Kommentar zu Ullrichs Rücktritt Der tragische Radsportheld

Meinung | Bonn · Ganze drei Tage dauerte Jan Ullrichs Comeback in der Radsportwelt. Auf Kritik in den Medien reagierte er und trat von seinem Engagenment bei "Rund um Köln" zurück. Dabei sollte er es belassen, findet GA-Redakteur Simon Bartsch.

 Jan Ullrich wird nun doch nicht Sportlicher Leiter des Rheinklassikers "Rund um Köln".

Jan Ullrich wird nun doch nicht Sportlicher Leiter des Rheinklassikers "Rund um Köln".

Foto: Patrick Seeger/Archiv

Zugegeben, es hat Zeiten gegeben, da haben sich die deutschen Radsport-Fans nichts sehnlicher gewünscht als das Comeback ihres Tour-de-France-Helden Jan Ullrich. Ein Jahrzehnt nach seinem Karriere-Ende kam sie, die lang ersehnte, aber in Vergessenheit geratene Schlagzeile: Ullrich gibt sein Comeback – als Sportlicher Leiter des Tagesklassikers „Rund um Köln“. Statt Lobeshymnen kassierte das einstige Aushängeschild aber Häme und bitterböse Kommentare.

Dabei sind sie unvergessen: Die packenden Duelle, die sich Ulle mit Richard Virenque oder Bjarne Riis lieferte. Die Hoffnung, es sei endlich ein Kraut gegen den schier übermenschlichen Lance Armstrong gewachsen. Der Glaube, der angefutterte Winterspeck würde entgegen sämtlicher wissenschaftlicher Gesetze Ullrich beflügeln und zur Höchstleistung bringen.

Ullrichs Hoffnung, von Fans und Medienvertretern nun mit offenen Armen empfangen zu werden, ist wie ein harmloser Ausreißversuch verpufft – weit vor der Ziellinie. Kollektives Kopfschütteln, bissige Kommentare, allenfalls ein müdes Lächeln hat ihm der Vorstoß seines Gönners Artur Tabat eingebracht.

Ullrichs Reaktion, nämlich der Rücktritt vom Comeback ganze zwei Tage nach Verkündung, kommt nicht überraschend. Der Rolleur ist nie gerne im Gegenwind geradelt. Anstatt den Kritikern wie einst seinen Kontrahenten die Stirn zu bieten, hielt er sich lieber im Windschatten des Schweigens auf. Auf taktische Fehler angesprochen, reagierte er oft dünnhäutig, nur scheibchenweise gab er gezwungenermaßen Verstrickungen in die Doping-Machenschaften zu. Als diese nicht mehr zu leugnen waren, sah er sich in der Rolle des Radsport-Opfers. Ständiger Wegbegleiter: das Mantra, niemandem geschadet zu haben. Als überführter Dopingsünder flüchtete er in die Anonymität.

Auch jetzt scheint ihm die Flucht der einzige Ausweg. Allerdings nicht nach vorne. Es ist die Rolle rückwärts und damit der gescheiterte Versuch, zurück in den Radsport zu kommen. Dabei sollte es Ullrich belassen. Ulle ist nach wie vor ein Sportheld – für viele aber zunehmend nur noch ein tragischer.

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