Kommentar zur Tour de France Ein klassisches Eigentor

Meinung | Bonn · Die anspruchsvolle Strecke der Tour führt zu zahlreichen Ausfällen der Top-Sprinter. Damit haben sich die Veranstalter ein Eigentor geschossen. Denn spannend ist diese Tour ohnehin nicht, findet GA-Redakteur Simon Bartsch.

Und täglich grüßt das Murmeltier, möchte der Radsportfan schon fast sagen, wenn er das obligatorische Ausscheidungsfahren des Teams Sky in den Bergen der aktuellen Tour de France betrachtet. Es gibt wohl keinen Zweifel, dass auch in diesem Jahr ein Brite das Gelbe Jersey in Paris tragen wird. Falls es eine Stallorder gibt, wird es ein weiteres Mal Chris Froome sein – es wäre sein fünfter Erfolg bei der Tour. Konkurrenz erfährt der umstrittene Athlet nur durch Geraint Thomas, seinen Teamkollegen. Spannung sieht sicherlich anders aus.

In Sachen Gesamtwertung gucken die deutschen Fans ohnehin seit einem guten Jahrzehnt in die Röhre. Auf den Gesamtsieg scheint Großbritannien ein Abo zu haben. Für Abwechslung sorgte zuletzt nur noch der Kampf ums Grüne Trikot. Sorgte! Die Tour ist noch keine 14 Tage alt, da kann man Peter Sagan schon gratulieren. Der Slowake kann einen Gang zurückschalten, hier und da die Beine hochlegen, sich vielleicht sogar wie einst Federico Bahamontes eine Eis bei einer kleinen Etappen-Pause gönnen. Sagan wird schon jetzt der sechste Sieg in der Punktewertung nicht mehr zu nehmen sein. Er muss Paris nur noch rechtzeitig erreichen.

Zweifelsohne ist Sagan ein würdiger Träger des grünen Stoffes. Dass er die Wertung allerdings mit mehr als 200 Zählern Vorsprung anführt, ist den Verantwortlichen der Tour zuzuschreiben. Wer nach einer Kopfsteinjagd – wie der nach Roubaix – drei schwere Bergetappen plant, nimmt das Aussteigen der Top-Sprinter fahrlässig in Kauf. Es ist sicherlich keine Werbung für den Sport, wenn die Strecke für Mark Cavendish oder Marcel Kittel nicht im Zeitlimit zu schaffen ist. Immerhin warten die beiden mit insgesamt 44 Erfolgen bei der großen Schleife auf. Auch Greipel oder die beiden Doppel-Etappensieger Fernando Gaviria und Dylan Groenewegen mussten den Strapazen Tribut zollen und gaben auf dem Weg nach L'Alpe d'Huez auf.

Die ohnehin aufgrund der Causa Froome gebeutelte Tour-Organisation hat mit der Streckenführung ein klassisches Eigentor geschossen. Manchmal ist weniger ein wenig mehr. In diesem Fall hätte der Tour weniger Spektakel mehr Spannung gebracht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort