Sonntagskicker Der zweite Bildungsweg

Bonn · Lucas Musculus und Edin Omerbasic haben bereits Luft im Profifußball geschnuppert. Jetzt soll ein Schritt zurück wieder nach vorn führen: Mit dem Bonner SC peilen sie den Aufstieg an – und danach vielleicht das Profi-Geschäft.

 Zwei Stützen des Aufstiegsanwärters Bonner SC: Mittelfeldspieler Edin Omerbasic (links) und Stürmer Lucas Musculus vor der Kulisse des Sportparks Nord.

Zwei Stützen des Aufstiegsanwärters Bonner SC: Mittelfeldspieler Edin Omerbasic (links) und Stürmer Lucas Musculus vor der Kulisse des Sportparks Nord.

Foto: MLH

Anspannung pur. Der Stadionsprecher verkündet die Rückennummern. Die Fans brüllen die Namen der dazugehörigen Spieler. Gänsehautatmosphäre. Es sind nur noch wenige Augenblicke bis zum Anstoß. Ein Szenario, von dem viele Kicker schon seit frühester Kindheit träumen. Ein Traum, der für viele junge Fußballer unerreichbar scheint, obwohl sie eigentlich schon ganz nah dran waren. Manchmal erfüllt sich der Wunsch durch den „zweiten Bildungsweg“.

Lucas Musculus und Adis Omerbasic stehen in der Mittelrheinliga für den Bonner SC auf dem Platz. Die sportliche Vita der jungen Männer liest sich ähnlich. Mit zehn Treffern ist Musculus der Goalgetter der Rheinlöwen. Der 25-Jährige lernte den Großteil seiner fußballerischen Fähigkeiten beim 1. FC Köln. Als er nach der A-Jugend die Möglichkeit hatte, sofort in den Profifußball zu wechseln, unterschrieb der Angreifer einen Dreijahresvertrag beim damaligen Zweitligisten TuS Koblenz.

Omerbasic kickt erst seit diesem Jahr für den BSC. Der Weg des Abwehrspielers führte von der JSG Beuel unter anderem über Bayer Leverkusen in die Regionalligamannschaft des FC Schalke 04. Als Jugendnationalspieler für Bosnien-Herzegowina bestritt er sogar regelmäßig Länderspiele für das Herkunftsland seiner Eltern.

Über Umwege landeten beide beim Bonner SC und wollen nun mit dem Traditionsclub den Sprung in die Regionalliga oder sogar in den Profifußball schaffen. Die Chancen stehen gut. Der BSC ist Spitzenreiter und hat die Lizenz für die höhere Spielklasse in Aussicht. Damit es klappt, arbeiten beide hoch konzentriert und hart. Denn eines ist klar: Der Aufstieg bringt alle Beteiligten dem „Haifischbecken“ Profifußball einen Schritt näher. Beendet ist dieses Kapitel nämlich noch nicht, wie Omerbasic verrät: „Man weiß nie, was kommt. Im Fußball geht es schnell“, sagt der 21-Jährige. „Es hängt auch viel davon ab, ob man Leute kennt. Zusätzlich braucht man natürlich auch eine Portion Glück.“

Musculus hatte Glück und bekam einen Einblick in das knallharte Geschäft. „Man trainiert zweimal am Tag und hat wenig mit dem realen Leben zu tun, also Arbeit oder Ausbildung“, sagt Musculus. „Wenn man mit dem Geld aussorgen kann, ist es ein schönes, wenn nicht, ein schwieriges Leben.“ Es dauerte nicht lange, bis ihm klar wurde, wie kurzlebig der Alltag als Nachwuchsprofi sein kann. „Ich hatte das Pech, dass Uwe Rapolder, also der Trainer, der mich nach Koblenz geholt hat, nach einigen Monaten entlassen wurde. Danach kam Petrik Sander, der acht neue Spieler mitbrachte“, sagt Musculus. Eine Entscheidung, mit deren Folgen der junge Angreifer leben musste. „Von dem Tag an war das schöne Profigeschäft nicht mehr so schön. Am Ende der Saison wurde mir gesagt, dass ich mich nach einem neuen Verein umschauen könne“, erzählt Musculus weiter.

Bei Omerbasic beeinflusste eine Verletzung die Karriere. Nach einem Kreuzbandriss hatte der junge Mittelfeldspieler mit neun Monaten eine lange Zwangspause. „Ich habe danach vier Spiele bestritten und bin zur bosnischen U-Nationalmannschaft gefahren. Dann spürte ich, dass ich immer besser zurückfand. Aber als ich wieder zu Schalke kam, wurde ich in keinem Spiel mehr eingesetzt. Am Ende der Saison wurde mir mitgeteilt, dass man nicht mehr mit mir plant“, sagt Omerbasic. Dabei lief es vor dem Kreuzbandriss gut für ihn. Nach einigen Trainingseinheiten im Profikader schien der Sprung in die erste Mannschaft nur eine Frage der Zeit zu sein – dann die Verletzung, das Aus.

Beim Bonner SC fühlen sich beiden nun wohl und wollen versuchen, den maximalen Erfolg rauszuholen. „Ich möchte auf jeden Fall mit dem BSC in die Regionalliga aufsteigen. Dort werden wir sicherlich gegen den Abstieg spielen, aber ich denke schon, dass wir den Klassenerhalt schaffen können“, sagt Omerbasic. Im Vergleich zu einem Proficlub werden in Bonn natürlich noch Unterschiede deutlich. „Das fängt mit den Klamotten an und hört beim Platz auf. Es ist alles anders“, so der Abwehrspieler. „Bei einem Proficlub bekommt man alles hinterhergetragen, geht nach dem Spiel ins Entmüdungsbecken. Aber in Bonn ist es schon gut, verglichen zu anderen Vereinen der Liga.“ Für den langen und beschwerlichen Weg in den bezahlten Fußball nehmen Spieler vieles in Kauf. Am Ende bleibt aber die Erkenntnis, dass Spielen und die praktischen Arbeit auf dem Platz am wichtigsten sind. Wichtiger vielleicht als eine Nebenrolle in einer höheren Liga.

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