Kommentar zum Tuchel-Watzke-Zoff Da hilft kein Klebstoff

Meinung | Berlin · In Dortmund führen sie gerade schwierige Beziehungen. Vor allem jener zwischen dem Trainer und der Chefetage ist der Kitt ausgegangen. Die Entfremdung ist weit fortgeschritten, das Vertrauen war nur geliehen.

 Möglicherweise der Abschiedskuss am Rande der Dortmunder Pokalsieger-Feier am Borsigplatz: Trainer Thomas Tuchel mit Trophäe.

Möglicherweise der Abschiedskuss am Rande der Dortmunder Pokalsieger-Feier am Borsigplatz: Trainer Thomas Tuchel mit Trophäe.

Foto: dpa

Es wurde zuletzt viel geredet über Klebstoff rund um den Borsigplatz in Dortmund. Das lag jedoch weniger daran, dass die Borussia als Werbeträger der Marke Uhu einst zu höherer Bekanntheit verhalf. Es ging und geht um jenen Kleister, der imstande ist – auch bei Rückschlägen – eine Beziehung weiterzuführen und neu zu beleben.

In Dortmund führen sie gerade schwierige Beziehungen. Vor allem jener zwischen dem Trainer und der Chefetage ist der Kitt ausgegangen. Die Hoffnung von Hans-Joachim Watzke, mit Thomas Tuchel eine ebenso beständige Partnerschaft zu knüpfen wie mit dessen Vorgänger Jürgen Klopp, sie hat sich längst zerschlagen. Die Entfremdung ist weit fortgeschritten, das Vertrauen war nur geliehen.

Vielleicht ist es aber auch gar nicht ratsam, unabhängig von Ursachen und Schuldfrage in dieser Kabbelei, zwei Alphatiere wie Watzke und Tuchel weiter in einem Stall zu belassen. Denn klar ist bei den beiden inzwischen: Der Böse ist immer der andere. Da hat längst ein emotionaler Bruch stattgefunden, was sich wie ein grauer Schleier auf den ganzen Verein legt – trotz den sportlichen Erfolgen.

An einem Abend wie jenem mit dem Pokalsieg bietet sich normalerweise der Blick nach vorne an. Welche Grenzen gibt es? Wohin führt der Weg? Wie weit sind die Bayern entfernt? Stattdessen blicken sie bei diesem Arbeiterverein tief im Westen zurück und wünschen sich wieder ein wenig mehr von der auf Emotionalität basierenden Klopp'schen Führungsqualität.

Nun wird Tuchel nach einem großen Sieg wie am Samstag eher nicht auf Zäune klettern und Fangesänge mitschreien – das ist nicht seine Art. Aber bei all seiner analytischen Introvertiertheit darf nicht übersehen werden, dass Tuchel dem BVB-Fußball eine modernere Prägung verliehen, ihn raffinierter gemacht hat. Tuchels fachliche Qualifikation ist unumstritten.

Sollte es dennoch zu einer Trennung kommen, wäre es das Ende einer zu kurzen Beziehung, die so hoffnungsvoll begann. Die Suche nach einem neuen, gleichermaßen versierten Trainer dürfte nicht leicht werden. Aber manchmal ist es eben besser, zerbrochenes Porzellan zu ersetzen anstatt es notdürftig zu kitten.

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