Dirk Schimmelpfennig DOSB-Sportchef: "Effekt der Reform für Tokio 2020"

Frankfurt/Main · Das Potenzialanalysesystem (PotAS) ist das Herzstück der Spitzensportreform. Es kann aber vor 2019 nicht eingesetzt werden. Dennoch erwartet DOSB-Sportchef Schimmelpfennig schon einen Effekt für die Sommerspiele 2020.

 Dirk Schimmelpfennig ist Sportchef des DOSB. Foto (2015): Bernd Thissen

Dirk Schimmelpfennig ist Sportchef des DOSB. Foto (2015): Bernd Thissen

Foto: Bernd Thissen

DOSB-Sportchef Dirk Schimmelpfennig erwartet trotz der erheblichen Verzögerung der Anwendung des sogenannten Potenzialanalysesystems (PotAS) einen positiven Effekt durch die Spitzensportreform für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio.

"Aus meiner Sicht schmälert das die Erfolgsaussichten für Tokio nicht", sagte der Vorstand Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbundes im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur. "Wir tun alles, um 2020 erfolgreich zu sein und nach Möglichkeit das Niveau von Rio zu halten oder zu verbessern."

Die entscheidende Frage wird laut Schimmelpfennig sein, wie viel von den Gedanken und Inhalten des neuen Konzepts in 2018, 2019 und 2020 tatsächlich schon entsprechend Wirkung zeigen können. Von 2019 an werde die Reform im Wintersport komplett umgesetzt "und ab 2021 im kompletten deutschen Leistungssport - und dann mit der Qualität, die wir alle, nicht nur von den Berechnung von PotAS, erwarten".

PotAS ist das Herzstück der Reform, mit dem Ist-Zustand und Potenzial von Spitzenverbänden und Sportarten analysiert werden soll. Es kann aber nicht wie geplant schon 2019 von Nutzen sein.

Bei den Sommerspielen 2016 gewann Deutschland 42 (17 Gold/10 Silber/15 Bronze) - 2000 in Sydney waren es noch 56 (13/17/26), bei den Spielen 1992 sogar 83 Medaillen (33/21/29). Dass es ohne PotAS in Tokio rapide bergauf gehen wird, ist wohl dennoch nicht zu erwarten.

"Die Wirkung der Reform zielt in der Tat stärker auf 2024 und 2028 und folgende", sagte Schimmelpfennig. "Trotzdem wünschen wir uns einen ersten Effekt der neuen Inhalte bei den Sommersportarten in Tokio. Dies muss auch ohne eine PotAS-Berechnung möglich sein." Schließlich hätten die Gespräch zwischen DOSB und den Verbänden "mit einer neuen, deutlich verbesserten Qualität alle Inhalte des neuen Leistungssportkonzepts" berücksichtigt. Der Deutsche Seglerverband wird am 17. Juli der letzte sein, mit dem der DOSB sprechen wird.

"Viel entscheidender als eine Berechnung durch PotAS wird die finanzielle Ausstattung des deutschen Leistungssports ab 2018 für all die sinnvollen Veränderungen und klar definierten Bedarfe für die erfolgreiche Umsetzung der Reform sein", meinte Schimmelpfennig.

Der DOSB habe 56 Millionen Euro Aufwuchs "für einige Bedarfe" der Verbände auf Wunsch der Abteilung Sport des Bundesinnenministeriums benannt. "Aus diesem Paket hat das BMI 31 Millionen als Anschubfinanzierung in 2018 für angemessen erachtet", sagte er. Dazu kämen 8 Millionen Euro aus anderen Bereichen, die im Haushaltsentwurf für 2018 enthalten sind, "31 Millionen für den olympischen Leistungssport noch nicht".

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sieht wegen der Bundesstagswahl am 24. September noch nicht fixen finanziellen Zusagen kein Grund zur Unruhe. "Alle Entscheidungen werden jetzt so getroffen, dass rechtzeitig Klarheit herrscht", versicherte er Anfang der Woche bei einer Sporthilfe-Veranstaltung in Marburg.

An den ersten drei Augusttagen werden sich DOSB, BMI, die Länder und die Landessportbünde in Berlin zu Gesprächen treffen, um offene Fragen zur Reduzierung der Bundesstützpunkte von derzeit 204 auf etwa 165 zu diskutieren. Zudem geht es ebenso noch um die umstrittene Zahl zukünftiger Bundeskaderathleten. Bund und Länder fordern die Zahl von 4000 olympischen Sportlern um 1000 zu verringern. Der DOSB hält das für unrealistisch. "Es wird eine erkennbare Reduzierung am stärksten im Bereich der derzeitigen B-Kader geben, aber nicht um 1000 Sportler", versicherte Schimmelpfennig.

In den Treffen mit den Verbänden habe er trotz der Unsicherheit über den Mittelaufwuchs den Eindruck gewonnen, dass sie bei der Reform mitziehen: "Die Verbände stehen hinter der Reform, gehen konstruktiv mit und setzen diese nachweislich mit um." Aus der Politik gebe zudem positive Signale, den Leistungssport signifikant besser auszustatten. Entsprechende Entscheidung für den Haushalt würden aber erst nach dem zweiten Quartal 2018 fallen. "Es müsste jedem bewusst sein, dass wir uns dann bereits auf halber Strecke auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in Tokio befinden", betonte Schimmelpfennig, "und die Finanzdecke für die Realisierung unserer Ziele trotz der Aufwüchse in der letzten Legislaturperiode an einigen Stellen viel zu klein und dünn ist."

Das Potenzialanalysesystem (PotAS):

PotAS ist ein wissenschaftliches Potenzialanalysesystem. Mit dessen Hilfe sollen unter Berücksichtigung von 20 Attributen die Potenziale von Spitzenverbänden, Sportarten und Disziplinen - nicht von einzelnen Athleten - für die kommenden Jahre berechnet werden.

Die Bewertung der einzelnen Attribute, die für den zukünftigen sportlichen Erfolg bedeutend sind, hilft den Spitzenverbänden, "gezielt an ihren Schwächen arbeiten zu können und sich entwickeln und weiterentwickeln zu können", erklärte Dirk Schimmelpfennig, Vorstand Leistungssport im Deutschen Olympischen Sportbund.

Auf der Grundlage der Klassifizierung nach dieser Berechnung werden die sportfachlich geprägten Strukturgespräche geführt, in denen die Programme der Spitzenverbände für ihre Disziplinen, aber auch für einzelne Athleten festgelegt werden. Über die Finanzierung dieser Programme entscheidet am Ende eine Förderkommission, die sich aus Vertretern von DOSB, Bundesinnenministerium und zu Länderangelegenheiten auch der Länder zusammensetzt. Zusammen ist dies die neue Fördersystematik im deutschen Leistungssport.

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