Rafael Nadal und Roger Federer Die Renaissance der alten Helden

New York · Rafael Nadal gewinnt die US Open und hat damit das letzte Wort in einem Jahr, das an vergangene Zeiten mit Roger Federer erinnert. Die beiden Tennis-Ikonen teilen sich alle vier Majortitel des Jahres 2017 untereinander auf.

 Der Moment, in dem Rafael Nadal seinen 16. Sieg bei einem Majorturnier auf dem Konto hat.

Der Moment, in dem Rafael Nadal seinen 16. Sieg bei einem Majorturnier auf dem Konto hat.

Foto: dpa

Als Roger Federer im letzten Oktober die große Eröffnungsparty von Rafael Nadals Tennisakademie besuchte, da hatte das Wiedersehen der Tennis-Titanen auf Mallorca leicht sentimentale Züge. Federer war mitten in einer längeren Verletzungspause, auch Nadal plagten neue Probleme, er beendete dann bald die Saison 2016.

Andere Stars hatten die Regie im Wanderzirkus an sich gerissen, die Rivalität zwischen Andy Murray und Novak Djokovic bestimmte die Schlagzeilen. Selbst Federers langjähriger Schattenmann, der unscheinbare Stan Wawrinka, gewann nun Grand Slam-Titel, zuletzt bei den US Open 2016. Die Festivitäten in Nadals ultramodernem Trainingszentrum erinnerten an diese Familiengeburtstage, an denen die schönsten Weißt-Du-noch-Geschichten von Gestern und Vorgestern ausgetauscht werden.

Was in den nächsten zehn Monaten passierte, können beide weder erwartet noch sich erträumt haben. Nicht Federer, der das Jahr 2017 mit dem Paukenschlag-Triumph in Australien begann – im Finale gegen den sympathischen Mitstreiter Nadal – und der dann auch noch in Wimbledon die siegreiche Hauptrolle spielte.

Aber ebenso wenig Nadal, der energiegeladene, bullige Fighter, der in seiner Karriere zusammengerechnet drei Jahre lang wegen immer neuer Verletzungen pausieren musste. Er gewann nicht nur La Decima, den zehnten Titel in seinem roten Pariser Sand-Refugium. Er hatte schließlich auch das machtvolle letzte Wort in dieser außerordentlichen Tennis-Saison, in diesem Jahr der Renaissance der befreundeten Rivalen: „Es waren unglaubliche Monate, voller großer Emotionen“, sagte der 31-jährige Spanier nach seinem souveränen 6:3, 6:3, 6:4-Endspielsieg über den Südafrikaner Kevin Anderson in New York.

„Fühlst du dich gut, spielst du gut.“

Wie eine One Man-Show wirkten diese Offenen Amerikanischen Meisterschaften, es war ein Alleingang Nadals, der Erfolg eines Mannes, der durchgehend Selbstvertrauen, Sicherheit und Solidität ausstrahlte. Weggewischt waren die Zweifel und Ängste, die ihn in den letzten Jahren oft aus dem Tritt gebracht hatten. Für Nadal war die Gleichung banal, aber wahr: „Fühlst du dich gut, spielst du gut.“

Es war in jeder Hinsicht eine Zeitreise, auf die Nadal und Federer die Tenniswelt in den vergangenen acht Monaten mitnahmen. Wie in ihren Glanzzeiten, Mitte der Nullerjahre, prägte der Zweikampf von Matador und Maestro den professionellen Tourbetrieb, es war eine Verblüffungsnummer aus dem Drehbuch „Zurück in die Zukunft.“

Federer und Nadal gewannen nicht nur zum vierten Mal alle Titel einer Saison (so wie 2006, 2007 und 2010), sie bewiesen auch wie früher ihre wechselseitigen Bessermacher-Qualitäten. „Das Duell mit Roger hat immer das Beste aus mir herausgebracht“, sagte Nadal noch einmal nach dem New Yorker Triumph. Lebenslanges Lernen und Reformieren seines Spiels gehören bei Nadal genau so zu den Prinzipien wie bei Federer: Längst spielt der Tennis-Stierkämpfer aggressiver, ideenreicher, kreativer als in seinen Anfangsjahren auf der Tour, auch bei seinem ungefährdeten Siegeszug im Big Apple demonstrierte er diesen Sturm und Drang wieder und wieder, auch im Finale gegen Anderson.

Nadal als gefühlter Jäger

Noch immer ringen Nadal und Federer, nun auch wieder die Nummer 1 und 2 in der offiziellen Hackordnung, um ihren Platz in den Geschichtsbüchern, die Frage ist, wer seine Karriere mit mehr Grand Slam-Titeln abschließt. Beide haben im Jahr 2017 ihre Trophäensammlung um zwei Pokale aufgestockt, Federer hat nun 19 Majorsiege auf dem Konto, Nadal 16. „Ich schaue nur auf mich, auf meinen Weg“, hat Nadal in New York gesagt, nach dem Ende der US Open-Show. Aber abnehmen muss man ihm das nicht, schließlich war es immer der Ehrgeiz, in dieser Rivalität die Nase vorn zu haben, der ihn angetrieben hat. Und der auch Federer zu Großtaten animierte und motivierte.

Nadal ist, wie immer in all den Jahren, der gefühlte Jäger, der Mann, der Federer einholen muss. Aber er hat potenziell noch ein paar Jahre mehr Spielzeit vor sich. Federer ist 36, Nadal 31. „Im Moment kann ich mir vorstellen, noch ein paar Jahre weiterzuspielen“, sagte Nadal, „das war nicht immer so. Aber hier und jetzt fühle ich mich großartig, fit und gesund. Und voller Tatendrang.“

Aber da wäre ja auch noch das Ratespiel, wie es im nächsten Tennisjahr weitergeht. Mit Nadal und Federer. Aber eben auch mit all den Maladen, Müden und Verletzten aus der Spitze. Murray, Djokovic, Wawrinka, Nishikori oder Raonic, allesamt in New York nicht am Start – wie werden sie in den Wanderzirkus zurückkehren? „Die Konkurrenz wird wieder härter werden“, prophezeit Nadal. So leicht durchzumarschieren wie in New York, das wird ihm demnächst wohl nicht vergönnt sein. Denn bei diesem eher mittelprächtigen Grand Slam-Turnier war nur er im Superhelden-Modus unterwegs, bis zum Titelgewinn musste er nicht einen einzigen Top-20-Gegner schlagen.

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