Doping-Namen bald öffentlich - Blutkontrollen im Fußball

Berlin · Bald sollen die Namen der Doping-Sünder öffentlich gemacht werden.

 Peter Schaar ist der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Foto: Wolfgang Kumm

Peter Schaar ist der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Foto: Wolfgang Kumm

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Nach Ansicht des Bundesdatenschutz-Beauftragten gibt es keine Bedenken, wenn es sich um Verantwortliche in amtlicher Funktion, Verbandsvertreter oder Spitzensportler handelt und die Vorwürfe erhärtet seien. Das sagte Peter Schaar dem MDR.

Auch Giselher Spitzer, der Projektleiter der Forschungsgruppe der Berliner Humboldt Universität, kündigte eine zeitnahe Veröffentlichung des vollständigen Berichtes zur Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute" an.

Während hinter der Vergangenheit ein großes Fragezeichen steht, soll die Zukunft in allen Sportarten sauber sein. So werden erstmals in dieser Saison bei Bundesliga-Spielern, zumindest im Trainingsbetrieb, auch Blutkontrollen vorgenommen. Was wie ein großer Fortschritt im Kampf gegen Doping aussieht, ist aber nicht der ganz große Wurf. Jeder Club muss im Schnitt mit weniger als zwei Kontrollen in dieser Saison rechnen. Glaubwürdigkeit im Anti-Doping-Kampf sieht anders aus.

Wildor Hollmann, jahrzehntelang einer der wichtigsten Sportmediziner der Bundesrepublik, hat die Doping-Vorwürfe zurückgewiesen. "Das ist absoluter Unsinn. Niemals gab es in Deutschland ein staatlich gefördertes systemisches Dopingforschungsprogramm", erklärte der mittlerweile 88-Jährige dem "Handelsblatt". "Nie hat ein Sportler von mir ein Dopingmittel erhalten", sagte der frühere Arzt der Fußball- und Hockeynationalmannschaft.

Ein anderes Bild zeichnete der ehemalige Radsport-Verbandsarzt Gustav Raken. Der mittlerweile 77-Jährige war - wie er sagte - das "ausführende Organ" einer in der Uniklinik Freiburg festgelegten Doping-Strategie. Zwischen 1974 bis 77 spritzte er pro Saison "12-15 Radsportlern" Anabolika-Präparate, die per Post "mit einem netten Brief und Dankeschön dabei" kamen. Insgesamt seien zwischen 1974 und 1977 rund 30 bis 40 Sportler zu ihm gekommen. "Das waren alles Kaderathleten, der ein oder andere Olympiateilnehmer von 1976" sei auch dabei gewesen, sagte Raken.

Schon lange sich selbst als Doping-Sünder bezichtigt hat sich Leichtathlet Manfred Ommer, 1974 Vize-Europameister im Sprint. Der frühere Präsident des Fußball-Bundesligisten FC Homburg, bezeichnete im Deutschlandradio Kultur einmal mehr das Verhalten der Funktionäre und Politiker angesichts der Studie als "verlogen und heuchlerisch". Wenn der Doping-Bericht in voller Länge veröffentlicht werde, werde das "ein Erdbeben" auslösen.

Da aber der Sportfunktionär Thomas Bach "in vier Wochen IOC-Präsident werden wolle, würden sich natürlich alle Stellen bemühen, "uns für dumm zu verkaufen und mit irgendwelchen fadenscheinigen Begründungen - Datenschutz, Formalitäten - die Dinge zurückzuhalten. Dort sind Informationen drin - und belegte Informationen aus Archiven -, da schlägt's einen platt."

DOSB-Chef Bach hat seine Teilnahme an der Bundestags-Sondersitzung des Sportausschusses Ende August/Anfang September offengelassen. "Auf jeden Fall wird ein Vertreter des DOSB dabei sein", sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes. Fecht-Olympiasieger Bach gehört zu den sechs Kandidaten um das IOC-Präsidentenamt - bereits am 4. September wird er in Buenos Aires erwartet.

Eine gewisse Rolle scheint die Politik auch in der Vergangenheit gespielt zu haben. "Es war Kalter Krieg, ein fanatischer Kampf zwischen Ost und West. Die Politik wollte bei den Großereignissen Medaillen sehen. Wenn die sowjetischen Sportler bei Olympia überlegen waren, schien es ja so, als sei auch ihr politisches System überlegen. Natürlich gab es auch politischen Druck, aber kein Dopingsystem", sagte Hollmann, 14 Jahre lang Rektor an der Deutschen Sporthochschule Köln.

In der Doping-Studie war auch der Fußball ins Zwielicht geraten. Nach Franz Beckenbauer und Uwe Seeler trat auch Wolfgang Overath als Mitglied des 66er-Kaders den Vorwürfen entschieden entgegen. Unterstützung bekamen die deutschen Fußballer von der FIFA. Keine der 1966 vorgenommen Proben sei positiv gewesen, teilte der Weltverband mit. Dies gehe aus den offiziellen Protokollen des WM-Turniers aus dem Frühjahr 1967 hervor.

"Ich hatte überhaupt keine Vorstellung, es hat sich überhaupt keiner mit Doping beschäftigt und deshalb finde ich es besonders schlimm, dass heute einfach pauschal und anonym gesagt wird: Da wurde 1966 gedopt", betonte Overath. Ein Fußballer habe sich nicht mit Doping beschäftigt, sagte der Kölner.

Der frühere holländische Fußball-Nationalspieler Johnny Rep dagegen räumte ein, in den 70er Jahren Dopingmittel genommen zu haben. "Ich habe wohl mal vor einem Europokalspiel so ein Amphetaminpillchen geschluckt", sagte Rep dem regionalen TV-Sender RTV Noord-Holland in Amsterdam. "So merkwürdig war das nicht", sagte der 61-Jährige, der auch im WM-Finale 1974 gegen Deutschland dabei war.

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