Alkohol, ungeahnte Schwangerschaften und ein Mord Die sieben skurrilsten Tour-de-France-Geschichten

Bonn · Die Tour de France schreibt seit mittlerweile 115 Jahren ihre Geschichten. Neben Erfolg und Misserfolg gibt es aber auch viele kuriose Legenden.

 Federico Bahamontes (links) gratuliert dem Tour-Sieger von 1963, Jacques Anquetil.

Federico Bahamontes (links) gratuliert dem Tour-Sieger von 1963, Jacques Anquetil.

Foto: ap

176 Fahrer, 22 Mannschaften und 3329 Kilometer umfasst die 105. Auflage der Tour de France. Am Samstag startet für die Profis die Tortur über die Alpen und Pyrenäen. Nicht umsonst wird das größte Radrennen der Welt auch als Tour der Leiden beschrieben. Für die Fahrer ist es mehr als nur eine dreiwöchige Tour – es ist ein Mythos, ein Rennen, dass jeder Radprofi einmal beendet haben will. Auch sie wollen Teil der Geschichten und Legenden werden. Wir haben einige kuriose Legenden zusammengetragen.

Ein Eis als Nervennahrung

Zweifelsohne ist Fédérico Bahamontes der beste Bergfahrer seiner Zeit. Er fliegt die Berge geradezu hoch, nicht umsonst wird er von der Konkurrenz „Adler von Toledo“ genannt. Doch Bahamontes hat ein grundlegendes Problem: Er hat es nicht so mit der Höhe. Als er auf der 17. Etappe der Tour 1954 den Gipfel des Col de Romeyére erreicht, ist ihm etwas mulmig zu Mute. Soll er alleine die Abfahrt bewältigen? Die Angst gewinnt. Also gönnt sich der Bergfloh ein Eis und wartet seelenruhig auf seine Kontrahenten.

Ungeahnt Schwanger

Michel Pollentier ist ein begnadeter Radfahrer. 1978 rechnet sich der Belgier sogar Siegchancen bei der Tour aus. Tatsächlich übernimmt Pollentier nach seiner Ankunft in Alpe d'Huez das gelbe Trikot des Gesamtführenden. Doch die Freude währt nicht lang. Sein Versuch einen fremden Urinbeutel unter der Achsel zur Dopingkontrolle zu schmuggeln fällt auf. Dem Vernehmen nach, soll diese Probe im Gegensatz zu seiner eigenen positiv gewesen sein. Noch schlimmer ergeht es aber einem unbekannten Kollegen. Ihm gratulieren die Kontrolleure unmittelbar nach der Kontrolle zur Schwangerschaft.

Mit der Bahn zum Sieg

Die Entscheidung der zweiten Tour de France fällt im Dezember 1904. Im Winter? Ja, am grünen Tisch. Zwölf Radfahrer werden an diesem Tag disqualifiziert. Darunter die Top-Vier des Gesamtklassements. So wird der 20-jährige Henri Cornet zum jüngsten Tour-Sieger bis heute. Der vermeintliche Sieger Maurice Garin soll Teile der Strecke mit der Bahn zurückgelegt oder verkürzt haben. Auch von handfesten Auseinandersetzungen wird berichtet. Aber auch dem Toursieger von 1903 wird übel mitgespielt. Mehrfach wird er von Maskierten überfallen. Garin beendet nach dem Urteil seine Karriere und übernimmt eine Tankstelle.

Eine kleine Trinkpause

Vier Mal nahm Abdel Kader Zaaf an der Tour de France teil, das Ziel erreichte der Algerier nur 1951, abgeschlagen hinter der Spitze. Und dennoch schreibt Zaaf Geschichte. Auf der 13. Etappe der Tour 1950 ist ihm mit Marcel Molinés ein Ausreißversuch geglückt. 16 Minuten beträgt zwischenzeitlich der Vorsprung. Doch in der Hitze verspürt der Algerier plötzlich dieses starke Durstgefühl und er sucht eine Gaststätte auf. Dort soll er zwei Flaschen Wein getrunken haben. Nach einem kurzen Nickerchen steigt er wieder auf das Rad. Allerdings fährt er in die falsche Richtung. Zaaf stellt die Geschichte übrigens anders da. Er behauptet, den Wein von einem Zuschauer erhalten zu haben. Zur 14. Etappe trat er nicht mehr an.

Der Blasebalg wird zum Verhängnis

Eugène Christophe hat Geschichte geschrieben: "Le Vieux Gaulois" fährt als erster Radsportler überhaupt ins Gelbe Trikot. Doch Christophe ist alles andere als glücklich über das maillot jaune. Es ist ihm zu grell, er wird zu leicht als Spitzenreiter ausgemacht. Es ist aber nicht der sportliche Erfolg, der in Erinnerung geblieben ist. Christophe ist nicht von der Glücksgöttin geküsst. 1919 will er erstmals die Tour gewinnen. Und es sieht gut aus. Am Tourmalet hat der Franzose schon einen beachtlichen Vorsprung auf die Konkurrenz. Doch auf der Abfahrt spürt er ein seltsames Virbireren. Er blickt auf den Lenker und sieht, dass die Gabel gebrochen ist. Er schultert das Rad auf und geht 14 Kilometer in Richtung Tal. Gegner um Gegner überholen ihn. In Sainte-Marie-de-Campan findet er einen Schmied, der ihm laut Regelwerk nicht helfen darf. Tut er auch nicht. Aber ein kleiner Junge betätigt den Blasebalg. Ein Regelverstoß. Christophe wird eine Zeitstrafe aufgebrummt. Die Tour kann er nicht gewinnen.

Der laufende Star

Joggend läuft der Gesamtführende an den grölenden Fans vorbei. Joggend? Ja. Chris Froome, der Gesamtführende der Tour, läuft in Richtung Ziel. Ohne Rad, zu Fuß. Der Brite hat die Tour dominiert, niemand kann ihm den Gesamtsieg der Tour 2016 mehr streitig machen. Oder? Wenige Minuten zuvor muss ein Motorrad scharf abbremsen. Richie Porte, Bauke Mollema und eben Froome können auf ihren Rädern nicht mehr ausweichen. Es kommt zur Kollision. Dabei zerbricht Froomes Rad. "Ich wusste, dass der Begleitwagen mit einem Ersatzrad fünf Minuten hinter uns war. Deshalb fing ich an zu rennen", sagt Froome später. Nach ellenlangen Minuten wird ihm ein Ersatzrad gebracht. Froome steigt auf und beendet mit einem Rückstand von fast sieben Minuten die Etappe. Doch die Rennjury meint es gut mit dem gebürtigen Kenianer. Sie kippt das Ergebnis aufgrund der Sturzregel, bei der Gestürzte innerhalb von drei Kilometern mit der gleichen Zeit gewertet werden. Für Froome gibt es also ein Happy End.

Ein Mord, zwei Mörder

Bottecchia wird Radsportfreunden ein Begriff sein. Das italienische Unternehmen vertreibt Touren- und Rennräder. Doch der Name wird auch mit einem dunklen Kapitel des Radsports in Verbindung gebracht. Mit einem Mord. Ottavio Bottecchia gilt als einer der größten Radfahrer Italiens. 1924 und 1925 gewann er die Tour. 1926 nahm er erneut tei8l, schied aber frühzeitig aus. Nur ein Jahr später fand man den gelernten Maurer schwer verletzt im Straßengraben. Wenige Tage später verstirbt er im Krankenhaus. Viele Jahre geht man von einem Trainingsunfall aus. Bis ein Bauer zugibt, Bottecchia ermordet zu haben. Er hat den Radsportler beim Traubendiebstahl erwischt und darauf erschlagen. Es ist nicht das einzige Geständnis. Auch ein gebürtiger Italiener, der allerdings in die USA ausgewandert ist, gibt zu, Bottecchia ermordet zu haben.

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