Leichtathletik Harting zu IOC-Präsident Bach: "Teil des Dopings-Systems"

Kienbaum · Robert Harting nimmt kein Blatt vor den Mund. Der engagierte Anti-Doping-Kämpfer will seine Enttäuschung über das IOC und Präsident Thomas Bach nicht verbergen und findet harte Worte. Unterstützung bekommt er von seiner Freundin Julia Fischer.

Diskus-Olympiasieger Robert Harting hat IOC-Präsident Thomas Bach heftig attackiert. "Er ist für mich Teil des Dopings-Systems, nicht des Anti-Doping-Systems. Ich schäme mich für ihn", sagte der Berliner im Bundesleistungszentrum Kienbaum.

Das Internationale Olympische Komitee und sein deutscher Präsident hatten entschieden, das russische Team trotz des nachgewiesenen Staatsdopings nicht komplett von den Spielen in Rio auszuschließen.

Für ihn sei jeder, der nicht gegen das Doping-System sei, ein Verfechter des Systems, unterstrich Harting. "Ich habe schon oft meine Enttäuschung über Thomas Bach geäußert. Aber das ist jetzt eine neue Enttäuschungs-Dimension", sagte der 31 Jahre alte frühere Welt- und Europameister. "Für mich ist es eindeutig, dass sich Herr Bach nicht in die Athleten hineinversetzen kann", fügte er hinzu.

Den Ausschluss der russischen Whistleblowerin Julia Stepanowa von den Spielen bedauerte Harting sehr. Sie hatte mit ihren Aussagen über das vom Staat getragene Doping-System in Russland die Ermittlungen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA ausgelöst. "Sie hat so viel Schaden für die Leichtathletik-Welt abgewendet. Ihr Start wäre ein Schlag ins Gesicht von Herrn Putin gewesen. Deshalb findet das nicht statt", empörte sich Harting und fügte hinzu: "Das ist alles nur peinlich." Harting kennt Julia Stepanowa persönlich und hat sie in ihrem Kampf stets unterstützt. Der 31-Jährige begrüßt auch das Crowdfunding, mit dem die finanzielle Situation der russischen 800-Meter-Läuferin verbessert werden soll.

Rückendeckung bekommt der deutsche Olympia-Held von seiner Freundin Julia Fischer. "Die Zustände im IOC sind nicht besser als in der FIFA", kritisierte die Zweite im Diskuswurf der EM in Amsterdam. "Diese Entscheidungen des IOC sind einfach nur super enttäuschend."

Harting, der noch immer mit den Folgen seiner langwierigen Knieverletzung kämpft, beklagte erneut, dass es in rund 100 Ländern noch immer keine funktionierende Anti-Doping-Agentur gebe. "Es fällt derzeit einfach schwer, den Sport toll zu finden. Aber wir versuchen, uns immer wieder gegenseitig zu motivieren", unterstrich der Diskus-Recke. Er erneuerte seine Forderung nach Schaffung eines Anti-Doping-Fonds, aus dem künftig unabhängige Doping-Kontrollen finanziert werden sollten.

In Rio geht der gebürtige Cottbuser aufgrund seiner Verletzungen unter ganz anderen Voraussetzungen an den Start als vor vier Jahren in London. Er strebt durch das intensive Training eine Leistung von 68,50 Metern in Rio an. "Das wäre echt gut. Damit kann man Gold gewinnen, vielleicht aber auch nur Bronze." Die ersten Vier der Weltbestenliste liegen derzeit zwischen 68,00 und 68,20 Metern. Harting hatte sich 2014 einen Kreuzbandriss im linken Knie zugezogen und musste die gesamte Saison 2015 aussetzen. Wegen einer Brustmuskel-Verletzung und einer Entzündung im Knie stieg der 2,01-Meter-Mann erst verspätet in die Saison ein.

Er sehe sich daher "als Jäger und kann ein bisschen von hinten sticheln. Das empfinde ich als ganz angenehm", unterstrich Harting und meinte: "Ich freue mich wie noch nie auf eine internationale Meisterschaft." Die Vorbereitungen in Kienbaum seien "die geilsten Wochen des Jahres".

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