Kein anderes Verdikt erwartet Ex-FIFA-Chef Blatter verliert vor CAS

Lausanne · FIFA-Chef Joseph Blatter ist mit seinem letzten sportpolitischen Ansinnen gescheitert. Die CAS-Richter weisen den Einspruch gegen seine Ethiksperre zurück. Immer noch offen sind die juristischen Konsequenzen für Blatter. Die Schweizer Justiz ermittelt weiter.

 Joseph Blatter hatte Einspruch gegen seine Suspendierung eingelegt.

Joseph Blatter hatte Einspruch gegen seine Suspendierung eingelegt.

Foto: Valentin Flauraud

In seiner letzten sportpolitischen Kraftprobe hat Joseph Blatter alles auf eine Karte gesetzt - und wie erwartet krachend verloren.

Der Internationale Sportgerichtshof CAS lehnte den Einspruch des in den Korruptionswirren gestürzten FIFA-Chefs gegen den Ethik-Bann von sechs Jahren ab. Auf 24 Zeilen verkündeten die Sportrichter in Lausanne nun auch das formale Ende der schillernden Karriere des einstigen Fußball-Spitzenfunktionärs.

"Für mich war es kein Weltzusammenzusammenbruch", kommentierte Blatter die Entscheidung in einem Interview der schweizerischen Nachrichtenagentur sda. Eine weitere juristische Auseinandersetzung in der Sache strebe er nicht an. "Ich gehe juristisch nicht mehr weiter. Aber ich erwarte zumindest, dass bei einem der nächsten FIFA-Kongresse einmal jemand aufsteht und die Frage aufwirft: "War Blatter wirklich ein Präsident, den man so lange sperren muss?""

Tatsächlich war der 80-Jährige vor dem CAS ohne Chance, denn er konnte laut der Richter keine Belege für einen mündlichen Vertrag mit Michel Platini präsentieren, die die weiterhin dubiose Millionenzahlung an den Franzosen im Jahr 2011 legitimiert hätte. "Ich nehme das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs zur Kenntnis. Aufgrund des Verlaufs des Prozesses war kein anderes Verdikt zu erwarten", wurde Blatter in einem Statement seines Managements zitiert.

Dem Weltverband war das Urteil gegen seinen einstigen Langzeit-Chef nur noch eine Zeile wert. "Die FIFA hat die heutige Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofes CAS zur Kenntnis genommen", hieß es. Auf dem Zürichberg hat längst eine andere Zeitrechnung begonnen. Die von Blatter ersehnte Verabschiedung bei einem FIFA-Kongress ist unvorstellbar. Nur die Einladung der ihm in Treue verbundenen russischen Gastgeber zur WM 2018 steht noch im Raum.

Für Blatter, der zudem 50 000 Schweizer Franken berappen muss, geht der entscheidende Kampf auf anderer, eventuell prekärerer Ebene weiter. Die Schweizer Bundesanwaltschaft in Bern ermittelt in der gleichen Causa gegen den 80-Jährigen wegen des Verdachts der Untreue, eine Gefängnisstrafe ist nicht ausgeschlossen.

Aufklärungsarbeit in den Fußballskandalwirren könnte Blatter noch einige betreiben. Weiter unklar ist seine Rolle in der Affäre um das WM-Sommermärchen 2006. Ein nicht widerlegter Vorwurf: Die von den deutschen Organisatoren um Franz Beckenbauer Richtung Katar geschleusten 6,7 Millionen Euro könnten ursprünglich zur illegalen Wahlkampffinanzierung Blatters im Jahr 2002 gedacht gewesen sein.

Blatter war am 17. Dezember 2015 wegen der weiterhin dubiosen Millionenzahlung an den ehemaligen UEFA-Chef Platini aus dem Jahr 2011 zunächst für acht Jahre von der einst von ihm gegründeten FIFA-Ethikkommission von allen Fußball-Aktivitäten ausgeschlossen worden. Die Berufungskommission des Weltverbandes hatte die Sperre später auf sechs Jahre reduziert, mit Verweis auf die aus ihrer Sicht großen Verdienste des langjährigen Vorsitzenden.

Blatter bestreitet weiter jedes Fehlverhalten und plädierte zuletzt bei einer bis in die Abendstunden dauernden Anhörung am 26. August erneut auf Freispruch. "In meinen 41 Jahren in der FIFA habe ich viel erlebt. Vor allem habe ich gelernt, dass man im Sport gewinnen, aber auch verlieren kann. In diesem Sinn muss ich diesen Entscheid [...] akzeptieren, obwohl er schwierig nachvollziehbar ist, weil das Prinzip der Rechtsprechung 'die Schuld muss von der Anklage bewiesen werden' nicht angewendet wurde", betonte Blatter.

Die drei CAS-Richter unter dem Vorsitz des Niederländers Manfred Nan fanden keinen Beleg für die von Blatter und Platini vorgetragene Version eines mündlichen Vertrages zu der umstrittenen Zahlung. Somit habe Blatter die FIFA-Ethikregeln verletzt und Platini ein "unangemessenes Geschenk ohne Vertragsgrundlage" zukommen lassen. Laut CAS habe Blatter keine Reduzierung der Strafe, sondern nur einen Freispruch beantragt. Alles oder nichts, lautete Blatters Strategie.

Weiter ungeklärt sind Motivation und Hintergrund der Zahlung an Platini. Laut der gestürzten Fußball-Alpha-Tiere handelte es sich um eine verspätete Gehaltszahlung für Beratertätigkeiten des Franzosen um die Jahrtausendwende. Kurz nach der Überweisung sprach sich Platini für die Wiederwahl Blatters auf den FIFA-Thron aus - 53 Stimmen aus Europa im Gepäck.

Platinis ebenfalls zunächst auf acht Jahre ausgesprochene Sperre war vom CAS im Mai auf vier Jahre reduziert worden. Daraufhin hatte er seinen Posten als UEFA-Chef aufgegeben. Blatter hatte seinen Rückzug vom FIFA-Amt bereits im Juni 2015 vor der Enthüllung der Millionen-Zahlung angekündigt.

Im Februar war der langjährige Platini-Vertraute Gianni Infantino zu seinem Nachfolger als FIFA-Boss gekürt worden. "Trotzdem blicke ich mit Dankbarkeit auf all die Jahre zurück, in denen ich meine Ideale für den Fußball verwirklichen konnte und der FIFA dienen durfte", sagte Blatter am Montag.

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