Kräftezehrende Alpenanstiege Die Tour frisst ihre Sprinter: Kittel und Greipel früh raus

L'Alpe d'Huez · Davor hatten die muskulösen Profis gezittert - und ihre Befürchtungen werden wahr. Nach dem Aus von Kittel und Cavendish am Mittwoch erwischt es bei der Tour die nächsten Sprinter, darunter Greipel. Die zwei schnellsten deutschen Radprofis verlassen Frankreich enttäuscht.

 Marcel Kittel erreicht abgeschlagen das Ziel in La Rosiere.

Marcel Kittel erreicht abgeschlagen das Ziel in La Rosiere.

Foto: David Stockman/BELGA

Das Abklatschen mit Rennchef Christian Prudhomme war Marcel Kittels vorgezogener Abschiedsgruß - André Greipel musste bei seinem unfreiwilligen Abschied von der Tour de France auf aufmunternde Worte verzichten.

Innerhalb von 24 Stunden haben die zwei deutschen Sprint-Hoffnungen das wichtigste Radrennen der Welt verlassen. Die erbarmungslosen Alpenanstiege waren zu viel für die beiden muskulösen Radprofis, die die Rundfahrt damit früh und ohne den erhofften Erfolg aufgeben mussten. Dass es bei der Schinderei nach L'Alpe d'Huez auch die zweimaligen Etappensieger Dylan Groenewegen und Fernando Gaviria erwischte, war kein Trost.

Als ein weit abgehängter Greipel im Anstieg zum Col de la Croix de Fer ebenso wie die Landsleute Rick Zabel und Marcel Sieberg vom Rad stieg und erstmals in seiner Tour-Karriere damit nicht in Paris ankommen wird, war Kittel bereits auf dem Heimweg. Der fünfmalige Etappesieger vom Vorjahr hatte am Vortag nach vier bitteren Stunden die Rote Karte wegen Zeitüberschreitung bekommen. "Die 11. Etappe ist beendet, liebe Zuschauer", sagte der Renn-Sprecher im Ziel auf der Skistation La Rosière, als Kittel noch längst nicht angekommen war. Beim Start in Albertville hatte er Tour-Direktor Prudhomme noch die Hand gegeben - es war das letzte Mal bei dieser Rundfahrt.

Der Thüringer und sein Sprinter-Kollege Mark Cavendish sowie Mark Renshaw verpassten das Zeitlimit deutlich, bei Teamkamerad Zabel drückte die Jury wegen weniger Sekunden beide Augen zu. Tags darauf war es aber auch um den Sohn von Ex-Sprinter Erik Zabel geschehen.

"Keine Gnade mit den Stars", hatte das Tour-Hausblatt "L'Équipe" getitelt. "Selbst mit zehn Prozent Extraform hätte ich keine Ahnung gehabt, wie ich so eine Etappe hätte überleben können", sagte Kittel geknickt im Teamhotel. "Wir sind heute 100 Kilometer mit 3800 Höhenmeter gefahren. Das war extrem."

Die 11. Etappe war für Kittel der Schlusspunkt hinter einer missglückten Tour mit einem mageren dritten Platz als Bilanz nach der ersten Sprinter-Woche. Vor allem die hatte für Zoff im Team Katusha-Alpecin gesorgt. Das Verhältnis scheint so zerrüttet, dass ein Weitermachen schwer vorstellbar ist, auch wenn Kittel noch ein Jahr einen hoch dotierten Millionen-Betrag besitzt.

Der deutsche Kapitän, der am Donnerstagmorgen von Genf aus nach Hause flog und dort "die Beine erstmal hochlegen will", verließ zum dritten Mal nach 2012 und 2017 die Tour vorzeitig. Zum ersten Mal musste er wegen Zeitüberschreitung gehen. Im Vorjahr hatte sich Kittel, mit insgesamt 14 Tageserfolgen bester deutscher Radprofi der Tour-Historie, noch in anderer Verfassung - und in einem anderen Team - präsentiert.

Fünf Etappensiege 2017 hatten aus Kittel, der 2013 und 2014 das Gelbe Trikot eroberte, in Frankreich "Le Kaiser" gemacht. Am Donnerstag mäkelte die "L'Équipe" über den smarten Arnstädter: "Ein Schatten seiner selbst". Auf der ersten Alpenetappe hatte er in Le-Grand-Bornand das Aus noch verhindern können und witzelte hinterher via Twitter fast mit Stolz: "Wenn du einer der fetten Fahrer bist, und liegst noch 28 Sekunden unter dem Limit im Ziel der ersten schweren Bergetappe..." Aber das konnte ihm auf dem Weg in die Skistation La Rosière keinen Mut machen.

Ex-Weltmeister Cavendish, mit 30 Tour-Etappensiegen der in der Beziehung erfolgreichste noch aktive Profi, sprach schon vom Comeback: "Ich habe es versucht und bin ins Ziel gekommen. Leider war ich mit Abstand nicht schnell genug. Jetzt heißt es, das nächste Jahr stärker zurückzukommen. Ich steige nie ab."

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