Die Sonntagskicker Hohe Kosten, leere Kassen

Bonn · Vereinsliebe: Trainingsequipment, Platzpflege und Betriebskosten – gerade die kleinen Amateurvereine stehen vor großen finanziellen Herausforderungen. Mit Phantasie lassen sich Geldquellen erschließen.

 Rot-Weiß-Dünstekoven gegen den SC Widdig.

Rot-Weiß-Dünstekoven gegen den SC Widdig.

Foto: Benjamin Westhoff

Anfang April weht der erste Hauch Sommer über den Naturrasen in Dünstekoven. An diesem Nachmittag spielt dort die Seniorenmannschaft der Rot-Weißen gegen den SC Widdig. Die beiden C-Ligisten haben in den vergangenen Jahren viele Duelle ausgetragen. Auch in höheren Ligen. Ob man sich dort wieder begegnet, ist nicht abzusehen. Denn gerade die kleinen Dorfvereine kämpfen zunehmend mit Nöten. Nöte, die das Spielen in höheren Klassen so gut wie ausschließen.

„Die finanzielle Situation ist für manche Vereine nicht einfach“, sagt Jürgen Bachmann, Vorsitzender des Fußball-Kreisverbandes Bonn. „Gerade die Clubs außerhalb des Stadtgebiets zahlen so gut wie alles selbst. Geld für Aufwandsentschädigungen für Spieler oder Trainer bleibt da kaum.“

Unter anderem müssen die Mannschaften mit Trikots, Trainingsanzügen und Equipment ausgestattet, Schiedsrichter und Trainer bezahlt sowie die Spielfläche gepflegt werden. Selbst ein kleiner Verein mit Aschenplatz gibt nach GA-Informationen mindestens 2000 Euro monatlich aus. Weitere Kosten wie Weihnachtsfeiern oder Spaßturniere sind nicht eingerechnet. „Ohne großzügige Sponsoren geht das nicht mehr“, erklärt Harald Kuhring, Vorsitzender von RW Dünstekoven.

Hybridrasen soll angelegt werden

Doch diese zu akquirieren ist nicht einfach. „Das geht nur noch durch die persönliche Ansprache und ist mitunter mit viel Aufwand verbunden“, sagt Werner Faßbender vom SC Villip. Der Verein gehört zu den wenigen Clubs im Verbreitungsgebiet dieser Zeitung, die noch auf Asche spielen. Faßbender: „Die Zukunft eines Vereins hängt natürlich von der Modernität der Sportanlage ab. Mit einem Aschenplatz hat man im Vergleich zu anderen Vereinen keine Chance.“ Der SC befindet sich aktuell in Gesprächen mit der Gemeinde Wachtberg. Ein Hybridrasen soll angeschafft werden. Ein Vorteil auch für die umliegenden Vereine. „Wenn man sieht, wie viele Jugendmannschaften zum Teil parallel auf dem Sportplatz stehen, ist eine weitere moderne Sportanlage doch eine Entlastung für andere Vereine. Eine Entlastung im Sinne einer gleichmäßigeren Verteilung auf mehr Vereine und mehr Schultern“, sagt Faßbender.

Doch auf eine Finanzspritze der Gemeinde kann sich nicht jeder Verein verlassen. „Die finanzielle Unterstützung ist von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Es gibt da keine Verpflichtung“, so Pamela Wicker vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule Köln. Und Sponsoren stehen selten Schlange. „In Widdig gibt es zum Beispiel 1800 Einwohner, nicht besonders viel Industrie – da ist es nicht einfach, Sponsoren an Land zu ziehen“, sagt Bachmann.

In Odendorf spielt man bereits auf Kunstrasen, das Vereinsgelände ist modern – doch auch dort kennt man die Problematik. „Mit dieser Thematik haben ja alle zu kämpfen“, sagt Kai Imsande vom TuS. Die Kosten für den laufenden Betrieb berechnet der Verein auf rund 3500 Euro monatlich – eine stolze Summe. Imsande: „Für Kreisligisten ist es immer eng. Die Kosten bekommt man über Mitgliedsbeiträge alleine nicht rein.“ Dabei seien gerade diese Beiträge die wichtigste Einnahmequelle der Vereine, sagt Pamela Wicker von der Sporthochschule. „Im Vergleich zu kommerziellen Anbietern sind diese Beiträge beim Fußball viel zu gering.“

Spielstarke Spieler sind schwer anzulocken

Dabei fällt die beliebteste Sportart der Deutschen im Vergleich zu anderen wie etwa Tennis eher „kostengünstig“ aus. „Unsere Studie zeigt, dass die Vereine Angst haben, die Beiträge zu erhöhen. Sie zeigt aber auch, dass diese Angst unbegründet ist“, findet Wicker. Demnach würden die Befragten eine Erhöhung der Beiträge von bis zu 40 Prozent in Kauf nehmen. Das Geld könnten die Clubs nicht nur für die Sportanlagen gut gebrauchen. Dennoch sagt Bachmann: „Ich mache mir keine Sorgen, ob Vereine wie Widdig überleben. Wenn sie so wirtschaften wie bisher, sehe ich da kein Problem. Die Frage ist nur, wo sie überleben.“ Ohne Aufwandsentschädigung ist es selbst auf Kreisebene schwer, spielstarke Spieler anzulocken. Ein Aufstieg in höhere Ligen bleibt für viele Dorfvereine somit utopisch.

Dabei lassen sich die Vereinsverantwortlichen einiges einfallen, um doch an das nötige Geld zu kommen. So zum Beispiel beim TuS Oberpleis. „Da es als Verein nicht immer möglich ist, alles aus eigener Tasche zu bezahlen, hielten wir es für eine gute Idee, die Last auf mehrere Schultern zu verteilen“, so TuS-Pressesprecher Julian Körver. Ein langjähriger Sponsor brachte die entscheidende Idee – Crowd᠆funding. Auf einer Online-Plattform einer Bank stellen Vereine und Organisatoren Projekte vor. Interessierte Spender haben dann die Möglichkeit, sich einzubringen. „Unser erstes Projekt haben wir in der Woche vor Ostern erfolgreich beendet“, erzählt Körver. 1900 Euro sollten in die Kasse kommen, es wurden 1950. „Mit dem Geld konnten wir für die A-Jugend neue Trainingsanzüge und für die A- und B-Jugend neue Trainingsmaterialien bestellen“, so Höver.

Beim SV GW Mühleip setzt man unterdessen auf ein Bolzplatzturnier, das gemeinsam mit einer Grundschule durchgeführt wird. Durch diese Maßnahme kommen die Kinder aus der Grundschule früh mit dem Verein in Kontakt. „Neue Ideen werden natürlich immer gesucht. Die Umsetzung muss aber durch unsere Trainer, Betreuer und den Jugendausschuss realisierbar sein“, so SV-Jugendleiter Markus Dohr. Auch in Dünstekoven geht man einen ungewöhnlichen Weg. Um den Naturrasen zu finanzieren, wurden quadratmeterweise Patenschaften für den Platz vergeben – erfolgreich.

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