Titelehren, versteht sich, sondern als Analogie zur Flagge der kleinen Republik am Südwest-Zipfel Serbiens.

Die Fußball-Meriten sind noch begrenzt. Erst seit 2014 sind Testspiele vom Weltverband FIFA erlaubt. Bei der Premiere gab es ein 0:0 gegen Haiti. Ein 2:0 gegen Äquatorial Guinea steht als höchster Sieg zu Buche.

Schon bald könnten echte Wettbewerbsspiele folgen. Die UEFA entscheidet am Dienstag bei ihrem Kongress in Budapest über die Aufnahme, eine Woche später könnte beim Weltverbandskongress in Mexiko-Stadt schon die FIFA-Mitgliedschaft anstehen. "Das Warten hat sich gelohnt. Das ganze Land freut sich. Ich kann es noch gar nicht fassen, dass wir im Herbst wohl WM-Quali spielen dürfen!", sagte Albert Bunjaku der Schweizer Zeitung "Blick".

Der frühere Bundesliga-Profi des 1. FC Nürnberg spielt nicht mehr für die Schweiz, sondern für die Heimat seiner Vorfahren. Wird das Kosovo UEFA- und FIFA-Mitglied, dürfte man schon an der Ausscheidungsrunde für die WM 2018 in Russland teilnehmen. Die vage Hoffnung Bunjakus: Andere prominente Profis könnten seinem Vorbild folgen. Auch Gladbachs Granit Xhaka oder der frühere Münchner Xherdan Shaqiri haben Wurzeln im Kosovo.

Heikel genug ist die UEFA-Aufnahme. Großer Widerstand kommt aus Serbien, das die Abspaltung der Republik mit einer Fläche halb so groß wie Hessen, nicht akzeptieren will. Bereits die Anerkennung durch das Internationale Olympische Komitee, die Athleten aus dem Kosovo den Start in Rio ermöglicht, wurde als "Schlag" empfunden. "Vier Mal haben wir es geschafft, das Thema von der Agenda zu nehmen und die große Ungerechtigkeit zu verhindern", sagte Serbiens Fußball-Chef Tomislav Karadzic.

Erol Salihu, Generalsekretär der Federata e Futbollit e Kosovës, spricht hingegen von einem historischen Moment. Unaufhörlich habe man bei der UEFA an die "Tür geklopft". Die Hoffnungen wuchsen, als auch Gibraltar 2013 die Mitgliedschaft erhielt. Bedenken, es fehle in Pristina an der nötigen Fußball-Infrastruktur wie einem adäquaten Stadion, werden zerstreut.

Aus der Schweiz und skandinavischen Ländern werden sportliche Bedenken formuliert. Man drängt auf eine Regelung, dass ein Nationenwechsel á la Bunjaku nicht mehr möglich sein soll. Auch in Deutschland sind Fußballer aus dem Kosovo aktiv. Fanol Perdedaj vom FSV Frankfurt entschied sich nach Junioren-Spielen im DFB-Trikot für eine sportliche Zukunft in Kosovos A-Team. Beim 2:2 im Freundschaftsspiel gegen EM-Teilnehmer Albanien stand im November 2015 ein halbes Dutzend im Kosovo-Kader, darunter St.-Pauli-Profi Enis Alushi, Ehemann von 2007-Frauen-Weltmeisterin Lira Alushi.

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